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Die Farbe Der Leere

Die Farbe Der Leere

Titel: Die Farbe Der Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Webb
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gestaltete sich zunehmend schwierig – jetzt, wo sie wusste, dass er mit Diane zusammen war.
    Als Russo und Malone am Vorabend gegangen waren, hatte Mendrinos gefragt, ob er bleiben könne. Zuerst war sie insgeheim entgeistert gewesen. Mit einem Kollegen zu schlafen oder mit jemandem zu schlafen, den sie kaum kannte, das war jedes für sich schon eine ganz schlechte Idee, ganz zu schweigen von der Kombination, wenn beides zusammenfiel. Und ihr gefiel auch nicht, was Mendrinos' Vorschlag über seine Einschätzung ihrer Professionalität aussagte.
    Es enttäuschte sie, festzustellen, dass Mendrinos glaubte, sie habe nach dem Vorfall mit Brief und Katze Angst vor dem Alleinsein. Und dass ihre Angst vor dem Alleinsein seine Chance sei, sich flachlegen zu lassen.
    Doch sie überlegte es sich anders. Es war allerdings nicht Angst vor dem großen Unbekannten, was ihren Sinneswandel bewirkte. Es war die Aussicht auf eine lange Nacht mit den frisch geöffneten Wunden der Erinnerung an Seth. Damit konnte sie sich am nächsten Tag noch befassen. Die Wärme und Ablenkung eines anderen Menschen in ihrem Bett würde ihr den Aufschub erkaufen. Wenn das bedeutete, mit Mendrinos zu schlafen, so konnte sie damit leben.
    Mendrinos hatte ihre Erlaubnis zu bleiben wortlos entgegengenommen. Aber als sie aufstand, um ihn ins Schlafzimmer zu führen, erklärte er ausgesucht beiläufig, dass er in ihrem Wohnzimmer zu schlafen gedachte. Sie sagte ihm, dass sie nicht mal eine Couch hatte. Er erwiderte, er brauche nur eine Decke.
    Verlegen und erleichtert hatte sie nichts zu sagen gewusst. Es schien wie ein unbeholfener Versuch, sie zu bewachen.
    Auch Seth hatte sie bewacht. In all diesen Nächten. Wenn ihr Vater sie in ihrer Dachkammer zurückließ, lauschte Seth, der schweigend in seinem Zimmer saß, bis die Schritte die Treppe hinunter verklangen. Dann, egal wie spät es war, klopfte es an ihrer Tür, und Seth kam herein. Er sprach über alles Mögliche, das Eichhörnchen mit einem Nest voller Jungen in der Eiche, die kleine Quelle, die er in den Wäldern gefunden hatte. Er würde sie am nächsten Tag hinführen, und dann könnte sie ihre Hand in das süße, kalte, sprudelnde Wasser tauchen.
    Sie sahen sich nicht an. Sie ertrug es nicht, in seinen Augen zu sehen, wie sehr er das hasste, was ihr geschah. Wenn Seth auf ihrer Bettkante saß, war sie nicht allein mit dem schrecklichen Wissen. Und sie wusste, dass Seth sie liebte. Er wusste, dass sie auf ihre Zeit wartete, auf den richtigen Moment, und er wartete mit ihr. Leere nagte in ihrer Brust.
    In dem Jahr, in dem Seth vierzehn wurde, kam ihr Vater in ihr Zimmer. Katherine und Seth saßen auf ihrem Bett und spielten Dame. Als ihr Vater nicht wegging, hatte Seth sich auf ihn gestürzt, tapfer, wild und dumm. Ihr Vater war ein großer Mann, der den Kampf leicht gewann, auch wenn am nächsten Morgen seine aufgeplatzte Lippe und sein blaues Auge von Seths Einsatz zeugten.
    Trotz allem, was sie unweigerlich gehört haben musste, war Katherines Mutter auch in dieser Nacht nicht die Treppe zur Dachkammer hochgestiegen. Sie erwähnte den Vorfall am nächsten Tag nicht, und soweit Katherine wusste, fragte sie ihren Mann nicht, woher er seine Blessuren hatte.
    Noch viele Nächte danach lag Katherine wach und fürchtete sich vor den Schritten auf der Treppe. Aber sie hörte sie nie wieder.
    Nun saß sie schweigend an Dianes Esstisch Mendrinos gegenüber und kämpfte mit Tränen der Wut. Nur zu gern hätte sie ihn bezüglich seiner Absichten zur Rede gestellt, aber sie hütete ihre Zunge. Sie wollte ihre Rolle bei den Ermittlungen nicht riskieren.
    Vielleicht hatte er sie gerade etwas gefragt, was sie nicht mal gehört hatte. So wie er sie ansah, erwartete er eine Antwort.
    Als sie nichts sagte, versuchte er noch einmal, das Gespräch in Gang zu bringen. »Wissen Sie, ein Freund von mir befasst sich mit Cyberkriminalität an Kindern.«
    »Kinderpornos?«
    »Nein. Es ist Teil einer Ermittlung gegen zwielichtige Gestalten, die im Internet Kids aufreißen und zum Sex per Webcam verführen oder erpressen. Ein Fall war ein dreizehnjähriges Schulmädchen, die sich regelmäßig mit älteren Typen zum Cybersex traf. Ihre Eltern hatten anscheinend keine Ahnung. Es gibt immer noch Dinge, die mich schocken. Das war so etwas. Als ich dreizehn war, hab ich an meiner Briefmarkensammlung gefeilt.«
    Das war eine Geschichte, die Katherine zu einer Erwiderung nötigte. »Das Mädchen, was hat sie sich davon

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