Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition)
wir konnten von Glück sagen, dass keine von uns durchbohrt wurde, als wir fielen, als wir uns gegenseitig aufs Bett warfen. Laurel barst aus ihrer Kleidung wie eine reife Frucht, wir glitten übereinander wie zwei nasse Tintenfische, und ich tauchte hinab, um ihre Perle auf meiner Zungenspitze heraufzuholen.
Hinterher schien ich eine Stimme zu hören, die mir erklärte, warum die Messer geholfen hatten, die Frustration zu beheben, die ich häufig empfand, wenn ich mit Laurel zusammen war und alles völlig schmerzfrei ablief.
Sie streckte matt einen Arm zum Boden aus und hob das zusammengeklappte Buck-Messer wieder auf.
»Nimm es«, sagte sie. »D. will, dass du es hast.«
Also nahm ich es.
24
Terrell nahm mich mit, um zu jagen. Wir waren zu viert den Fluss runtergetrieben, zwei Kanus und zwei Zelte. Dem Mom-Ding gefiel das nicht, aber sie begleitete Dad manchmal für ein oder zwei Tage. Terrell gefiel es. Ich weiß nicht mehr genau, wie ich es fand. Terrell war bei den Pfadfindern gewesen und nach sechs Monaten wieder ausgetreten, weil es blöd sei, sagte er, und ich glaube, er hatte irgendwie Ärger mit der Kirche bekommen, in deren Keller sie ihre dummen Treffen abhielten. Aber auf dieser Flussfahrt trug er noch ein paar Klamotten von den Pfadfindern. Er sah ein wenig aus wie ein Soldat, der von seinem Regiment verstoßen worden war (damals lief so eine Serie im Fernsehen), und ich denke, wir fanden sein Aussehen beide irgendwie verwegen und ein bisschen romantisch.
Terrell war gut darin, Dinge zu finden. Er hatte wache Augen und verbrachte viel Zeit im Wald. Er fand je nach Jahreszeit Schädel und Schlangenhäute und lebende Schlangen, und alles, was er fand, schleppte er nach Hause. Erstaunlich oft waren es tote Tiere. Vielleicht waren nicht alle schon tot, wenn er sie fand.
Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie er die Langhornkuh getötet haben sollte ... tief im Wald, auf dem Höhenrücken hinter unserem Haus und Grundstück, halb versunken in einem mit rotem Schlamm gefüllten Wasserlauf, die gescheckten Flanken schon überwuchert von Kudzu-Ranken. Es waren die Hörner, die ihn anlockten, und mich auch, wie ich zugeben muss. Er brachte mich dazu, ihm zu helfen, den halb verwesten Kopf den Berg hinunter und durch das Unterholz bis in unseren Garten zu schleifen. Wir waren beide zu stolz, um zu kotzen, aber es fehlte nicht viel.
Das Mom-Ding drehte komplett durch: ein kreischender, geifernder Wahnsinnsanfall. Terrell nahm alle Schuld auf sich, behauptete, das Ganze ginge auf sein Konto, während ich unter die Veranda kroch und mich hinter dem Holzgitterwerk versteckte. Er musste ihr schwören, dass er den Schädel dahin zurückbringen würde,
wo zum Teufel du ihn gefunden hast
. In Wahrheit schleppte er ihn nur über den Bach hinter unserem Haus und hievte ihn auf ein altes Pumpenhaus, wo nichts an ihn herankommen konnte, bis er nach einem Monat oder so vollends verwest und sauber gebleicht war. Dann brachte er ihn heimlich über die Hintertreppe in der Garage nach oben.
Man konnte die Hörner herausziehen. Sie lösten sich leicht aus dem porösen Knochen. Jedes war knapp fünfzig Zentimeter lang und geschwungen. In ihrem Innern hielt sich noch viele Jahre lang ein schwacher Verwesungsgeruch.
Ich war nicht so gut darin, Sachen zu finden, aber ich zog gern mit Terrell los. Manchmal entdeckte ich Minié-Kugeln – davon gab es noch viele aus den alten Schlachten des Bürgerkrieges, in den Furchen versenkt wie tote Samenkörner. Hin und wieder ließ Terrell irgendwo vor mir eine Pfeilspitze fallen, einfach so mitten auf den Weg, sodass ich sie gar nicht übersehen konnte. Ich wusste immer, dass er das getan hatte, aber ich sagte nichts.
Silberahorn beschattete den Zeltplatz am Flussufer. Durch die Bäume konnten wir das gefriergetrocknete Bœuf Stroganoff riechen, das Dad auf dem Campingkocher warm machte, während das Mom-Ding sich bestimmt schon wieder vor Mokassinschlangen fürchtete und wünschte, sie könnte ein Bad nehmen und sich die Haare aufdrehen. Es muss im Frühherbst gewesen sein, denke ich, und das Laub wird gerade begonnen haben, sich zu verfärben. Fette lila Früchte hingen an den Kermesbeersträuchern, und entlang der Zäune wucherte Sumach, der sich rostbraun färbte.
Wir gingen über ein Feld, das mindestens ein Jahr lang brachgelegen hatte. Mir wäre das damals nicht aufgefallen, aber Terrell bestimmt. Jetzt erinnere ich mich wieder an die wulstigen alten Ackerreihen, über die
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