Die Farben der Finsternis (German Edition)
Cass. »Und schicken Sie mir alles, was Sie über den familiären Hintergrund der beiden Frauen herausfinden können. Da bin ich neugierig.«
»Ist schon so gut wie erledigt.«
Danach scrollte Cass in seinem Adressverzeichnis, bis er den Eintrag von Dr. Tim Hask gefunden hatte. Er rief in seinem Büro an.
»Mr Jones, was für eine nette Überraschung!« Hask klang so munter wie immer. »Rufen Sie beruflich oder privat an?«
»So gern ich einfach ein wenig mit Ihnen plaudern würde, wäre das heute glatt gelogen. Ich muss Ihr Hirn auf eine Sache anzapfen, die einige Jahre zurückliegt. Wo liegt Ihr Büro? Kann ich vielleicht kurz vorbeikommen?«
»Klingt spannend. Ich arbeite im ISISOR-Gebäude in der City und hänge den ganzen Tag hier fest. Sie können also kommen, wann Sie wollen. Worum geht es genau?«
»Um das psychologische Gutachten einer Frau namens Abigail Porter – sie gehört zum Personenschutzteam der Premierministerin. Ihre persönliche Bewertung fehlt in der Akte.«
»Ich kann mich an sie erinnern. Sehr groß und sehr attraktiv.«
»Bingo.«
»Ich habe die Notizen zu ihrem Gutachten irgendwo in meinem Laptop. Geben Sie mir zwanzig Minuten, dannbin ich für Sie da. Ich brauche ohnehin eine Pause von diesem banalen Kram.«
»Und ich brauche eine Ausrede, um aus dem Büro zu kommen.«
Cass legte auf, kramte den Zettel mit Dr. Gibbs’ Privatnummer hervor und rief an. Doch niemand ging ans Telefon. Er hatte Gibbs’ Handynummer bereits in sein eigenes Handy eingegeben, aber auch dort meldete sich nur die Mailbox. Offenbar hatte der Arzt Dienst; Cass beschloss, ihn nach dem Gespräch mit Hask im Krankenhaus aufzusuchen.
Armstrong klopfte an die Tür, öffnete sie und betrat grinsend das Büro.
»Wir haben was.«
Cass hob den Blick. »Schießen Sie los.«
»Bis auf Angie Lane sind all unsere toten Studenten über einen Zeitraum von sechs Wochen dienstagabends zur U-Bahn-Station Temple gefahren. Sie kamen dort ungefähr um halb acht an und fuhren gegen halb elf wieder nach Hause. Jasmine Green nahm den Bus 42a, der am Embankment hält, direkt neben der U-Bahn.«
»Und wann war das?« Eine Sekunde lang waren alle Gedanken an Abigail Porter, Mr Bright und sogar Luke wie weggewischt. »Sind sie alle während derselben sechs Wochen dorthin gefahren?«
»Nein«, präzisierte Armstrong. »Sie waren nicht zur selben Zeit da, aber es gibt Überschneidungen. Wir wissen zwar nicht, wo sie waren, aber einige Wochen lang waren sie alle gemeinsam dort.«
»Und wann war das? Kurz bevor sie starben?«
»Nein, aber die Zeitspanne zwischen dem Ende des sechswöchigen Turnus und ihrem Tod ist bei allen ungefähr gleich: circa vier Wochen.«
Cass runzelte die Stirn. »Das müssen Sie mir genauer erklären.«
»James Busby fuhr am 14. Juli zum ersten Mal nach Temple. Das machte er sechs Wochen lang und hörte dann wieder auf. Vier Wochen nach seiner letzten Fahrt dorthin schrieb er ›Chaos im Dunkel‹ in eine SMS an seine Mutter und schnitt sich in der Badewanne die Pulsadern auf. Katie Dodds begann eine Woche nach Busby mit diesen Besuchen im Temple-Bezirk, genau am 21. Juli. Sie absolvierte ihre sechs Wochen und starb dann, knapp vier Wochen nachdem sie damit aufgehört hatte. Sie beging vier Tage nach Busby Selbstmord. Cory Denter fing am 28. Juli an, Jasmine Green und Hayley Porter in der Woche darauf. Da Angie Lane nur wenige Tage vor Cory Denter starb, können wir wohl davon ausgehen, dass sie auch mit ihren sechswöchigen Fahrten nach Temple zur selben Zeit angefangen hat.«
Cass schaute auf den abgerissenen Wandkalender. »Also läuft es darauf hinaus, dass sie drei Wochen lang gleichzeitig dorthin gefahren sind. Der Ort, zu dem sie unterwegs waren, ist die Verbindung. Dort müssen sie sich getroffen haben. Aber warum sind bei Angie Lane keine entsprechenden Fahrten dokumentiert?«
»Es war Sommer und sie wohnte direkt am gegenüberliegenden Ufer, höchstens eine Meile entfernt. Vielleicht ist sie zu Fuß gegangen oder hat sich ein Taxi genommen.«
»Und vier Wochen nach dem Ende ihrer unbekannten Tätigkeit haben sie sich das Leben genommen«, sinnierte Cass. »Warum erst dann?« Er riss sich von diesen Gedanken los und wandte sich wieder Armstrong zu.
»Schnappen Sie sich zwei oder drei Polizisten und zeigen Sie an der Fleet Street vergrößerte Fotos von unseren Studenten. Gehen Sie in alle ansässigen Geschäfte, die üblicheRoutine. Vielleicht erkennt sie jemand. Und Sie sehen sich jedes
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