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Die Farbe der Gier

Die Farbe der Gier

Titel: Die Farbe der Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe der Gier
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kam, und blickte den Flur auf und ab. Niemand zu sehen. 15 Uhr 30 war immer eine ruhige Zeit. Er konnte nicht erklären, warum das so war, es war einfach ein Erfahrungswert. Als er an ihre Tür kam, drückte er auf die Klingel. Keine Antwort. Aber man hatte ihm ja versichert, dass sie noch mindestens zwei Stunden bei der Arbeit sein würde. Der Mann stellte die Werkzeugtasche auf den Boden und prüfte die beiden Schlösser an der Tür. Kaum das Niveau von Fort Knox. Mit der Präzision eines Chirurgen bei einer Operation öffnete er seine Tasche und wählte diverse feingliedrige Instrumente aus.
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    Zwei Minuten und 40 Sekunden später befand er sich in der Wohnung. Rasch lokalisierte er alle drei Telefone. Das erste stand im Wohnzimmer auf einem Schreibtisch unter einem Druck von Warhols Marilyn Monroe. Das zweite entdeckte er an ihrem Bett, neben einem Foto. Der Eindringling betrachtete die Frau in der Mitte des Bildes. Sie stand zwischen zwei Männern, die einander so sehr ähnelten, dass es ihr Vater und ihr Bruder sein mussten.
    Das dritte Telefon befand sich in der Küche. Er sah zur Kühlschranktür und grinste; sie waren beide Fans der 49ers.
    Sechs Minuten und neun Sekunden später stand er wieder im Flur. Er stieg die Treppe hinunter und verließ das Gebäude durch die Haustür.
    Er hatte den Job in weniger als zehn Minuten erledigt. Honorar 1000 Dollar. Fast wie bei einem Chirurgen.

    Anna gehörte zu den Letzten, die den Greyhound-Bus bestiegen, der Niagara Falls um 15 Uhr verließ.
    Zwei Stunden später hielt der Bus am Westufer von Lake Ontario. Anna war die Erste, die ausstieg. Sie blieb nicht stehen, um den Mies-van-der-Rohe-Gebäudekomplex zu bewundern, der die Skyline von Toronto dominierte, sondern winkte das erstbeste Taxi heran.
    »Zum Flughafen, bitte. So schnell wie möglich.«
    »Welches Terminal?«, wollte der Fahrer wissen.
    Anna zögerte. »Europa.«
    »Terminal drei.« Der Fahrer fuhr los und fragte: »Woher kommen Sie?«
    »Boston«, erwiderte Anna. Sie wollte nicht über New York reden.
    »Schlimm, was da in New York passiert ist«, sagte er. »Einer von diesen Augenblicken der Geschichte, bei dem jeder genau 139
    weiß, wo er sich gerade befunden hat. Ich war im Taxi, hab’s im Radio gehört. Und Sie?«
    »Ich war im Nordturm«, sagte Anna.
    Er glaubte, eine Klugscheißerin zu erkennen, wenn er eine vor sich sah.
    Es dauerte etwas über 25 Minuten, die 17 Meilen von der Bay Street zum Lester B. Pearson International Airport zurückzulegen, und in dieser Zeit sprach der Fahrer kein einziges Wort mehr. Als er schließlich vor dem Eingang zu Terminal drei vorfuhr, zahlte Anna den Fahrpreis und begab sich rasch ins Flughafengebäude. Sie starrte zur Abflugtafel, als die Digitaluhr auf 17 Uhr 28 klickte.
    Der letzte Flug nach Heathrow hatte soeben das Gate geschlossen. Anna fluchte. Ihr Blick glitt über die Städte, die an diesem Abend noch angeflogen wurden. Tel Aviv, Bangkok, Hongkong, Sydney, Amsterdam. Amsterdam. Wie passend, dachte sie. Flug KL692 ging um 18 Uhr, Gate C31, die Passagiere wurden gerade an Bord gelassen.
    Anna rannte zum KLM-Schalter und fragte den Mann hinter der Theke, noch bevor er aufsah: »Ist auf dem Flug nach Amsterdam noch ein Platz frei?«
    Er hörte auf, die Tickets zu zählen. »Ja, aber Sie müssen sich beeilen. Das Gate wird gleich geschlossen.«
    »Gibt es noch einen Fensterplatz?«
    »Fenster, Gang, Mitte – alles, was Sie wollen.«
    »Warum das?«
    »Heute scheinen nicht viele Leute fliegen zu wollen. Und das liegt nicht allein daran, dass heute der 13. ist.«

    »JFK hat unseren Flug um 7 Uhr 20 morgen früh bestätigt«, sagte Leapman.
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    »Gut«, meinte Fenston. »Rufen Sie mich an, sobald das Flugzeug abgehoben hat. Wann kommen Sie in Heathrow an?«
    »Gegen 19 Uhr Ortszeit«, erwiderte Leapman. »Art Locations wartet auf dem Flugfeld, um das Gemälde gleich an Bord zu bringen. Die Verdreifachung ihres üblichen Honorars scheint sie zu beflügeln.«
    »Und wann erwarten Sie, wieder hier zu sein?«
    »Rechtzeitig zum Frühstück am nächsten Tag.«
    »Etwas Neues von der Petrescu?«
    »Nein«, entgegnete Leapman. »Tina hatte bislang erst einen Anruf. Von einem Mann.«
    »Nichts von …«
    Da trat Tina ein.

    »Sie ist auf dem Weg nach Amsterdam«, berichtete Joe.
    »Amsterdam?«, wiederholte Jack. Mit den Fingern trommelte er auf den Schreibtisch.
    »Ja. Den letzten Flug nach Heathrow hat sie verpasst.«
    »Dann wird sie morgen früh den ersten

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