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Die Farben der Freundschaft

Titel: Die Farben der Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linzi Glass
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willen.« Damit machte er auf dem Absatz kehrt und marschierte aus der Galerie. Ich stand wie gelähmt da, die Konturen der Schmutzflecke, die seine klobigen Stiefel hinterlassen hatten, verschwammen vor meinen Augen.
     
    Nach dem Abendessen erzählte ich Vater von dem Zwischenfall mit dem Geheimpolizisten in der Galerie. Julian glänzte durch Abwesenheit, und ich befürchtete, dass eher ich daran schuld war als das Bild, an dem er angeblich noch arbeiten müsse, wie er Mutter vor dem Essen erklärt hatte.
    »Absagen! Das kommt ja gar nicht infrage, David!« Mutter versuchte, sich größer zu machen, um Vater auf Augenhöhe gegenüberzustehen. »Dafür hat Julian zu hart gearbeitet. Ich lasse mir nicht durch Angstmacherei und vage Drohungen das Leben verderben oder vorschreiben, wie ich meine Galerie zu führen habe!« Sie stemmte die Hände in die Hüften und sah zu Vater auf, aber der wandte sich ab, ging zur Hausbar im Wohnzimmer und schenkte sich aus einer Kristallkaraffe einen bernsteinfarbenen Drink ein.
    »Die wissen doch Bescheid, Annabel. Sie werden eine Razzia machen. Es wird Verhaftungen geben oder Schlimmeres …« Er leerte das Glas in einem hastigen Zug und ließ sich in einen Sessel sinken.
    Normal. Sei wie immer. Erzähl von der Schule.
    »Ich hab ein A im Geschichtstest bekommen«, sagte ich strahlend, aber keiner hörte zu.
    »Das sieht dir überhaupt nicht ähnlich, David. Der Mann, den ich geheiratet habe, sagte einmal, dass er nie klein beigeben würde. Dass wir für unsere Überzeugung leben, vielleicht sogar sterben würden.« Mutter lief zu seinem Sessel und beugte sich über ihn, sodass ihr Gesicht nur wenige Zentimeter von Vaters entfernt war.
    »Das war vor …«
    »Vor was?« Mutters Stimme wurde schrill.
    »Vor Ruby. Das war, bevor wir ein Kind hatten, Annabel«, sagte Vater leise.
    Mutter richtete sich langsam auf und drehte sich zu mir um. Bis zu diesem Moment schien sie gar nicht bemerkt zu haben, dass ich auch anwesend war. Sie blinzelte ein-, zweimal, als würde sie mich gerade erst entdecken.
    »Ruby, Liebling, du verstehst mich doch, oder? Du spielst eine so große Rolle bei dem Ganzen. Du bist Julians Muse geworden. Und denk an die viele Zeit, die du in die Galerie gesteckt hast, für die Ausstellung …« Tränen stiegen ihr in die Augen, und ihre Stimme stockte. »The show must go on … verstehst du?«
    Ihre Stimme zitterte. Ich rührte mich nicht, obwohl sie mir ihre ausgebreiteten Arme entgegenstreckte. Es waren also ihre Künstler, die Mutter am meisten bedeuteten. Aber das begriff ich erst in diesem Augenblick.
    »Ja, Mutter. The show must go on«, sagte ich, drehte mich um und stürmte hinaus. Vaters zornige Worte hallten hinter mir her, während ich die Treppe zu meinem Zimmer hinaufrannte, immer zwei Stufen auf einmal nehmend.
    »Hör zu, Annabel, das werde ich nichtakzeptieren! Himmel noch mal! Du bringst uns alle in Gefahr. Einschließlich deinen Star Julian!« Er musste sein Glas auf den Boden geschleudert haben, denn ich hörte das Splittern.
    Ich lag auf meinem Bett und lauschte dem melancholischen Pfeifen eines Dikkop-Vogels vor dem geöffneten Erkerfenster. Es erinnerte mich daran, dass Vater einmal gesagt hatte, manche Menschen hielten diese klagenden, lang gezogenen Rufe für Vorboten dunkler Ereignisse, er persönlich fände sein Pfeifen dagegen ergreifend schön. Ich spürte die kühle Nachtluft und versuchte, den gleichen angenehmen Ton im Rufen des kleinen Vogels zu hören wie Vater, aber es gelang mir nicht.
    Julians Ausstellung würde stattfinden, das wusste ich, und ich hätte es auch nicht anders gewollt. Aber in meinem Inneren braute sich etwas zusammen wie Gewitterwolken. Es war Vater, der mich vor der Welt beschützte. Er würde mich nie in Gefahr bringen. In mir zerplatzte etwas mit einem stechenden Schmerz. Für meine Mutter kam vor mir also eine Schar bekannter und unbekannter Künstler, die bei ihr Zuflucht suchten und für deren Sicherheit und Wohlergehen sie mit ihrem standhaften Engagement sorgte. Plötzlich erinnerte ich mich an das Bild von Lorettas Mutter, auf dem sie ihr kleines Mädchen so zärtlich festhielt; ich sah den fürsorglich um die Tochter gelegten Arm vor mir, und da wusste ich, dass sie, würde sie noch leben, Lorettas Zuflucht wäre und dass immer die Sicherheit ihrer Tochter für sie an erster Stelle stehen würde.

16
    IN den Tagen vor dem Disco-Ball glich die Schule einem aufgestörten Ameisenhaufen. Ich musste zu Miss

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