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Die Familie: Roman (German Edition)

Die Familie: Roman (German Edition)

Titel: Die Familie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Kinderschädel.
    Chris zitterte und wimmerte an seiner Brust. Er strich ihr mit der freien Hand über den Rücken. Brad stand noch immer vorgebeugt da und würgte.
    Neben der Skulptur lag auf einem niedrigeren Felsbrocken, der mit glänzendem grünen Satin bedeckt war, ein Brustkorb. Ein Schädel in seinem Inneren schien sie durch die Rippen anzustarren.
    Hank sah daneben ein Becken liegen, durch dessen Öffnung skelettierte Finger griffen.
    Er sah fleischlose Beine, die offenbar von allein standen und sich oben an einem Schädel mit aufgerissenem Mund trafen.
    Hank hatte schon zuvor Massaker gesehen. Er hatte schreckliche Leichenschändungen gesehen. Doch noch nie etwas, das mit solch perverser Kunstfertigkeit arrangiert worden war – das Werk eines verrückten Bildhauers.
    Und wir sind in seiner Galerie, dachte Hank.
    Der Schein der zischenden Laterne offenbarte über ein Dutzend Beispiele der Arbeit des Wahnsinnigen.
    Und eine Skulptur rechts des Flusses war noch viel schlimmer als die anderen.
    Sie bestand nicht aus blanken Knochen.
    Das ist der Anblick, vermutete Hank, bei dem es Brad den Magen umgedreht hat.
    Eine Frau. Jung. Mit einem Gürtel um den Hals an eine Säule gebunden, sodass sie zu stehen schien. Langes braunes Haar, ordentlich gekämmt, hing auf ihre Schultern. Ihr Gesicht sah aus, als wäre sie geschlagen worden, vielleicht vor ihrem Tod. Der Körper hatte keine Arme, keine Brüste. Der Großteil der Haut vom Hals abwärts war verschwunden. Ihr Torso schien ausgehöhlt worden zu sein.
    Sie trug eine blaue Jeans. So schlaff, wie sie an ihr hing, war von ihren Beinen nicht viel mehr als Knochen übrig. Aber die nackten Füße waren unversehrt.
    Etwas stimmte nicht mit den Füßen.
    Hank begriff, dass sie auf der falschen Seite des Körpers waren. Ihre Beine waren nach hinten gedreht worden.
    »Das kann nicht wahr sein«, stöhnte Brad. Er sah Hank an, stand jedoch noch immer ein wenig vorgebeugt. »Das kann nicht wahr sein«, sagte er noch einmal. »Das ist … das ist …« Er schüttelte den Kopf und kniff die Augen zu.
    »Ich wette«, sagte Hank, »das ist Amy Lawson.«

16
    Das Kauen ging weiter. Darcy hörte Seufzen, Stöhnen, das Geräusch von reißendem Fleisch und knackenden Knorpeln. Manchmal plätscherte es leise, als würden ungenießbare Stücke in den See geworfen. Am liebsten wäre sie untergetaucht, um die Geräusche des Festmahls nicht länger hören zu müssen, doch sie wagte nicht, sich zu rühren. Sie stand in der Dunkelheit, umarmte Greg und Carol und wartete ab.
    Dann erklang Geflüster.
    »Bringen wir sie nach hinten?«
    »Erst schnappen wir uns die anderen. Dann bringen wir sie alle nach hinten. Bewahren sie für später auf.«
    »Wir müssen nicht zurückgehen.« Die Stimme der Frau. Diejenige, die von dem Bootssteg, den Ausflugsbooten und den Aufzügen wusste. »Wir sind frei. Vielleicht können wir raus.«
    »Nach oben?«
    »Ja, nach oben.«
    »Nicht nach oben.«
    »Hast du keine Eier in der Hose?«
    Ein durchdringendes Klatschen. Die Frau keuchte.
    »Feigling«, sagte sie mit zittriger Stimme. »Du hast Angst vor Mordock.«
    »Ich habe vor niemandem Angst.«
    »Dann komm mit mir. Wir verlassen die Welt. Wir töten Mordock und leben an der Sonne. Es ist wunderschön da oben, du wirst schon sehen. Aber wir müssen jetzt gehen. Wir haben Leute von oben getötet, und sie werden uns mit Gewehren jagen, wenn wir jetzt nicht rausgehen.«
    Einen Augenblick lang herrschte Stille. Dann sprach der Mann. »Wir gehen. Wir töten die anderen. Wir nehmen sie mit zurück in die Welt, bewahren sie für später auf.«
    »Aber du verstehst nicht …«
    Wieder ein Schlag. Dieser klang nicht wie eine Ohrfeige; vielleicht war es ein Fausthieb ins Gesicht. Sie ächzte. Kurz darauf ertönte ein Pochen, als schlüge ihr Kopf auf den Bootssteg. Sie stöhnte eine Weile, dann kreischte sie wegen eines neuen lautlosen Schmerzes auf und begann zu wimmern. Kreischte noch einmal. Keuchte. »Nein, nicht. Bitte. Es tut mir leid.«
    »Wir gehen«, sagte der Mann.
    Darcy hörte eine Bewegung, dann direkt über ihrem Kopf sich entfernende Schritte. Die Frau wimmerte immer noch.
    »Lana.«
    Stöhnend rührte sie sich. Es gab scharrende Geräusche, das Knacken von Holz, leises Klopfen. Darcy stellte sich vor, wie die Frau sich auf den Bauch drehte und erhob. Dann ging sie offenbar davon.
    Darcy lauschte den Schritten auf den Planken. Es dauerte nicht lange, bis sie verklangen.
    Mein Gott, dachte sie, sie sind

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