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Die Familie Willy Brandt (German Edition)

Die Familie Willy Brandt (German Edition)

Titel: Die Familie Willy Brandt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Körner
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verweist auf seine globale Verantwortung und springt hinterher. Der Bundeskanzler erklärt, er sei der klügste Kopf Europas, müsse also überleben, und springt ebenfalls. Darauf wendet sich der Papst an den Hippie und spricht: Mein Sohn, ich habe mit dem Leben abgeschlossen, nimm Du den letzten Fallschirm. Da lacht der Hippie ihn an: Aber wir haben doch noch jeder einen. Denn der klügste Kopf Europas ist mit meinem Schlafsack abgesprungen.« Es wird oft behauptet, Brandt habe gerne Witze erzählt, um sich Menschen auf Distanz zu halten, um da zu lachen, wo sonst vielleicht ein intimes Gespräch hätte entstehen könne. Ich glaube das nicht. Ich denke, er hat Witze erzählt, weil er gerne lachte und weil die Witze Spannungen, Verkrampfungen lösten, eigene, auch körperliche und solche in größerer Runde, etwa im Kabinett, wo man zuvor gestritten hatte. Der Witz war ihm ein mentales Naherholungsgebiet, kein Abwehr- und Distanzmittel.

    Aus Respekt vor dem Altbundeskanzler (und Angst vor der Bahn) komme ich mit dem ICE um 13 Uhr in Hamburg an, bleiben also noch zwei Stunden bis zu unserem Gespräch. Ich gehe in die Bahnhofsbuchhandlung und stelle fest, dass nahezu jedes zweite Buch von, über oder mit Helmut Schmidt ist.
Zug um Zug von Helmut Schmidt und Peer Steinbrück. Titelbild: Zwei kluge Köpfe beim Schach.
Unser Jahrhundert von Helmut Schmidt und Fritz Stern
Außer Dienst von Helmut Schmidt
Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt von Helmut Schmidt und Giovanni di Lorenzo
Verstehen Sie das, Herr Schmidt? von Helmut Schmidt und Giovanni di Lorenzo
Als Helmut Schmidt einmal … kleine Geschichten über einen großen Mann von Jost Kaiser
Hand aufs Herz von Helmut Schmidt und Sandra Maischberger
Einmischungen von Helmut Schmidt
Helmut Schmidt – Der letzte Raucher von Martin Rupps
Auf der Suche nach einer öffentlichen Moral von Helmut Schmidt
Mut zur Führung: Helmut Schmidt im Gespräch mit Ulrich Wickert
Unser Schmidt von Theo Sommer
    Das ist nur eine Auswahl. Und dann sind da noch die Bücher von und über Loki ( Auf einen Kaffee mit Loki Schmidt und so weiter), dann sind da noch die Schmidt-Bildbände, die DVDs, die CDs, nur als Manga fand ich ihn noch nicht. Die mediale Omnipräsenz des Mannes ist gewaltig, und Willy Brandt steht ihm auf andere Weise kaum nach, denn man kann keine deutsche Stadt durchqueren, ohne auf eine Willy-Brandt-Straße oder einen Willy-Brandt-Platz oder ein Denkmal zu stoßen. Sehnt sich dieses Land nach der sozial-liberalen Ära zurück? Oder will es einen Brandt-Schmidt, einen charismatischen Krisenmanager?

    Helmut Schmidt sitzt in seinem Büro im Hamburger Pressehaus, Speersort 1, hier amtiert er noch als Herausgeber der »Zeit«. Ich muss noch einen Moment warten. Vor mir waren zwei »Spiegel«-Redakteure zu Gast, um Schmidt über die Geschichte der Sozialdemokratie zu befragen. Ich müsse laut sprechen, wurde mir geraten, Herr Schmidt höre mittlerweile sehr schlecht. Er sitzt am Schreibtisch. Das niedrige Zimmer im 6. Stock, ganz, ganz, ganz hinten am Ende eines weißgekalkten Büroflurs, ist vollgestopft mit Büchern, auch mit seinen.
    Helmut Schmidt raucht nicht, noch nicht. Er sieht auf meine ausgedruckte E-Mail, die ich an seine Assistentin geschickt habe, in der ich um fünf Fragen bitte, die würden reichen, ich wolle kostbare Lebenszeit nicht vernichten.
    »Was ist Ihre erste Frage von den fünf?«
    »Die erste?«
    »Jetzt bleiben noch vier!«
    Ich bin überrumpelt, muss improvisieren.
    »Ich hatte den Eindruck …
    »Sie müssen lauter sprechen, lauter und langsam …«
    »Ich bin etwas aufgeregt …«
    »Gut, also …«
    »Ich hatte den Eindruck, dass Sie Ihre Zigaretten regiert haben, während Willy Brandt von seinen Zigaretten regiert wurde. Stimmt das?«
    Er lächelt und antwortet wie ein Politiker.
    »Der erste Teil stimmt, das zweite kann ich nicht beantworten.«
    Das war also die zweite Frage, die – genau betrachtet – keine Frage war, sondern eine Beobachtung oder Feststellung, die am allerwenigsten der Bestätigung durch Schlot-Schmidt bedurft hätte. In dem Interview, das Günter Gaus mit Helmut Schmidt am 8. Februar 1966 für seine Sendung »Zur Person« im ZDF führte, ist es erstaunlich, ja, faszinierend zu sehen, wie Helmut Schmidt dieses Medium im Griff hat, während man bei Willy Brandt, der auch von Günter Gaus interviewt wurde, eher das Gegenteil vermutet. Schmidt macht aus dem Anzünden der Zigarette ein beeindruckendes Schauspiel,

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