Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Farbe Der Leere

Die Farbe Der Leere

Titel: Die Farbe Der Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Webb
Vom Netzwerk:
der freien Hand entriegelte er die Tür, die er dann mit dem Fuß aufstieß. Die Klinge schnitt durch die Schnur, die ihre Hände band, dann stieß er sie Kopf voran durch die kleine Türöffnung und schlug die Luke hinter ihr zu. Sie war schlagartig in komplette Dunkelheit geworfen.
    Im ersten Moment des Schocks drehte sich alles, und sie empfand nichts als nacktes Entsetzen. Es war, als wäre sie in die schwarze Leere der Ewigkeit gestoßen worden. Nach ein paar Sekunden begann sie ihre Situation zu überdenken.
    Da waren Holzbretter unter ihren Knien, aber zu beiden Seiten nichts. Ihr Kopf schien tiefer zu liegen als ihr Körper, und sie hatte Angst zu fallen. Sie wusste nicht, was unter ihr war oder wie tief es da runterging. Es hätte ebenso gut ein Abgrund ohne Boden sein können.
    Nach einer Weile wurde ihr klar, dass sie auf einer Art provisorischer Rampe kniete. Sie bezwang ihre Angst, drehte sich um und drückte gegen die Luke. Sie war nicht zu öffnen. Verriegelt.
    Also drehte sie sich wieder um und spürte, wie das Blut in ihren Fingern und Zehen kribbelte und der Schwindel in ihrem Kopf summte. Vorsichtig kroch sie vorwärts. Nicht weil sie irgendwelche Hoffnungen hegte, das würde sie in Sicherheit bringen, sondern weil es das Einzige schien, was sie tun konnte. Sie hatte schreckliche Angst vor der Höhe. Die Rampe war aus ungehobeltem Holz, und Splitter bohrten sich in ihre Hände, aber das spürte sie kaum.
    Die Tür links neben Hicks' Wohnung öffnete sich, und eine junge Frau steckte den Kopf heraus. »Sie suchen Lamar Hicks?«
    »Wissen Sie, wo er ist?«
    »Meine Mama hat mir erzählt, dass die Cops hier nach ihm gesucht haben, als ich verreist war. Wenn Sie den suchen, gucken Sie am besten mal im Keller nach.« Sie war eine gutaussehende Frau, eigentlich noch ein Mädchen. Ihre Jeans saßen tief auf den Hüften, und der enge kurze Pulli entblößte einen Streifen straffer, weicher Haut.
    »Wo im Keller?«
    »Ich weiß nicht, wo im Keller«, sagte sie ungeduldig, als wäre Malone etwas schwer von Begriff. »Ich weiß nur, dass er zu meinem Bruder gesagt hat, er hat so ein wie-heißt-das-noch, so einen Raum, wo man Bilder macht, und er sollte mitkommen und lernen, wie man Fotos entwickelt. Das Ganze klang für mich schräg. Also für mich ist dieser Lamar ein Perverser. Wahrscheinlich wollte er meinen Bruder da runterlocken und schmutzige Fotos von ihm machen. Ich hab ihm gesagt, untersteh dich, mit diesem Lamar rumzuhängen. Ein Mann in, seinem Alter und ein Junge wie du. Der macht einen auf soo nett, da stimmt was nicht, klar?«
    Malone und Russo gingen auf sie zu, während sie sprach. Sie trat zurück in ihren Flur, ließ die Tür aber halb offen stehen. Hinter ihr kam in dem kahlen Wohnzimmer wieder eine Horde von Kleinkindern ins Blickfeld.
    »Wo ist denn Ihr Bruder jetzt?«, fragte Malone.
    »Er ist danach nicht mehr lange bei mir gewesen. Ich nehm an, er ist wieder bei seinem Daddy drüben in Brooklyn. Das mag er, taucht auf, macht sich breit und nervt alle mit seinen Faxen, dann zieht er weiter zum Nächsten.«
    »Wann haben Sie zuletzt von Ihrem Bruder gehört?«
    Sie zuckte die Achseln. »Direkt bevor ich in den Süden fuhr. Ist über'n Monat her.«
    Malone und Russo wechselten einen Blick.
    Die junge Frau fuhr fort: »Wissen Sie, woran ich merk, dass mit Lamar was nicht stimmt?«
    »Sagen Sies uns«, erwiderte Russo.
    »Er guckt mich nicht richtig an. Er flirtet mit alten Damen, wissen Sie, wie Mrs. Sanchez da. Die fressen ihm alle aus der Hand. Er flirtet schon auch mit mir, aber er will nicht wirklich was von mir. Das seh ich in seinen Augen. Deswegen fürchte ich, er wollte was von meinem Bruder. Ein Mann, der bei mir nicht einbisschen schwach wird, mit dem stimmt was nicht.«
    Malone unterdrückte ein Grinsen. Sie war beglückt zu sehen, dass Russo verlegen wurde.
    »Haben Sie Hicks' Dunkelkammer mal gesehen?«
    »Nee, ich weiß ja nicht mal, ob er wirklich eine hat.«
    Hinter ihr erscholl plötzlich ein gellender, markerschütternder Schrei. Ohne ein weiteres Wort schlug sie die Tür zu. Ob sie jetzt den Schreihals trösten oder den Verursacher bestrafen ging, blieb ungewiss.
    Katherine krabbelte vorsichtig abwärts, bis sie einen rauen Betonboden erreichte. Sie zögerte: Das splittrige Holz war schlimm genug, aber hier unten in diesem Loch konnte alles Mögliche sein. Ratten oder Müll oder Blut. Oder Leichen.
    Sie wusste jetzt mit Sicherheit, dass Lamar Jonathan ermordet hatte. Und

Weitere Kostenlose Bücher