Die Farbe des Todes: Ein Veronica-Sloan-Thriller (German Edition)
ein schwaches Lächeln hervorzubringen. Wieder staunte sie über die Geheimnisse der Gene, die Phineas Tate so einen Sohn beschert hatten.
Als sie allein waren, murmelte Sykes: »Du hast also gehört, dass ich wieder da bin und bist hergekommen, weil du mich sehen wolltest, ja?« In seiner Stimme lag nicht die geringste Spur von Ironie, aber Ronnie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er das ironisch gemeint hatte.
»Ich hatte keine Ahnung, was du in Philadelphia machst, und wollte nicht auf dich warten.«
»So, wie ich gestern nicht auf dich gewartet habe?«
Als sie Jeremys fast gekränkten Tonfall hörte, sah sie zu ihm auf und versuchte, sich genau zu erinnern, was er bei seinem Anruf heute früh gesagt hatte. »Du meinst, du hast auf mich gewartet?«
»Ja, natürlich«, erwiderte er schroff. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich dir deinen Fall nicht wegnehmen will. Wir haben den Auftrag bekommen, gemeinsam daran zu arbeiten. Als du wach geworden bist und ich festgestellt habe, dass du bald wieder arbeiten kannst, habe ich alles aufgeschoben, ich bin weder zu deiner Dienststelle gefahren, um die Downloads des Opfers zu untersuchen, noch hierher ins Institut, um an dem Chip zu arbeiten.« Sykes ließ sich neben ihr auf die Bank fallen, so nah, dass ihre Beine sich berührten. Er drang in ihre Privatsphäre ein, nicht bedrohlich, eher vertraulich. Als wisse er, dass sie immer noch ein wenig wacklig und benebelt war, legte er ihr eine Hand auf den Arm, gleich über dem Ellbogen, und stützte sie, ohne sie festzuhalten. »Was ist denn noch nötig, damit du mir vertraust?«
Tja, er hätte vielleicht mehr davon gehabt, wenn er sie gefragt hätte, was noch nötig sei, um mit ihr zu schlafen. Das ging ihr ja bereits durch den Kopf. Bis zu echtem Vertrauen war es jedoch noch ein langer Weg. Einem Mann ihr Vertrauen zu schenken, war für Ronnie viel schwieriger, als mit ihm zu vögeln.
»Ich arbeite daran.«
»Mehr kann ich mir vermutlich nicht erhoffen.«
»Stimmt. Ich muss mit dir zusammenarbeiten. Das heißt aber nicht, dass ich dich mögen muss.«
»Was, du magst mich nicht?« Seine Lippen zuckten.
»Nein, kein bisschen«, fuhr Ronnie ihn an, wütend, weil er sie mit seiner Stichelei zu dieser Aussage provoziert hatte, obwohl sie beide wussten, dass sie eine Lüge war.
»Rede dir das nur schön ein, Sloan.«
Doch, das hatte sie vor. Tag und Nacht, bis Sykes sich wieder nach New York davonmachte, wo er hingehörte, und sie selbst sich von Neuem bemühen konnte, ihn zu vergessen.
Er neigte den Kopf und zog die Brauen zusammen, als versuche er, sich an etwas sehr Wichtiges zu erinnern. »Nur aus Neugier: Hast du dir als Kind jemals diese alten Charlie-Brown- Cartoons angeschaut?«
Die Frage traf Ronnie völlig unvorbereitet. Sie nickte langsam. »Äh … ich glaub schon. ›Frohe Weihnachten, Charlie Brown ‹.«
»Okay.«
Ronnie wartete ab, doch er gab ihr keine Erklärung. Schließlich fuhr sie ihn an: »Und? Was ist damit?«
»Ach, eigentlich gar nichts. Ich habe nur gerade gedacht, dass du mich sehr an Lucy erinnerst.«
Ronnie dachte über seine Antwort nach, versuchte, sich die Zeichentrickfilme ins Gedächtnis zu rufen. Es war Jahre her, dass sie den alten Weihnachtsfilm gesehen hatte, und sie kam beim besten Willen nicht darauf, was Sykes eigentlich meinte.
Nur dass ihr plötzlich wieder einfiel, wie die kleine Lucy aussah. Empört funkelte sie ihn an. »Soll das ein blöder Witz über mein Haar sein? Ich hatte noch keine Zeit, mich darum zu kümmern.«
Jeremy lachte in sich hinein. »Nein, überhaupt nicht. Ich habe eher daran gedacht, dass Lucy immer so gemein zu Charlie Brown war.«
»Ach, hab ich dich gekränkt, Charlie Brown?«
Er überhörte ihren Einwurf. »Und dabei konnte jeder sehen, dass sie so aggressiv und fies zu ihm war, weil sie ihn so gern mochte.«
Ronnie konnte ihn nur noch verdattert anglotzen. »Du hast ja echt ein gesundes Ego, Sykes.«
Er drehte sich zu ihr und legte dabei einen Arm auf die Rückenlehne der Bank, so nah, dass sie fast meinte, sein Gesicht zu spüren. »Wann willst du endlich zugeben, dass du in den vergangenen Monaten fast ununterbrochen an mich gedacht hast?«
»Und wann willst du zugeben, dass nicht alle Frauen dich um jeden Preis wollen?«, knurrte sie.
»Nein, alle Frauen nicht«, erwiderte er. Weiter sagte er nichts, und das war auch nicht nötig. Die Worte, die er nicht sagte, standen klar und deutlich zwischen ihnen. Aber du willst
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