Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme
selbstmörderisch. Die Lösung bestand darin, hohle Phrasen zu dreschen, wie ich es in einem Buch über politische Kommunikation gelesen hatte.
»Das war nicht meine Aufgabe, Eure Herrlichkeit«, antwortete ich schließlich. »Ich hatte nur vor, die Schale an mich zu bringen. Gedacht war sie für …«
Fast hätte ich gesagt Onorys VIII. Lizlide spürte meine Unsicherheit, denn sie drehte sich zu mir um, obwohl sie bis dahin den Oberbefehlshaber nicht aus den Augen gelassen hatte.
»Für mich?«, fragte Akys III.
»Für Euch, natürlich, Exzellenz«, log ich. Ich hatte keine andere Wahl.
»Sprich weiter«, forderte er mich auf.
Sicher erwartete er, dass ich ihm nun vom Schändlichen erzählte. Das Porträt, das ich ihm von ihm gab, schien ihn jedoch zu enttäuschen, ja sogar zu verärgern. Tatsächlich wählte ich die megakurze Variante.
»Er besteht aus einer leeren Hülle. Alles, was ich von ihm gesehen habe, liegt hier vor Euch. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
»Was wollte er von dir wissen?«
»Ich habe ihm keine Zeit gelassen, mir Fragen zu stellen.«
»Du lügst!«, brüllte Akys III und schlug auf die Armlehnen seines Sessels. »Er wusste, dass du der Ausländer bist, der sein mysteriöses Geheimnis bewahrt. Er muss dich befragt haben.«
Ich tat so, als würde mich diese zweifellos richtige Feststellung vor ein Rätsel stellen.
»Nur weil ich ein Ausländer bin, muss ich noch lange kein Geheimnis bewahren.«
Der Herrenbruder kniff die Augen zusammen, als hätte er meinen Trick durchschaut.
»Du bist es«, beteuerte er mit tonloser Stimme. »Und ich bin überzeugt, dass du mit dem Schändlichen gesprochen hast. Warum verheimlichst du es vor mir?«
Ich schüttelte den Kopf. Der wahre Grund war eben das Geheimnis, das ich bei meinem Zusammentreffen mit dem Geist des Bösen aufgedeckt hatte. Auf keinen Fall durfte ich diesem Mann davon erzählen. Stattdessen musste ich ihm eine einleuchtende Antwort geben.
»Weil ich vor dem Rat der Herrenbrüder und nicht vor Euch allein sprechen muss.«
»In einer Kriegssituation vertrete ich den Rat«, entgegnete er mit Betonung auf dem »Ich«.
»Was ich zu sagen habe, geht über die Kriegssituation hinaus«, gab ich zurück. »Es betrifft die Grundfesten des Königreichs der sieben Türme. Es geht weder um eine strategische Information noch um den Plan einer neuen Waffe. Es geht um …« Ich musste einen Moment lang nachdenken, um die richtige Formulierung zu finden. »… um DAS Geheimnis
des Schändlichen. Und deshalb spreche ich nur vor dem Rat der Herrenbrüder, was Ihr in Eurer grenzenlosen Weisheit sicher verstehen könnt, Eure Herrlichkeit, nicht wahr?«
Akys III saß wie versteinert da, und zwar so lange, dass man hätte meinen können, ein kleiner Schelm hätte ihm seine Batterien stibitzt. Alle sahen ihm an, dass er im Begriff war, eine grundlegende Entscheidung zu treffen. Endlich erwachte er aus seiner Starre.
»Nun, ich verstehe«, sagte er. »Ritter Asmyde!«
Der Stabsoffizier, der uns ins Zelt geführt hatte, trat näher.
»Verhaftet diesen Mann«, befahl Akys III mit eigenartig angespannter Stimme. »Und entwaffnet Seigneur Longtothe und die Elfe.«
FURCHTBARE ENTSCHEIDUNG
E s war also genau das passiert, was ich befürchtet hatte. Hilflos blieb ich stehen, ohne etwas zu unternehmen, was jedoch nicht auf Longtothe und noch weniger auf Lizlide zutraf. Während Ersterer noch nach dem Heft seines Schwerts griff, hatte sie sich bereits in Bewegung gesetzt und dem Herrenritter Asmyde ihre Elfenklinge an die Kehle gepresst. Im nächsten Moment waren alle Schwerter gezogen und jeder Widerstand zum Scheitern verurteilt. Longtothe versuchte einzuschreiten, doch Akys III kam ihm zuvor.
»Zwecklos, litithischer Herr. Wir können keinen Mann in Freiheit belassen, der aus dem Norden zu uns kommt und die Hülle des Schändlichen trägt und außerdem noch ein Ausländer ist. Er verdient nicht mal einen Prozess.«
Im Klartext, ich sollte auf der Stelle hingerichtet werden oder zumindest bevor der Tag zu Ende ging. Lizlides Blick drückte jedoch eine solche Entschlossenheit aus, dass ich sicher war, sie würde es nicht dabei bewenden lassen. Ich fragte mich allerdings, was sie vorhatte, denn sie musste doch wissen, dass die Drohung, dem Herrenritter die Kehle durchzuschneiden, Akys III nicht mehr beeindrucken würde, als wäre die Geisel ein Hühnchen. Erst als ich sah,
dass sie den Blick auf den Herrenbruder selbst richtete, begriff
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