Die Farbe des Todes: Ein Veronica-Sloan-Thriller (German Edition)
kriege das hin.«
»Und was ist mit der Liste der Leute, die von dem Tunnel wissen? Hast du sie gekriegt?«
Mark schnalzte ins Telefon. »Japp. Ich komme gerade aus dem Weißen Haus, bin vier oder fünf Stunden da drin gewesen. Ich hab mir von Wilders die Liste geholt und dann mit allen dort gesprochen, deren Namen draufstehen. Anschließend ist Zeiler mit mir rumgewandert, und wir haben geguckt, ob sonst noch irgendwas zu finden war.«
»Und?«
Daniels zögerte, als sei er sich nicht sicher, ob er etwas Bestimmtes äußern solle.
»Was habt ihr gefunden?«
»Vielleicht ist es gar nichts. Könnte sein, dass einer von den Bauarbeitern ihn hat liegen lassen.«
Ronnies Neugier war geweckt. »Wen haben sie denn liegen lassen?«
»Bloß einen kleinen Schlüssel. Die Form ist ungewöhnlich, keine Ahnung, wo der passen könnte.«
Ihr Herz schlug schneller. »Zu einem Safe? Oder einem Datenspeicher?«
»Glaube ich nicht.«
»Sind Fingerabdrücke drauf?«
»Ich hab ihn eingesteckt, ich kriege das raus.«
»Klingt vielversprechend.«
»Hey«, unterbrach Sykes das Gespräch, »wir müssen tanken. Ich denke, ich halte mal an. Hast du Hunger?«
»Deinetwegen habe ich auf ein halbes Pfund Fleisch verzichtet. Ja, ich habe Hunger«, antwortete Ronnie. Sie hatte das Dinner mit Philip Tate sofort abgebrochen, als Sykes sie wegen des Falles in Richmond angerufen hatte. Tate hatte darauf bestanden, sie nach Hause zu fahren, und er schien gar nicht besonders traurig zu sein, dass sie das Restaurant verließen, ohne das bestellte Essen zu verzehren.
Durchs Telefon hörte sie Daniels brummen. »Klingt, als wärst du beschäftigt. Wir sprechen uns später wieder.«
Sykes’ Bemerkung, dass sie Bedenken wegen ihres Partners hatte und dass das Verhältnis zu ihm vielleicht leiden würde, wenn sie eine Liebesbeziehung einginge, klang ihr noch in den Ohren. Oh Mann, der Umgang mit den beiden war wie Seiltanzen. Da Ronnie sich nur auf wenige Männer emotional eingelassen hatte, war sie nie in der Situation gewesen, die Gefühle eines Mannes gegen ihre eigenen Wünsche abwägen zu müssen.
Das – was immer dieses das zwischen Sykes und ihr am Ende auch sein mochte – würde nicht leicht werden.
»Gut«, sagte Ronnie, als Sykes den Blinker setzte und die Ausfahrt ansteuerte. »Nach rechts«, bat sie ihn, als sie das Schild ihrer Lieblings-Fast-Food-Kette entdeckte.
»Jawohl, gnädige Frau«, erwiderte Sykes lachend.
Daniels brummte wieder, offenbar passte es ihm nicht, dass er Ronnies Aufmerksamkeit mit jemand anders teilen musste.
»Ich muss los«, sagte er.
»Okay. Danke für deine Hilfe heute.«
»Hilfe?« Er klang gereizt, gekränkt. »Ich mache hier meinen Job, vergiss das nicht. Ich bin doch kein Laufbursche für dich und deinen Freund vom FBI .«
»Das weiß ich doch.« Ronnie wünschte, sie hätte ihre Worte sorgfältiger gewählt. »Ich wollte mich bedanken, weil du nach den Namen geforscht hast, die ich aus Tates Computer geklaut habe. Ich weiß, dass du mit der Methode, die ich da angewendet habe, nicht einverstanden warst.«
»Einverstanden oder nicht, das spielt keine Rolle, Ron.« Mark klang, als sei er halbwegs beschwichtigt. »Tatsache ist, dass da was faul ist. Ich kriege bestimmt raus, dass die vier anderen Toten auch auf sehr unnatürliche Weise hopsgegangen sind, da wette ich um meine Manga-Porno-Sammlung.«
Nein, diese Wette würde Ronnie nicht annehmen. Zum einen interessierte sie sich nicht die Bohne für vögelnde Cartoonfiguren, zum andern aber war sie genau der gleichen Ansicht wie ihr Partner.
Ronnie beendete das Gespräch und schaute schweigend zu, wie Sykes tankte. Als er vor dem Ausgabefenster des Drive-in hielt, murmelte sie ihre Bestellung, aber auf dem Rest der Fahrt nach Richmond blieb sie still. Sie dachte über all das nach, was Jeremy gesagt hatte. Und über das, was Mark nicht gesagt hatte.
Eigentlich fühlte sie sich nicht als Teil einer Dreiecksbeziehung, denn sie wusste ja, dass Daniels sie im tiefsten Innern auf die gleiche Weise gern hatte wie sie ihn – als Partnerin, als gute Freundin, ja, fast wie eine Schwester. Doch das half nicht gegen ihr verdammt schlechtes Gewissen, weil ihr Partner sich ein bisschen zur Seite geschoben fühlte. Von einem Mann, auf den Ronnie scharf war.
Scharf? Jetzt aber mal ehrlich. Du weißt, dass es mehr ist als das.
Vielleicht. Aber darüber wollte sie nicht nachdenken.
Ronnie stellte das Radio laut, um das Schweigen zu füllen, und
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