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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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schnappte Sønstebye. »Feinde des Reiches … Schweden ist neutral! Amerika auch!«
    »Sie wissen sehr genau, was gemeint ist!«
    »Unterstellungen! Sie können nichts beweisen!«, protestierte der Schwede. Aber seine Stimme war belegt und zitterte ein wenig.
    »Noch nicht!«, korrigierte der Mann im Ledermantel und lächelte kalt und wächsern wie eine Wasserleiche. »Anfangen!«
    Die Polizisten schwärmten aus. Diesmal hielt niemand sie zurück.
    »Zur Tür!«, hörte Ole Lina hinter sich flüstern, und ihr Griff an seinem Hosenbund wurde fester.
    Rechts von ihnen stand ein Schott offen. Dahinter führte ein schmaler Gang in die kleine Messe, wo das Gepäck der ausländischen Segler gestapelt war. Ole gehorchte und bewegte sich seitlich darauf zu, Lina vor den Blicken von der Pier abschirmend.
    »Hey, du da! Stehen bleiben!«
    Einer der Polizisten, die auf die Gangway zukamen, hatte Ole entdeckt.
    »Nicht anhalten!«
    Linas Stimme war kaum zu hören, aber der flehende Ton darin war dennoch herauszuhören.
    »Zwei Schritte noch!«
    »Stehen bleiben, sag ich!«, bellte der Polizist.
    »Wer, ich?«, fragte Ole unschuldig zurück. Er hob langsam die Hände, blieb aber erst stehen, als er die Türöffnung hinter sich hatte.
    »Du musst sie aufhalten«, wisperte Lina aus der Dunkelheit hinter Ole heraus, und ihre Lippen schienen sein Ohr zu streicheln. »Bitte!«
    Eine winzige Berührung ihrer Hand, die über seinen nassen Rücken strich, und etwas, das man mit viel Phantasie als einen gehauchten Kuss auf seine Wange deuten könnte, dann war Lina im Quergang des Schiffes verschwunden.
    Keine fünf Sekunden später standen drei Polizisten vor Ole.
    »Hast wohl Tomaten auf den Ohren!«, schnauzte der erste und packte ihn grob am Kragen.
    »Immer mit der Ruhe!«, fauchte Ole zurück und versuchte, sich aus dem Griff zu befreien.
    »Aus dem Weg, du Idiot!«
    Jetzt wurde Ole Storm tatsächlich wütend.
    Mit Schwung stieß er den Polizisten von sich, so dass er rückwärts gegen seine beiden Kollegen stolperte. Einer von ihnen ging mit einem Platschen über Bord, der zweite fiel über den noch an Deck stehenden Seesack. Einen Augenblick lang war Ole geschockt über das, was er da gerade getan hatte. Dann sauste auch schon der Schlagstock des ersten Polizisten auf ihn nieder. Zum Glück hatte er auf dem überdachten Seitendeck nicht richtig ausholen können, und Ole konnte gerade noch seinen Unterarm vor den Kopf heben. Ein gleißender Schmerz durchzuckte seinen Ellenbogen. Dann flüchtete er in das offene Schott und versuchte, die Türe zuzuschlagen. Der Polizist setzte nach und bekam gerade noch seinen Schlagstock dazwischen. Jetzt war auch der zweite Angreifer wieder auf den Beinen, und mit vereinten Kräften warfen sie sich von außen gegen die Tür.
    Ole hielt verzweifelt von innen dagegen. Zum Glück konnte er sich mit den Beinen an einem Absatz in der Wand abstemmen. Sonst hätte er den Stößen in seinem Rücken wohl kaum standhalten können.
    In diesem Moment kam Lina aus der Messe. In der Hand hielt sie einen Koffer. Hülsmeyers Koffer.
    Beide starrten sich einen Moment lang an und nichts weiter passierte. Dann erschien ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht, und das Grün ihrer Augen leuchtete ein weiteres Mal auf. Meeresleuchten, dachte Ole und lächelte zurück. Doch da war sie bereits verschwunden, und Ole meinte, vom gegenüberliegenden Seitendeck ein gedämpftes Platschen zu hören.
    Im nächsten Augenblick splitterten in seinem Rücken die Scharniere aus dem Türholz, und er wurde im hohen Bogen nach vorne in den Gang geschleudert. Dann prasselten die Schlagstöcke auf ihn ein, und es wurde schwarz um ihn. Schwarz wie das Wasser der Förde, in das Lina den Koffer geworfen hatte.
    *
    Als Ole Storm wieder zu sich kam, brummte sein Schädel, als hätte er den Großbaum eines 100er-Seekreuzers dagegen bekommen. Außerdem schien jeder einzelne Knochen in seinem Körper zu schmerzen. Er kniff die Augen zusammen. Über ihm baumelte eine nackte Glühbirne von der Decke. Wo war er?
    Den ersten Versuch, sich aufzusetzen, bezahlte er mit einem stechenden Schmerz im Kopf und einem grauen Flimmern auf der Netzhaut, das untrüglicher Vorbote einer weiteren Bewusstlosigkeit war. Also blieb Ole lieber erst einmal reglos liegen, bis er wieder klar sehen konnte. Dann biss er die Zähne zusammen – immerhin schienen diese noch vollzählig vorhanden! – und versuchte es erneut. Im zweiten Anlauf gelang es ihm, sich

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