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Die Familie Willy Brandt (German Edition)

Die Familie Willy Brandt (German Edition)

Titel: Die Familie Willy Brandt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Körner
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London miterlebt. Der war wirklich richtig erschüttert, fix und fertig!« Der Kritiker der »Nordwest-Zeitung« attestiert: »Herausragend die schauspielerische Leistung von Matthias Brandt, der den theatralischen Redestil Hitlers großartig brachte und einen wesentlichen Teil zum Gelingen der Groteske beitrug.« Die umjubelte Inszenierung wird ein Dauerläufer im Repertoire. Unangenehm bleibt lediglich ein Bühnenunfall in Erinnerung, der aber in der Erinnerung mittlerweile zu einer hübschen Anekdote vergoren ist: Bei einer Aufführung stürzt Matthias Brandt in eine Fensterscheibe, verletzt sich die Pulsader und verliert zum Schrecken aller viel Blut. Die Vorstellung wird abgebrochen, der Schauspieler, noch in der Hitler-Maske, mit Bürstenbärtchen und schlierigem Scheitel, wird mit Blaulicht in die Notaufnahme gefahren. Dort wird die Wunde des blass-blutleeren Hitlers genäht und verbunden. »Der Führer ist gerettet!«, witzeln die Ärzte und amüsieren sich über den ungewöhnlichen Gast. Und als Matthias Brandt am späten Abend seine Kollegen in der Stammkneipe trifft, heißt es erleichtert: »Der Führer lebt!«
    Doch nach den Oldenburger Jahren öffnen sich die Türen nicht wirklich für den Schauspieler. Er kommt und geht, mitunter fluchtartig. Wiesbaden, Mannheim, Bonn, München, Berlin, Zürich, Bochum und Frankfurt heißen die Stationen. Nirgendwo packt er seinen Koffer so ganz aus, nirgendwo fasst er Fuß. In Mannheim sucht er für kurze Zeit psychotherapeutische Unterstützung, weil ihn die hierarchischen Strukturen verunsichern, ebenso die Art und Weise, in der hier Macht ausgeübt wird, scheinbar willkürlich und ohne Einspruchsinstanz.

Matthias Brandt als Hitler in Georg Taboris »Mein Kampf«, Oldenburg 1989
[Matthias Brandt/Peter Kreier]
    »Nach der Zeit in Oldenburg fühlte ich mich oft wie ein Tagelöhner. Ich kam mir ein bisschen so vor wie die Leute, die frühmorgens an der Markthalle stehen und auf Jobs warten. Dann kommt einer vorbeigefahren und sagt: ›Heute brauche ich mal drei Leute für die Kiesgrube!‹ Tja, und dann ist man halt zur Kiesgrube gefahren. Das hört sich jetzt dramatischer an, als es war, aber rückblickend hatte ich den Eindruck vertaner Zeit. Hätte ein bisschen leichter gehen können, aber ich habe immer sehr lange gebraucht, um mich einzufinden, um reinzukommen, ich bin eher ein langsamer Typ. Dennoch bin ich mit dieser Zeit heute im Reinen.«
    Auf der Suche nach dem richtigen Ort findet Matthias Brandt den richtigen Lebensmenschen. Als er am Badischen Staatstheater in Karlsruhe engagiert ist, lernt er 1995 bei einer »Don Carlos«-Inszenierung seine spätere Frau Sofia Nikols kennen. Die 1963 in Deutschland geborene Schaupielerin, die eigentlich Sofia Nikolopoulou heißt, spielt die Rolle der Elisabeth, während Matthias Brandt den idealistisch-feurigen weltverbessernden Marquis Posa gibt.
    Jeder Schauspieler sucht Anerkennung und Aufmerksamkeit, und bei aller Masken- und Versteckspielerei bleiben sie doch Entblößungskünstler, die ihr Innerstes nach außen kehren. Findet ein Schauspieler nicht das Maß an Zuwendung und Seelenbeifall, das er braucht und das sich keineswegs nur nach Lautstärke und der Zahl der Vorhänge bemisst, dann zerschleißt es ihn über die Jahre wie eine Jacke. Irgendwann ist er aufgebraucht. Erschöpft. Wundgespielt und ausgelaugt. Es gibt ein großes stilles Heer von Schauspielern, die scheiden sang- und klanglos aus dem Beruf oder springen von Verlegenheit zu Verlegenheit, die dämmern dahin in irgendeinem Ensemble, innerlich heimatlos, aber wenigstens bezahlt, oder sie trinken sich die Nächte hell, weil ihr Tag so finster ist. Man kann sich auch friedlich einrichten wie ein Darstellungsbeamter, aber wer sich seine Empfindsamkeit bewahrt und sich künstlerisch noch nicht geborgen weiß, wird weiterziehen und suchen. Es geht nicht darum, zum Star zu werden, es geht darum, das Quantum Trost zu finden, dessen man bedarf.
    »Meine Theaterlaufbahn war im Wesentlichen nicht darüber definiert, wo ich hinging, sondern darüber, von wo ich abhaute. Ich war ein Fluchttier. Mir wurde es immer sehr schnell zu eng. Im Nachhinein weiß ich, dass das nicht gut war. Es hätte mir gutgetan, wenn ich mich selbst klarer definiert hätte. Wenn man die Hauptenergie darauf verwendet, von irgendwo wegzukommen, dann kommt man ja auch nie richtig an, denn nicht wo man hingeht, ist erst mal wichtig, sondern dass man schnell wegkommt. Da ist jede Menge

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