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Die Farbe Der Leere

Die Farbe Der Leere

Titel: Die Farbe Der Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Webb
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eine ganze Weile auf den Block. Unvermittelt stand sie dann auf, schnappte sich einen dünnen Stapel Akten von ihrem Schreibtisch und nahm den Fahrstuhl nach unten zu den Gerichtssälen.
    Die Gerichtssäle im sechsten Stock des Familiengerichts lagen alle an zwei Fluren, die wie ein Kreuz rechtwinklig zueinander verliefen. Beide Flure waren überfüllt mit Menschen, die entlang der Spaliere von Holzbänken im fahlen Neonlicht darauf warteten, dass ihre Fälle aufgerufen wurden.
    Katherine versuchte es in drei Sälen, bevor sie jemanden fand, der vielleicht eine Ahnung hatte, wo Annie sich aufhielt. Und da war sie auch schon, an der Tür zu Sektion V mit einem Bündel Akten unter dem Arm.
    »Ich muss nur eben diesen Fall vertagen. Wir verlieren ständig den Pflichtverteidiger.« Im Familiengericht hatte man manchmal den Eindruck, dass demnächst das gesamte System zusammenbrechen würde, weil einfach nie genug Pflichtverteidiger zur Vertretung mittelloser Eltern verfügbar waren.
    »Könntest du den Rest meiner Fälle für heute übernehmen?«
    Annie musterte den Aktenstapel in Katherines Händen, als hinge ihre Antwort davon ab, was ihr die mit Namen bekritzelten Aktendeckel nahelegten. »Worum geht es da?« Sie hatte noch nicht Ja gesagt, aber Katherine wusste, dass sie es so meinte.
    »Zwei Vertagungen, die bereits mit den Anwälten abgesprochen sind, und nein, ich war in keinem Fall die, die sie beantragt hat, also dürfte dir niemand besonderen Stress machen. Hier ist mein Kalender, du kannst die neuen Termine für jeden Tag zusagen, der halbwegs vernünftig aussieht. Das dritte ist ein Fünffingerverfahren vor Richter Michaels.«
    Annie verzog das Gesicht. Sie fand Fünffingerverfahren – der Richter erlaubte dem ACS-Anwalt nur fünf Fragen und entschied dann über die Vormundschaft – deutlich unter der Würde des Rechtssystems. Aber sie streckte trotzdem die Hand nach den Akten aus.
    »Danke, Annie.«
    Annie schob die Akten unter ihren Arm zu ihren eigenen. »Alles in Ordnung mit dir?«
    »Ich geh zu Debra und melde mich krank.«
    Annie sagte nichts, aber Katherine war sicher, dass ihr das kleine Ausweichmanöver nicht entgangen war.
    Debra, Dianes Verwaltungsassistentin, konnte sich nicht erinnern, dass Katherine je zuvor früher gegangen war. Wenn sie es recht bedachte, bezweifelte sie ernstlich, dass Katherine jemals welche von ihren Überstunden abgebummelt oder ihre Urlaubstage in Anspruch genommen hatte. »Passen Sie auf sich auf«, rief sie ihr nach.
    Der Wind hatte aufgefrischt, es war kalt geworden. Der lange Indianersommer war definitiv zu Ende. Als sie die Straße überquerte, um ihr Auto aus dem Parkhaus zu holen, hielt sie mit einer Hand den Kragen um den Hals zusammen. Sobald sie im Auto saß, fuhr sie auf direktem Wege ins Herz der südlichen Bronx.
    Bis sie Jonathan begegnet war, hatte Katherine von dieser Gegend wenig mehr gekannt als die paar Blocks an der 161. Straße, die vom Familiengericht aus über den Grand Concourse zum Obersten Gerichtshof und dann den Hügel hoch zum Yankee-Stadion führte. Doch schon zwischen diesen paar Häuserblocks hatte sie sich heimischer gefühlt als jemals in den Straßen rings um das Apartmenthaus in Manhattan. Einmal hatte sie Diane gegenüber erwähnt, dass sie sich in der Bronx noch nie deplatziert gefühlt habe.
    Damit hatte sie bei Diane für einen schönen Lachanfall gesorgt. »Ich muss dir da was sagen, Süße. Jeder, der dich in der Bronx auf der Straße sieht, denkt: Hat die Dame sich verlaufen? Oder was hat so eine hier zu suchen?«
    Ihr erster Besuch in Jonathans Jugendheim hatte sie auf völlig neues Territorium geführt. Barry war gar nicht glücklich gewesen an jenem Samstag, als sie zum ersten Mal dorthin aufbrach. Er hatte seit Monaten jedes Wochenende durchgearbeitet, irgendeine wichtige Fusion, die permanent auf der Kippe zum Scheitern stand. Da sie annahm, er wäre sowieso im Büro, war sie gar nicht auf die Idee gekommen, ihm von ihren Plänen zu erzählen. Aber er hatte sich unerwartet einen Tag frei genommen, um Zeit mit ihr zu verbringen, wie er sagte.
    »Tust du nicht schon genug für diese Leute?«, fragte er vorwurfsvoll. »Auch ohne dass du noch deine Wochenenden opferst.«
    Sie erklärte ihm, dass sie sich für ein Kind, das ihr im Gericht begegnet war, als Mentorin verpflichtet hatte. Sie sei jetzt so was wie eine große Schwester. Und sie hatte das bisher nicht erwähnt, weil – tja, weil Barry zu beschäftigt gewesen

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