Die Farbe der Liebe
küsste den Phallus in Stierform, öffnete den Mund und begann begierig an ihm zu lutschen.
Ihm stockte der Atem.
Das musste ein Traum sein. Nein, es war Wirklichkeit.
Er spürte ganz deutlich, dass die weiche Zunge über die Spitze des Schwanzes fuhr. Zwei Hände ergriffen seinen Schaft und begannen, ihn auf ganzer Länge rhythmisch zu streicheln, bis sich in Thomas ein wunderbarer Druck aufbaute, der ihn von Kopf bis Fuß erfüllte. Ihm war, als würde er jeden Augenblick explodieren.
Die Frau spürte offenbar, dass er die Kontrolle über sich zu verlieren begann, und zog sich zurück.
»Du musst deinen Höhepunkt für die Maîtresse aufheben. Die Zeremonie wird im Morgengrauen stattfinden.« Als sie so urplötzlich die Lippen von ihm löste, hatte er das Gefühl, vom hellen Tageslicht in die Finsternis geworfen zu sein. Die Energie, die er in sich gespürt hatte, sank von einem lodernden Feuer zu einem schmerzhaften, aber erträglichen Pochen herab.
Schon wurde er wieder ergriffen und auf Händen über einen Gang und durch eine Flügeltür getragen. Die führte in eine Halle, die gut dreimal so groß war wie der erste Saal, den er be treten hatte. Er spürte erneut diese verblüffende Wärme auf seiner Haut, aber diesmal eher wie eine Energie, die ihn von innen her wärmte und jedes Molekül seines Körpers in Schwingungen versetzte, bis sogar die Haare auf seinem Kopf zu tanzen anfangen wollten.
Ein Raunen ging durch die Menge, die sich vor ihm teilte, als er hereingetragen wurde. Fast alle Gäste waren unbekleidet. Sie trugen anstelle von Stoff und Leder nur die glitzernde, rötlich-orange Farbe am Leib, mit der man auch ihn angemalt hatte.
Thomas versuchte, dies alles in sich aufzunehmen, um zu begreifen, was vor sich ging. Auch in diesem Raum schienen die Wände in Flammen zu stehen. Er kam jedoch nicht dahinter, welcher Bühnenzauber oder technische Kniff das möglich machte. Für das ungeschulte Auge sah es jedenfalls so aus, als würde hinter einer dicken Glaswand, die den ganzen Raum umschloss, ein Feuer lodern. Die Serviererinnen mit ihren Silbertabletts trugen hauchzarte, merkwürdig gestreifte schwarz-orange Kleider, die das Licht der Kronleuchter einfingen und so widerspiegelten, dass sie wie lebendige Fackeln aussahen.
Ein Gong ertönte, als seine menschliche Sänfte die Mitte des großen Saals erreichte und ihn auf einem bühnenähnlichen Podest absetzte. Thomas sah auf die Leute herab, die sich rund um ihn versammelt hatten. In ihren Gesichtern spiegel ten sich Erregung, Erwartung und jene Art von Ehrfurcht, die er bei seinen Eltern in Momenten religiöser Ergriffenheit gesehen hatte. Er betrachtete ihre Körper. Die glitzernde Farbe verbarg nichts, sondern betonte eher, was jeder der Gäste an sich hervorheben wollte. Einige hatten sich Flammen auf ihre kurvenreichen Bäuche und Brüste gemalt. Andere hatten sich das Schamhaar abrasiert und sich stattdessen mit Feuerzungen geschmückt. Die meisten trugen sehr aufwendige Frisuren mit eingeflochtenen orangefarbenen Seidenbändern, die wie Freudenfeuer von ihren Köpfen züngelten.
Am meisten verblüffte Thomas jedoch, dass er ohne den Hinweis von Kleidung nicht mit Gewissheit sagen konnte, wer von den Gästen Mann und wer Frau war und wer irgendwo dazwischenlag. Gehörten diese knospenden Brüste dort zu einem männlichen oder zu einem weiblichen Wesen? War das eine große Klitoris, die unter dichtem Schamhaar hervorlugte, oder ein Penis? Thomas begann sich zu fragen, welche Rolle das eigentlich spielte. Die Ähnlichkeiten zwischen allen, die hier versammelt waren, schienen weit größer als die Unterschiede.
Wieder teilte sich die Menge, und eine zweite Person wurde auf Händen zur Bühne getragen. Eine Frau. Sie war in ein scharlachrotes Gewand gehüllt, das sich an ihren Körper schmiegte, als wollte es mit ihrer Haut verschmelzen. Ihr Haar war von dunklem Karamellbraun, der Farbe des Mississippi, wenn er im Sonnenlicht aufblitzt, und es war sehr kurz geschnitten, was ihr spitzes Kinn und die hohen Wangenknochen betonte. Große, mandelförmige Augen beherrschten das ganze Gesicht und ließen den kleinen Kussmund noch zierlicher erscheinen. Sie hatte die übertriebenen Züge einer Puppe, aber trotz ihrer glatten Haut wurde beim Näherkommen erkennbar, dass sie nicht mehr ganz jung war. Allerdings auch nicht alt, sondern vielleicht Mitte dreißig, eventuell auch schon vierzig. Ihre Brüste waren groß und schwer und ihre Hüften voll und
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