Die Familie ohne Namen
schon gesagt, wollten sie ja, wenn Joann und er diesen letzten Versuch überlebt, auch verschwinden… Ja! Hatte sie nur erst ihre Pflicht erfüllt, so wollte die unglückliche Familie sich so weit zurückziehen, daß man nie wieder von ihr konnte sprechen hören.
Schweigend und in trauriger Stimmung kamen Clary und Johann nach der Farm zurück.
Gegen vier Uhr entstand vor dem großen Thore lautes Lärmen. Der Planwagen fuhr ein. Schon von fern von den Freudenrufen der Gäste begrüßt, brachte derselbe gleichzeitig mit Herrn de Vaudreuil auch den Meister Nick und seinen jungen Schreiber nach der Farm.
Ah, welcher Empfang ward da dem liebenswürdigen Notar von Montreal – ein Empfang, den er übrigens vollkommen verdiente – zu Theil! Wie schätzte man sich glücklich über seinen Besuch auf der Farm zu Chipogan!
»Herr Nick… guten Tag, Herr Nick! riefen die Aelteren, während die Jüngeren ihn umringten und die Kleinsten ihm an den Beinen hinaufkletterten.
– Ja, liebe Freunde, ich bin’s! erwiderte er lächelnd. Ich bin es leibhaftig und kein Anderer! Aber ruhig, ruhig! Es ist doch nicht nöthig, meinen Rock zu zerreißen, um Ihnen das zu beweisen.
– ‘s ist gut nun, Kinder! rief Catherine.
– Wahrhaftig, fuhr der Notar fort, ich bin entzückt, Sie Alle und ebenso mich bei meinem werthen Kunden, Thomas Harcher, zu sehen.
– Lieber Herr Nick, antwortete der Farmer, wie liebenswürdig von Ihnen, sich so belästigt zu haben!
– O, ich wäre auch noch von weiter her gekommen, wenn’s nöthig war, vom Ende der Welt, von der Sonne, den Sternen… ja, ja, Thomas, sogar von den Sternen.
– Eine zu große Ehre für uns, Herr Nick, ließ Catherine sich vernehmen, während sie ihren elf Töchtern ein Zeichen gab, dem Gaste ihre Reverenz zu machen…
– Und für mich das größte Vergnügen!… Ah, wie vortrefflich Sie sich conserviren, Frau Catherine!… Nein, das seh’ nur Einer!… Wann werden Sie denn aufhören immer jünger zu werden, wie?…
– Niemals! Niemals! riefen gleichzeitig die vierzehn Stammhalter der Farmerin.
– Ich kann nicht umhin, ich muß Sie umarmen, Frau Catherine, fuhr Meister Nick fort. – Sie erlauben, wendete er sich erst dann an den Farmer, als er die Wangen seiner kräftigen Nachbarin schon herzhaft geküßt hatte.
– So viel es Ihnen Spaß macht, erwiderte Thomas Harcher, und auch noch etwas länger, wenn es Ihnen gefällt.
– Vorwärts, nun bist Du an der Reihe, Lionel, sagte der Notar zu seinem jungen Schreiber. Jetzt umarmst Du Frau Catherine…
– Herzlich gern! versicherte Lionel, der im Austausch auf seinen Kuß gleich deren zwei wiederbekam.
– Und jetzt, nahm Meister Nick wieder das Wort, hoff’ ich, daß die Hochzeit der reizenden Rose recht heiter werden wird, der lieblichen Rose, die ich, als sie noch klein war, so oft auf meinen Knien wiegte. – Ja, wo ist sie denn?
– Hier, Herr Nick, meldete sich Rose, blühend vor Gesundheit und froher Hoffnung.
– Ja, reizend, wahrhaftig, wiederholte der Notar, zu reizend, als daß ich sie nicht auf beide Wangen, die ihres Namens so würdig sind, küssen sollte.«
Das führte er denn auch in bester Form aus. Dieses Mal aber wurde Lionel zu dessen großem Leidwesen nicht eingeladen, ihm Folge zu leisten.
»Wo ist der Bräutigam? sagte da Meister Nick. Sollte er es zufällig vergessen haben, daß heute der Tag ist, wo wir den Heiratscontract unterzeichnen wollen?… Wo steckt er denn, der glückliche Bräutigam?
– Hier, hier bin ich, ertönte Bernard Miquelon’s Stimme.
– Ah, der hübsche Bursche!… Der liebenswürdige junge Mann! rief Meister Nick. Ich muß ihm auch noch zu guter Letzt einen geben…
– Nach Belieben, Herr Nick, antwortete der junge Mann die Arme öffnend.
– Schön, schön, stichelte Meister Nick, den Kopf einziehend. Ich denke aber doch, Bernard Miquelon würde sich lieber einen Kuß von Rose gefallen lassen als von mir. Auf denn, Rose, umarme Du den zukünftigen Gatten an meiner Stelle – gleich!… nicht geziert!«
Etwas verlegen that Rose, unter dem Beifall der ganzen Familie, was er verlangte.
»Ei, da fällt mir ein, Herr Nick, Sie müssen doch wohl Durst haben, sagte Catherine, und Ihr Schreiber gewiß auch?…
– Großen Durst, meine liebe Catherine.
– Sehr viel Durst, setzte Lionel hinzu.
– Nun, Thomas, was guckst Du uns denn an? Geh’ doch nach der Speisekammer. Einen guten Toddy für unseren Herrn Nick, Sapperment! Und einen nicht minder guten für
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