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Die Farbe der Gier

Die Farbe der Gier

Titel: Die Farbe der Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe der Gier
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schließlich vor einer Tankstelle. Sie traf eine spontane Entscheidung – und brach dabei mit einer weiteren lebenslangen Gewohnheit. Sie fuhr mit dem Lieferwagen von der Straße auf den Vorplatz der Tankstelle, vorbei an den Zapfsäulen, und parkte neben einem Baum – direkt hinter einem großen Schild mit der Aufschrift TIPPTOPP AUTOWASCH-ANLAGE. Anna nahm den Koffer und die Laptoptasche aus dem Laderaum des Lieferwagens und machte sich daran, die vier Meilen bis zur Grenze zu laufen.
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    »Es TUT MIR so LEID, MEINE LIEBE.« Arnold Simpson sah Arabella Wentworth über seinen Schreibtisch hinweg an.
    »Schreckliche Sache«, fügte er hinzu und gab noch ein Stück Würfelzucker in seinen Tee. Arabella sagte nichts, als Simpson sich vorbeugte und seine Hände auf der Schreibtischplatte faltete, als ob er gleich beten wollte. Er lächelte seine Mandantin gütig an und öffnete gerade wieder den Mund, als Arabella die Akte in ihrem Schoß aufschlug und sagte: »Als unser Familienanwalt können Sie mir vielleicht erklären, wie mein Vater und Victoria es geschafft haben, in so kurzer Zeit solch horrende Schulden anzuhäufen?«
    Simpson lehnte sich zurück und lugte über seine
    halbmondförmigen Brillengläser. »Ihr lieber Vater und ich waren über 40 Jahre lang enge Freunde«, fing er an. »Wie Sie sicher wissen, waren wir gemeinsam in Eton.« Simpson hielt inne und berührte seine dunkelblaue Krawatte mit den hellblauen Streifen, die aussah, als habe er sie seit Verlassen der Schule jeden einzelnen Tag getragen.
    »Mein Vater hat immer von ›zur selben Zeit‹ gesprochen, nicht von ›gemeinsam‹«, erwiderte Arabella scharf. »Vielleicht könnten Sie jetzt meine Frage beantworten.«
    »Darauf wollte ich ja gerade kommen.« Simpson wusste vorübergehend nicht, was er sagen sollte, und ging die Aktenberge durch, die sich auf seinem Schreibtisch häuften.
    »Ach ja«, erklärte er schließlich und nahm eine Akte mit der Aufschrift Lloyd’s of London zur Hand. Er schlug die Akte auf und rückte seine Brille zurecht. »Als Ihr Vater 1971 zu Lloyd’s kam, zeichnete er für mehrere Konsortien mit dem Anwesen als Bürgschaft. Viele Jahre lang verzeichnete die Versicherungsbra-nche gute Gewinne und Ihr Vater erhielt ein üppiges 131
    Jahreseinkommen.« Simpson fuhr mit dem Finger eine Zahlenkolonne entlang.
    »Haben Sie ihm damals die Bedeutung von unbegrenzter Haftung erklärt?«, fragte Arabella.
    »Ich muss gestehen«, fuhr Simpson fort, ihre Frage ignorierend, »dass ich wie so viele andere nicht mit einer derart unerhörten Aneinanderreihung schlimmer Jahre gerechnet habe.«
    »Es war auch nicht anders als beim Glücksspiel, wo man hofft, beim Roulette sein Glück zu machen«, erklärte Arabella.
    »Warum haben Sie ihm nicht geraten, seine Verluste zu realisieren und den Spieltisch zu verlassen?«
    »Ihr Vater war ein dickköpfiger Mann«, erwiderte Simpson.
    »Auch nachdem er einige schlechte Jahre ausgesessen hatte, blieb er davon überzeugt, dass die guten Zeiten zurückkehren würden.«
    »Das war jedoch nicht der Fall.« Arabella blätterte zu einer anderen der zahlreichen Seiten ihrer Akte.
    »Traurigerweise nicht«, bestätigte Simpson, der so tief in seinem Sessel versank, dass er hinter dem Schreibtisch beinahe zu verschwinden schien.
    »Und was ist mit dem großen Portfolio an Aktien und Anteilen geschehen, das die Familie im Laufe der Jahre angesammelt hatte?«
    »Die gehörten zu den ersten Dingen, die Ihr Vater liquidieren musste, um sein Konto im Plus zu halten. Als Ihr Vater starb«, fuhr der Anwalt fort und blätterte zu einer anderen Seite weiter,
    »hatte er leider über zehn Millionen Pfund Schulden angehäuft.«
    »Aber nicht bei Coutts«, sagte Arabella. »Es hat jedoch den Anschein, dass er vor drei Jahren sein Konto zu einer kleinen Bank in New York namens Fenston Finance transferiert hat.«
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    »Das ist korrekt, meine Liebe«, bestätigte Simpson. »Es war mir immer ein Rätsel, warum gerade diese bestimmte Bank …«
    »Mir ist es kein Rätsel«, erwiderte Arabella scharf und zog einen Brief aus ihrer Akte. »Es liegt auf der Hand, dass sie meinen Vater als leichte Beute ausgemacht haben.«
    »Aber ich kann mir immer noch nicht denken, woher sie wussten …«
    »Sie mussten nur irgendein Finanzblatt lesen. Dort wurde ja täglich von den Problemen berichtet, die Lloyd’s hatte, und der Name meines Vaters tauchte regelmäßig zusammen mit einigen anderen auf, die für unselige, wenn

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