Die Familie ohne Namen
Macht, welche zu dessen Unterstützung bestimmt ist. An Polizisten und Kronfreiwilligen hab’ ich fünfzig Mann bei mir!… Ihr Haus ist eingeschlossen…
– Hinaus!… Hinaus!…«
Wie aus einem Munde kamen diese Zurufe gleichzeitig mit directen Bedrohungen der Person Rip’s.
»Ich werde nicht eher von der Stelle weichen, antwortete dieser, als bis die Identität aller hier anwesenden Personen nachgewiesen ist!«
Auf ein Zeichen von seiner Seite näherten sich die noch im Hofe stehenden Beamten der Thür, um sofort in den Saal eindringen zu können. Durch dessen Fenster blickend, überzeugten sich Herr und Fräulein de Vaudreuil auch, daß die Kronfreiwilligen rings um das Haus verstreut waren.
In Voraussicht eines drohenden Zusammenstoßes hatten sich die Frauen und die Kinder, mit Ausnahme des Fräulein de Vaudreuil, in die angrenzenden Zimmer zurückgezogen. Pierre Harcher, seine Brüder und seine Freunde holten schon die an den Wänden hängenden Waffen herunter. Und doch, wie konnten sie bei ihrer so weit unterlegenen Zahl Rip ernstlich hindern, seines Amtes zu walten?
Herr de Vaudreuil, der von Fenster zu Fenster ging, suchte noch zu erkennen, ob Johann die Möglichkeit geboten sei, auf der Rückseite der Farm und durch den Garten zu entkommen. Doch nach dieser Seite ebenso wie nach der anderen schien eine Flucht ganz unmöglich. Inmitten des herrschenden Aufruhrs stand Johann noch regungslos neben Clary, welche nicht hatte von der Stelle weichen wollen.
Meister Nick versuchte noch eine letzte Anstrengung, Frieden zu stiften, als die Polizisten schon in den Saal eindrangen.
»Herr Rip! Herr Rip! rief er, Sie werden ein Blutvergießen, und ich sage Ihnen, ein ganz unnützes anrichten!… Ich wiederhole Ihnen, ich gebe mein Wort darauf… Johann ohne Namen, den Sie zu verhaften beauftragt sind, befindet sich nicht auf der Farm.
– Und wenn er hier wäre, fiel Thomas Harcher ein, so wiederhole ich Ihnen, daß wir ihn bis aufs Aeußerste vertheidigen würden.
– Gut!… Sehr gut!… rief Catherine, entzückt von dem mannhaften Auftreten ihres Gatten.
– Mischen Sie sich nicht in diese Angelegenheit, Herr Nick, antwortete Rip. Sie geht Sie nichts an und Sie dürften es später bereuen… Ich werde meine Pflicht thun, was auch daraus werden möge!… Jetzt Platz!… Platz!…«
Ein Dutzend Beamte stürzten in den Saal, während Thomas Harcher und seine Söhne sich ihnen entgegenwarfen, um sie zurückzudrängen und die Thür zu verschließen.
Und hin und her laufend wiederholte Meister Nick immerfort, ohne sich vernehmbar machen zu können:
»Johann ohne Namen ist nicht hier, Herr Rip; ich versichere Ihnen, daß er nicht da ist!…
– Er ist doch hier!« rief da eine laute Stimme, welche den Tumult übertönte.
Alle hielten ein.
Regungslos, mit gekreuzten Armen und Rip scharf ansehend, wiederholte der junge Mann gelassen:
»Johann ohne Namen ist hier – und ich, ich bin es selbst!«
Herr de Vaudreuil hatte den Arm des jungen Patrioten erfaßt, während Thomas Harcher und die Anderen riefen
»Er!… Er!… Johann ohne Namen!«
Johann bedeutete durch eine Handbewegung, daß er sprechen wollte. Sofort entstand allgemeine Stille.
»Vorwärts, Huronen!« heulte Lionel. (S. 222.)
»Ich bin der, den Sie suchen, sagte er, sich an Rip wendend. Ich bin Johann ohne Namen.«
Dann kehrte er sich nach dem Farmer und dessen Söhnen um.
»Verzeihung, Thomas Harcher, Verzeihung, meine wackeren Gefährten, fuhr er fort, daß ich Euch bisher verhehlte, wer ich sei, und meinen Herzensdank für die Gastfreundschaft, die ich während fünf voller Jahre in der Farm zu Chipogan genossen. Auf diese Freundschaft, welche ich so lange annahm, muß ich jetzt verzichten, weil es jedem, der mir Obdach gewährt, das Leben kosten kann!…
An diesem Tage war der Sieg nicht dem Gesetze verblieben. (S. 223.)
Ja, empfangt den innigen Dank desjenigen, der hier weiter nichts als Euer angenommener Sohn und Bruder war, der für seine Heimat aber Johann ohne Namen ist!«
Diese Antwort erweckte eine unbeschreibliche Begeisterung.
»Hoch Johann ohne Namen!… Hoch lebe Johann ohne Namen!« erscholl es von allen Seiten.
Als diese Worte endlich verstummten, nahm Thomas Harcher das Wort:
»Wohlan denn, da ich es ausgesprochen habe, daß wir Johann ohne Namen vertheidigen würden, so wollen wir auch zu seinem Schutze eintreten, meine Söhne!… Vertheidigen wir uns bis zum Tode!«
Vergeblich bemühte sich
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