Die Farbe Des Zaubers
Wassers beobacht hatten, zitterten nun vor unverhohlener Angst.
Und Roxane, die dieses Chaos am Himmel ahnte, lachte schallend, denn dies war mehr, als sie zu hoffen gewagt hatte. Sie änderte ihre Taktik und benutzte ihre Macht über die Naturgeister, um das Wasser zurückzuhalten und seitwärts in die Stadt zu lenken.
Sogar durch den Schutzschirm der Hexe spürte Gilla die Gewalt des Windes. Roxane hatte sich nach wie vor in ihrer Zauberkammer eingeschlossen, doch obwohl ihre Knechte keine Einzelheiten kannten, teilten sie Roxanes Gefühle, und die Atmosphäre wachsender boshafter Freude erschreckte Gilla. Was tat sich in Freistatt?
Sie beugte sich über eine Kiste, in die sie die Scherben eines teueren Eßgeschirrs geworfen hatte — sie war hinter Säcken verrottender Rüben in der Vorratskammer darauf gestoßen — und schob sie durch das Gemach. Dieses Haus brauchte keinen Besen, sondern eine Schaufel! Noch vornübergebeugt schaute sie sich um.
Die zwei Hausschlangen lagen zufrieden zusammengeringelt in ihren Körben vor dem Herd. Drei versklavte Seelen saßen am Tisch und wiegten sich nachdenklich. Schnapper Jo stand zwischen ihr und der Küchentür und saugte abwesend an einem alten Knochen.
Er spürte ihren Blick und grinste. »Hübsch und sauber. Gebieterin wird sich freuen. Fette Dame macht Haus hübsch und sauber, und Herrin wäscht die Stadt!« Begeistert über den Witz seiner Bemerkung fing er zu lachen an. »Wäscht alle Kinder weg, dann ist Schnapper Jo Sohn von fetter Dame!«
Gilla verkrampfte die Hände in ihrer Schürze, um zu verhindern, daß sie sich nicht von selbst um den dünnen Hals des Dämons legten und ihm die Gurgel zudrehten. Zu Hause hätte sie mit etwas geworfen — wenn sie daheim gewesen wäre, hätte sie längst mit allem möglichen geschmissen! Sie spürte, wie die Wut in ihrem Bauch brodelte; sie war wie ein Kessel mit dichtem Deckel kurz vor dem Explodieren. Zitternd vor Zorn hob sie die Kiste mit den Geschirrscherben und marschierte damit zur Tür.
»Fette Dame darf nicht hinaus ...«, begann Schnapper Jo.
»Große Gebieterin sagte, ich darf Hausputz machen — und das tue ich, du warzenbedeckter Schwachkopf, also geh mir aus dem Weg!« knirschte Gilla durch die Zähne.
Der graue Dämon runzelte die Stirn, machte unentschlossen einen halben Schritt und bemühte sich, die Widersprüche auf einen Nenner und Sinn in die ihm unbekannten Worte zu bringen. Gilla rempelte ihn zur Seite, verlagerte ihre Last und stieß die Tür mit dem Fuß auf. Wässeriges Licht filterte durch die schimmernde Innenseite der Schutzblase um das Haus. Gilla holte tief Luft, spannte sich und schmetterte die Kiste mit aller Kraft ihrer angestauten Wut dagegen.
Sie flog dabei einen Bogen, daß Scherben herausfielen und ihr wie ein Kometenschweif folgten, dann barst sie hindurch.
Gilla drehte sich bereits um, um eine neue Ladung hinterher zu schmeißen, als sie ein Reißen wie von einem Bettuch hörte und ein Windstoß sie ins Schwanken brachte. Über die Schulter sah sie, wie die letzten Fetzen der Schutzblase im Sturm davonwirbelten.
Der Wind fegte durch die Küche, kippte den Tisch um, so daß Schnapper Jo zur Seite springen mußte. Gilla packte einen Mülleimer, hieb ihn auf einen Sklaven, leerte einen anderen über die Schlangen aus, sah, wie der Dämon sich fing und auf sie zukam, und schnappte sich ihren Besen. Ein Sklave taumelte vorwärts. Der Besenstiel krachte auf seinen Kopf und warf ihn blutend in Schnapper Jos Arme.
Gilla stemmte die Füße auf den Boden und schwang den Besen erneut, doch der Dämon starrte auf das bißchen Blut, das über die Haut des Sklaven rann. Knochige Finger spannten sich, und der untote Sklave wehrte sich. Schnapper Jo zog die dünnen Lippen von den rasiermesserscharfen Zähnen zurück.
»Frisches Fleisch« , sagte er mit dicker Stimme.
Ohne auf den Tumult ringsum zu achten, machte er sich daran zu fressen.
Bevor noch etwas sie aufhalten konnte, stieß Gilla den Rest der Müllkisten um, stapfte durch die Tür und schmetterte sie von außen zu. Dann plagte sie sich keuchend durch eine schlammige Unkrautwildnis. Vor ihr ragten die regendunklen Mauern der Lagerhäuser empor, und dahinter war die Brücke, die sie überqueren mußte, um nach Hause zu gelangen.
Lalo bückte sich fröstelnd, faßte das Ende des Stammes und nickte Vedemir zu. Unter dem Gewicht taumelnd, schleppten sie ihn zum Rand des Flusses, wo ein Stiefsohn, vier stämmige Soldaten vom 3.
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