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Die Farbe Der Leere

Die Farbe Der Leere

Titel: Die Farbe Der Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Webb
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Schlange und versuchen reinzukommen.«
    »Sie machen sich wohl über mich lustig«, mochte die indignierte Antwort des jungfräulichen Richters lauten. »Es ist schon elf Uhr. Wollen Sie mir erzählen, da warten immer noch Leute auf Einlass?«
    »Jawohl, Euer Ehren, so läuft das hier.«
    Diane folgte Katherine und Annie in ihr Büro.
    »Und es gibt keine andere Verbindung zwischen diesem Craig Wadley und Jonathan?«
    »Ich hab keine gefunden. Jonathan wohnte im Gruppenhaus Watson & Green, Craig lebte – nur kurz – im Robert-Leffler-Jugendheim, dann offiziell bei seinen Großeltern, aber in Wahrheit bei seiner Freundin. Craig stand auf Partys, sagen seine Leute. Er kam oft lange nicht nach Hause. Als seine Leiche auf einem Dach gefunden wurde, vermissten sie ihn seit drei Tagen. – Ich hoffe, ich finde noch was Brauchbares in den Fallakten. Die sollten eigentlich schnellstmöglich hergeschickt werden, aber ihr wisst ja, was das hier bedeutet.«
    Diane war schon fast an der Tür, da drehte sie sich noch mal um und fragte: »Was ist mit dem anderen Jungen?«
    »Shawan Castro. Für den lag eine Fahndungsmeldung vor. Er war aus einer stationären Suchttherapie abgehauen und lebte wohl als Obdachloser, soweit das jemand sagen kann. Gelegentlich zeigte er sich bei einem Freund und schlief dort ein paar Nächte auf dem Sofa. Die Polizei konnte niemanden ausfindig machen, der weiß, wo er die letzten Wochen verbracht hat, bevor seine Leiche gefunden wurde.«
    Es herrschte einen Augenblick Stille. »Wann ist Jonathans Beerdigung?«, fragte Diane und öffnete die Tür.
    Katherine erschrak. »Ich weiß es nicht. Ich habe nicht mal daran gedacht. Ich meine, ich bin doch keine Verwandte oder so.«
    »Mädchen, wenn du nicht daran denkst, wer dann?«
    Das war jetzt nicht das, was sie hören wollte.

6
    Er ging jetzt immer auf genau dieselbe Weise vor. Als Erstes blätterte er einmal das gesamte Album durch, um seine Unruhe zu besänftigen, sich zu vergewissern, dass sie alle da waren. Er wusste natürlich, dass es so war. Aber trotzdem, er konnte sich erst entspannen, wenn er sich erneut davon überzeugt hatte. Danach fing er wieder von vorne an. Und dieses Mal blätterte er ganz, ganz langsam und sorgfältig Seite für Seite um und genoss jedes Detail auf den Fotos sowie all die Erinnerungen, die es barg.
    Es war zu schade, dass er nicht von allen Fotos hatte. Beim ersten Mal hatte er keine Bilder gemacht. Damals war ihm nicht klar gewesen, dass ein Mal nicht genug sein würde, dass es noch mehr geben würde. Er hatte erst lernen müssen, dass er es noch so sehr in die Länge ziehen konnte, irgendwann kam unweigerlich der Moment, in dem es vorbei war. Und dann, nach einer Weile, kehrte die Leere zurück. Inzwischen wusste er genau, wie es ablief. Ein paar Tage danach war es, als wäre das Ganze nie passiert. Es fühlte sich an wie etwas, das im Traum geschehen war. Als hätte es jemand anders erlebt.
    Nicht lange, dann kam die Rastlosigkeit wieder. Um sich zu beruhigen, um den schrecklichen Druck zu dämpfen, der sich in ihm aufbaute, fuhr er durch die Gegend. Dachte an gar nichts. Er fuhr einfach durch die Gegend.
    Und dann, eines Tages, merkte er, dass er ein Muster webte, ohne es selbst recht zu wissen. Da gab es einen Jungen, den er beobachtete, dem er folgte, um den er herumschlich. Er hatte den Jungen gefunden, der der nächste sein würde.
    Der Junge war erbärmlich, schwach und verletzlich. Jeder war so einem Kind überlegen. Er hasste es, wie verletzlich das Kind war. Aber das machte alles so einfach.
    Beim Zweiten war er schon besser vorbereitet gewesen. Er hatte die gestohlene Kreditkarte nur dieses eine Mal benutzt. In einem Aufwasch hatte er die Kamera, die Entwicklungsausrüstung und die nötigen Chemikalien erstanden.
    Als es das nächste Mal vorbei war, hatte er Fotografien. Wenn die Erinnerung sich dann anfühlte, als sei das alles jemand anderem passiert, hatte er die Bilder, um sich zu beweisen, dass es sein Erlebnis war.
    Er hatte den Nächsten schon ausfindig gemacht. Er war nicht in Eile. Er würde sich Zeit nehmen und es richtig machen. So, wie er alles anpackte.
    Er achtete immer darauf, großen Abstand zu halten. Der Junge hatte keine Ahnung, dass er beobachtet wurde. Er selbst war der Einzige, der einzige Mensch auf der ganzen Welt, der wusste, welcher Junge der nächste in seinem Fotoalbum werden würde.

7
    Mendrinos kam ans Telefon. »Was haben Sie für mich?«
    Sie musste ihn bei irgendetwas

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