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Die Farbe des Himmels

Die Farbe des Himmels

Titel: Die Farbe des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britt Silvija und Reissmann Hinzmann
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wurde, atmete sie tief durch.
    »Ja, diese Frau war am Donnerstag früh hier und hat den Verlust ihres Koffers gemeldet.«
    »Sie sind ganz sicher?«, fragte Thea und zog ihr Notizbuch aus der Tasche.
    »Absolut. Sie war ziemlich aufgebracht, um nicht zu sagen, stocksauer. Sie hatte eine halbe Stunde am Kofferkarussell gestanden, bis wirklich nichts mehr auf dem Fließband war. Ich hab mich dann darum gekümmert.« Er lächelte Thea an und entblößte eine Reihe makellos weißer Pferdezähne, die Thea stark an Küblers Lieblingsstute Rosinante erinnerten, deren Fotos überall in seinem Büro hingen. »Der Koffer war in Zürich liegen geblieben und sollte mit der nächsten Maschine nachkommen.«
    »Und wann ist die hier gelandet?«
    »Zwei Stunden später, um neun Uhr zehn«, entgegnete der junge Mann eifrig. »Es war aber sicher schon nach halb acht, als wir miteinander sprachen. Die Frau sagte, es lohne sich nicht für sie, nach Hause zu fahren. Sie wollte lieber hier am Flughafen warten. Ich habe ihr geraten, so lange in die ›Welcome Bar‹ zu gehen, und sie sagte, das würde sie tun.«
    »Und wo ist das?«, fragte Thea und sah sich in Gedanken schon wieder durch das Flughafengebäude irren.
    »Terminal drei, Ebene zwei«, antwortete der Mann wie aus der Pistole geschossen. Thea war so schlau wie zuvor. Es blieb ihr also nichts anderes übrig, als sich wieder mal durchzufragen.
    Sie hatte Glück. Messmer stand bereits an der Rolltreppe, einen Ausdruck der Passagierliste in der Hand.
    »Na, wie war’s?«, erkundigte er sich.
    »Sieht so aus, als hätte sie uns die Wahrheit gesagt. Und bei dir?«
    »Es ist kein Maschio verzeichnet. Wenn er nicht unter falschem Namen geflogen ist, können wir davon ausgehen, dass er bei seinem zänkischen Bergvolk geblieben ist.«
    »Einer weniger zur Auswahl«, sagte Thea gleichmütig. »Hast du übrigens eine Ahnung, wo die ›Welcome-Bar‹ ist?«
     
    Die Frau, die hinter den Bergen von Geschirr fast verschwand, starrte die beiden verständnislos an.
    »Sie fragen mich tatsächlich nach jemandem, der vor zwei Tagen hier gewesen sein soll?«
    »Genau das tun wir«, sagte Messmer.
    »Sehen Sie sich doch um. Haben Sie eine Ahnung, wie viele Leute hier täglich reinkommen? Als ob ich mir all die Gesichter merken könnte! Die meisten sehe ich mir gar nicht erst an. Ich werde fürs Arbeiten bezahlt und nicht fürs Glotzen.«
    »Wir auch«, schnauzte Messmer zurück. »Deswegen sind wir hier.«
    Die Frau warf einen kurzen, uninteressierten Blick auf das Foto. »Nö, an die kann ich mich nicht erinnern. Das heißt aber nicht, dass sie nicht hier gewesen sein kann …«
    »Ja, ja, ich weiß. Danke«, unterbrach Messmer sie unwirsch. »Wenn alle Zeugen so kooperativ wären wie Sie, hätten wir sicher keine Aufklärungsrate von neunzig Prozent.«
     
    »Das hat sie gar nicht beeindruckt«, sagte Thea, als sie wieder im Auto saßen.
    »Sie hat es gar nicht verstanden. Glaubst du, die weiß, wie viel neunzig Prozent sind?«
    Schweigend fuhren sie die B 27 über die Fildern in Richtung Stuttgart. Hinter den Feldern, wo der berühmte Spitzkohl angebaut wurde, stand die Sonne schon ziemlich tief.
    »Kurz nach halb acht war sie also noch am Flughafen«, überlegte Thea laut. »Laut Obduktionsbefund wurde Hauser zwischen sieben und acht Uhr umgebracht. Hätte sie es in einer knappen halben Stunde bis nach Hause schaffen können?«
    »Gut möglich. Sie ist noch längst nicht aus dem Rennen.«
    »Aber müsste sie dann nicht auch auf dem Videoband zu sehen sein?«
    »Nicht wenn sie direkt vom Flughafen kam. Dann ist sie vom Süden in die Orplidstraße reingefahren. Die Kamera überwacht aber nur den Teil der Straße, der nördlich von Hausers Villa liegt.«
    »Helene Hauser hätte ihren Mann also durchaus erschlagen können«, sagte Thea. »Dann hätte der Unbekannte vom Videoband Hauser allerdings noch lebend angetroffen. Was kann ihn dann so in Panik versetzt haben?«
    Thea hatte ihre Freundin Karolin im Kinderheim kennen gelernt, wo die beiden sich seit der Schulzeit ein Zimmer teilten. Zunächst waren sie so etwas wie eine Notgemeinschaft gewesen, und jede hatte ihre Einsamkeit vor der anderen sorgfältig verborgen, als gelte es, einen Makel zu verstecken. In einem bestimmten Alter kann das Eingeständnis einer Schwäche tödlich sein, wie eine blutende Wunde in einer Bucht voller Haie. Aber den gemeinsamen Jahren auf so engem Raum hielt die beste Fassade nicht stand, und so hatte sich zwischen

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