Die Farbe der Gier
Danville, Illinois, und ein Umschlag zeigte die Adresse ihrer Mutter in Bukarest.
Die einzige wirkliche Überraschung war wohl der kleine Picasso, der im Flur hing, vom Künstler mit Bleistift signiert.
Jack hatte den Matador und den Bullen genauer inspiziert – es war eindeutig kein Druck. Er konnte nicht glauben, dass sie ihn gestohlen hatte und ihn dann im Flur hängen ließ, wo ihn jeder sehen konnte. Oder war die Zeichnung eine Prämie von Fenston, weil sie ihm half, sich den van Gogh unter den Nagel zu reißen?
Wenn dem so war, würde es zumindest erklären, was sie jetzt im Sinn hatte. Und dann war er ins Schlafzimmer gegangen und hatte den einzigen Hinweis entdeckt, der bestätigte, dass Tina am Abend des 11. September in dieser Wohnung gewesen sein musste. Neben Annas Bett lag eine Armbanduhr. Jack sah auf die Uhrzeit: 8 Uhr 46.
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Jack war zum Wohnzimmer zurückgekehrt und hatte ein Foto auf der Ecke des Schreibtisches betrachtete. Es musste sich um Anna mit ihren Eltern handeln. Er hatte eine Schachtel geöffnet und einen Stapel Briefe entdeckt, die er nicht lesen konnte. Die meisten waren mit »Mama« unterschrieben, obwohl ein oder zwei von jemandem namens Anton stammten. Jack hatte sich gefragt, ob Anton ein Verwandter oder ein Freund war. Dann hatte er wieder zu dem Foto geschaut und gedacht, wenn seine Mutter das Foto sehen könnte, würde sie Anna einladen, ihr Irish Stew zu probieren.
»Mist«, fluchte Jack, laut genug, damit der Taxifahrer fragte:
»Gibt’s ein Problem?«
»Ich habe vergessen, meine Mutter anzurufen.«
»Dann stecken Sie in Schwierigkeiten«, meinte der Fahrer.
»Ich muss das wissen, ich bin auch Ire.«
Verdammt, ist es so offensichtlich?, dachte Jack. Er hätte seine Mutter anrufen sollen, um sie wissen zu lassen, dass er nicht zur
›Irish Stew Nacht‹ kommen konnte. Normalerweise ging er an diesem Abend zu seinen Eltern, um die natürliche Überlegenheit der gälischen Rasse über alle anderen Geschöpfe Gottes zu feiern. Da half es auch nicht, dass er ein Einzelkind war. Er durfte nicht vergessen, sie aus London anzurufen.
Sein Vater hatte sich gewünscht, dass Jack Anwalt werden sollte, und beide Eltern hatte Opfer gebracht, um das möglich zu machen. Nach 26 Jahren bei der New Yorker Polizei war Jacks Vater zu dem Schluss gekommen, dass die Einzigen, die von einem Verbrechen profitierten, die Anwälte und die Kriminellen waren, darum fand er, sein Sohn solle entscheiden, welches von beiden er vorzog.
Trotz des kryptischen Ratschlags seines Vaters ging Jack nur wenige Tage, nachdem er an der Columbia University seinen Abschluss in Jura gemacht hatte, zum FBI. Sein Vater schmollte immer noch jeden Samstag, weil Jack nicht Anwalt geworden 182
war, und seine Mutter traktierte ihn ständig mit der Frage, ob er sie jemals zur Großmutter machen würde.
Jack genoss jeden Aspekt seiner Arbeit, vom ersten Augenblick, als er in Quantico zum Training eintraf, über den Außendienst in New York, bis hin zu seiner Beförderung zum leitenden Ermittlungsbeamten. Er schien der einzige Mensch zu sein, den es überraschte, dass er als Erster seines Jahrgangs befördert worden war. Sogar sein Vater hatte ihm widerwillig gratuliert, bevor er hinzufügte: »Das zeigt nur, was für einen verdammt guten Anwalt du abgegeben hättest.«
Macy hatte klargestellt, dass Jack eines Tages seinen Posten übernehmen sollte, sobald er nach Washington versetzt würde.
Aber bevor das geschehen konnte, musste Jack noch einen Mann ins Gefängnis bringen, was alle Gedanken an eine Beförderung derzeit ins Reich der Fantasie verbannte. Bislang, das musste Jack zugeben, hatte er nichts gegen Bryce Fenston in der Hand und nun musste er sich auf eine Amateurin verlassen, um den entscheidenden Schlag zu landen.
Er beendete seine Tagträumerei und rief seine Sekretärin an.
»Sally, buchen Sie mir den ersten verfügbaren Flug nach London, mit einem Anschlussflug nach Bukarest. Ich bin auf dem Weg nach Hause und packe.«
»Ich sollte Sie warnen, Jack«, erwiderte seine Sekretärin.
»JFK ist in der nächsten Woche brechend voll.«
»Sally, bringen Sie mich einfach an Bord eines Fliegers nach London. Es ist mir auch egal, wenn ich neben dem Kapitän sitzen muss.«
Die Regeln waren einfach. Die Krantz stahl jeden Tag ein Handy. Sie rief dann ein einziges Mal den Vorsitzenden an und nach Ende des Gesprächs wurde das Handy entsorgt. Auf diese Weise konnte man sie niemals
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