Die Farbe des Himmels
Sauer gewandt.
Die Assistentin schüttelte den Kopf. »Nein, er hat wie üblich viel gearbeitet. Ende des Monats wollte er eine Woche frei nehmen. Soviel ich weiß, hatte er vor, mit seiner Frau nach Südfrankreich zu fahren, wo die Familie ein Ferienhaus hat.«
Es hat der Hauser doch sicher wahnsinnig gestunken, mit ihrem Mann nach Südfrankreich fahren zu müssen, wo sie sich garantiert lieber mit dem Schweizer vergnügt hätte, dachte Thea.
»Gab es vielleicht Anrufe, die Ihnen im Nachhinein irgendwie verdächtig vorkommen?«, fragte Messmer.
»Es gab sehr viele Anrufe, aber die betrafen vor allem unsere Frühjahrskollektion. Vielleicht weiß Frau Wiesner mehr«, antwortete Sabine Sauer in geschäftsmäßigem Ton.
»Frau Wiesner?«, fragte Messmer.
»Die Chefsekretärin«, erklärte Klenk.
»Könnten wir mit ihr sprechen?«
»Sie hat sich heute krankgemeldet. Der Tod von Herrn Hauser hat sie sehr getroffen.«
»Und wie war Ihr Verhältnis zu Herrn Hauser, Frau Sauer?«, fragte Thea eher beiläufig.
Die Assistentin sah Thea verwundert an. »Gut. Wieso fragen Sie?
Wie Herr Klenk schon sagte, war Herr Hauser sehr beliebt. Er war ein großzügiger und verständnisvoller Arbeitgeber.« Sabine Sauers Lippen wurden schmal. Die perfekte Assistentin der Geschäftsleitung, die nie aus der Rolle fallen würde.
»Wir müssen noch mit Herrn Merkle sprechen. Wäre das jetzt möglich?«, fragte Messmer, der sich verabschiedete und Sabine Sauers Hand dabei eine Sekunde zu lang festhielt.
»Herr Merkle ist nicht im Haus. Er kommt nur zu wichtigen Besprechungen her. Sie werden ihn aber daheim antreffen«, sagte Sabine Sauer, nickte Walter Klenk und Thea zu und verschwand.
»Herr Kommissar, Frau Engel, falls das alles war, würde ich mich auch verabschieden. Ich habe noch sehr viel zu tun.«
»Wir sind sowieso fertig«, sagte Messmer auf dem Weg zur Tür.
»Wo können wir bitte Frau Wiesner erreichen?«, erkundigte sich Thea.
»Sie wohnt in der Calwer Straße.« Walter Klenk schrieb die Adresse und Telefonnummer der Chefsekretärin auf einen Zettel und reichte ihn ihr. Dann begleitete er sie über den mit dunkelblauem Teppich ausgelegten Flur zum Aufzug.
»Sehr seltsam, meinst du nicht?«, fragte Messmer, als sie wieder auf dem Parkplatz standen. »Ich habe das Gefühl, dass Klenk sich fürchterlich verplappert hat.«
»Finde ich auch. Er machte jedenfalls ein Gesicht wie ein Schuljunge, der beim Abschreiben erwischt worden ist.«
Thea war noch nie geflogen, und eigentlich waren Fernreisen in ihrem Leben immer etwas für andere gewesen. Mit Karo hatte sie früher gerne Pläne von Reisen in warme Länder geschmiedet, aber es war entweder aus finanziellen oder zeitlichen Gründen nie dazu gekommen. Als sie mit Messmer die Rolltreppe zur großen Halle des Stuttgarter Flughafens hinaufglitt, verspürte sie fast so etwas wie Reisefieber. Neugierig sah sie sich um. Die stählernen Dachstützen, die sich nach oben hin verästelten, standen wie kahle Bäume inmitten der hektischen Betriebsamkeit. Durch die Glasoberlichter zwischen den Stahlträgern fielen Bündel von Sonnenstrahlen auf die grauen Bodenfliesen. Thea erinnerte sich, irgendwo gelesen zu haben, dass das Flughafengebäude Anfang der neunziger Jahre mit dem Stahlbaupreis ausgezeichnet worden war. Zur Recht, wie sie fand. Sie wäre gerne zur Besucherterrasse hinaufgestiegen und hätte sich die startenden und landenden Flugzeuge angeschaut. Aber deswegen waren sie nicht hergekommen. Die Sonne stand schon ziemlich tief, und sie verspürte allmählich Hunger.
»Ich kümmere mich um die Passagierlisten, dann kannst du inzwischen zur Gepäckermittlung gehen.« Messmer wollte die Sache offensichtlich auch schnell hinter sich bringen.
»Geht in Ordnung.« Thea klang optimistischer, als sie war, und blickte sich suchend in dem riesigen Komplex um.
»Da drüben ist ein Wegweiser.« Messmer zeigte vage in eine Richtung, wo Thea beim besten Willen nichts Wegweiserähnliches erkennen konnte. »Wir treffen uns in einer Viertelstunde wieder hier.« Sprach’s und verschwand in der Menschenmenge.
Theas Augen überflogen die mehrsprachige Ausschilderung, ohne etwas zu entdecken, das auch nur im Entferntesten an die Gepäckermittlung erinnert hätte. Also fragte sie sich durch.
Der Angestellte im Büro der Gepäckermittlung betrachtete das Foto von Helene Hauser aufmerksam. Thea merkte nicht, dass sie die Luft angehalten hatte. Erst als es ihr eng in der Brust
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