Die Farbe Der Leere
und eine Wohnung voller Kisten. Die meisten noch zugeklebt.«
»Okay, sie wird also keinen Schöner-Wohnen-Wettbewerb gewinnen. Was kümmert dich das?«
»Es kümmert mich, weil sie der rote Faden in einem unserer Fälle ist. Ich muss also verstehen, wie sie tickt.«
»Du wirst sie doch nicht verdächtigen?«
»Nee, Frauen sind keine Serienmörder.«
»Das stimmt nicht.«
»Das stimmt wohl, mit ein paar sehr seltenen Ausnahmen, und diese Lady ist keine davon.«
Er versuchte sie in die Ecke zu drängen, wollte, dass sie zugab, McDonald könnte eine Serienmörderin sein, bevor er ihre Einwände ernst nahm.
Sie gingen den Rest des Weges zum Auto in Schweigen. Russo öffnete die Fahrertür. »Was glaubst du, was sieht er in ihr?«, fragte er unvermittelt.
Darauf würde sie sich nicht einlassen. »Keine Ahnung. Es ist mir auch egal. Das ist deren Sache.« Dann fügte sie hinzu: »Ich weiß nicht. Ich glaube, du ziehst vorschnelle Schlüsse. Sie ist gar nicht so übel. Sie kommt mir nur einsam vor.«
Russo stieg ein und warf den Wagen an. Malone ließ sich neben ihn fallen. »Weißt du, ein Weib muss ja nicht hinreißend schön sein. Meine Rosemarie, die Gute, ist vielleicht keine Schönheitskönigin. Aber sie sieht aus, wie ein Kerl sich sein Mädel wünscht.«
»Dieses Gespräch geht echt über mein Fassungsvermögen«, sagte Malone. »Aber bevor wir das Thema wechseln, sag mir noch eins: Seh ich aus, wie ein Kerl sich eine Frau wünscht?«
Er hätte die Klappe halten sollen. Er konnte ihr nicht sagen, dass sie gut aussah, denn sie war sein Partner. Er konnte ihr auch nicht sagen, dass sie nicht gut aussah, denn sie war sein Partner. Vielleicht zog sie ihn bloß auf. Er riskierte einen schnellen Seitenblick. Sie lächelte nicht.
»Ach, komm schon. Das ist doch nicht dasselbe. Du bist ein Cop, das ist schon mal das eine, und zweitens bist du jünger. Die Typen in deinem Alter haben einen ganz anderen Geschmack als Kerle wie ich. Was weiß ich schon davon, was denen gefallt?«
Malone brach in haltloses Gelächter aus. »Du müsstest dich mal hören! Typen in meinem Alter haben einen anderen Geschmack!«
»Lass stecken. Dieses Gegacker steht dir nicht«, sagte Russo würdevoll und lenkte den Wagen auf die Straße. »Aber eins sag ich dir. Ich werd mir den Exmann dieser Lady mal genauer ansehen.«
12
Katherine lehnte sich an die Tür, nachdem Mendrinos gegangen war. Dann kam ihr plötzlich der verrückte Verdacht, er könnte noch auf der anderen Seite der Tür stehen und warten. Sie schob den Riegel vor und presste ein Ohr gegen das Holz. Sie hörte nichts. Aber vielleicht war da das schwache Geräusch seiner Schritte auf dem Gehweg. Vielleicht war es aber auch nur das Rauschen ihres Blutes in ihren Ohren.
Sie hatte die ganze Nacht geredet und erklärt und stundenlang Fragen beantwortet. Ihre Furcht war verflogen, allerdings auch ihre Kraft. Immerhin, Detective Russo hatte es letzte Nacht gesagt: Serienmörder hatten fast immer ihren ganz bestimmten Opfertyp und hielten eisern daran fest. Und selbst wenn Jack die Ermittlungen durcheinanderbringen wollte, war sie ein höchst unwahrscheinliches Ziel. Jemand anderes als der Serienmörder hatte ihr die Zettel geschickt. Die toten Katzen waren nicht Jacks Werk. Sie hatte es bloß mit einem verrückten Witzbold zu tun. Der war krank, so viel war klar. Sie musste vorsichtig sein. Aber es war trotzdem nicht die gleiche Liga, wie wenn ein Serienmörder es auf einen abgesehen hatte.
Shawan Castros Akte lag auf der Sitzfläche ihres Schreibtischstuhls, als sie nach ihren Gerichtsterminen in ihr Büro zurückkam. Wieder einmal ließ sie sich auf dem Fußboden nieder und arrangierte Akten, Schreibblock und den Zeitplan mit Jonathans und Craigs Unterbringungen um sich herum. Sie arbeitete sich so langsam und methodisch durch Shawans Akte, wie sie es bei den ersten beiden getan hatte. Sie machte sorgfältig Notizen und orientierte sich immer wieder an den Zeiträumen in ihrer Tabelle.
Shawans Geschichte war auch nicht trauriger als andere. Immer wieder verpflanzt, von einer Erziehungseinrichtung zur anderen. Er hatte vor mehr als zwei Jahren für kurze Zeit im Robert-Leffler-Jugendheim gelebt. Soweit sie sagen konnte, war das sein einziger Aufenthalt in einem solchen Gruppenheim. Katherine faltete ihre Beine auseinander, stand auf und begann im Raum umherzuwandern. Alle drei Jungs waren in wenigstens einer Gruppenunterkunft gewesen. Aber Shawan war nicht im Gruppenhaus
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