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Die Farben der Freundschaft

Titel: Die Farben der Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linzi Glass
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selbstsicher in Händen und traten unruhig von einem Fuß auf den anderen, während Mutter herumging und die Besucher der Reihe nach aufforderte, ihre Arme zu senken.
    Der Geheimpolizist mit den stahlharten Augen trat seine Zigarette auf dem glatten Fußboden der Galerie aus und blickte von einem Journalisten zum anderen. Mit einer derart starken Medienpräsenz hatte er offenbar nicht gerechnet. Nicht im Traum wäre ihm eingefallen, dass sich angesehene Zeitungen aus aller Welt für die Kunst eines Schwarzen aus Soweto interessieren könnten.
    Als Tochter politisch engagierter Eltern hatte ich im Lauf der Jahre gelernt, dass ein Regime, das sein Land mithilfe von Angst und Folter regierte, kaum etwas mehr hasste als die Presse, besonders die ausländische. Südafrika ließ vor anderen Nationen gern sein Gold und seine Diamanten glitzern, seine brutale Unterdrückungspolitik verschleierte es mit Zensur und Gesetzen.
    Gespannt sah ich zu, wie der Polizist seinen Leuten mit einer Geste befahl, die Waffen zu senken. Als hätten die auf die Besucher gerichteten Gewehre ihre Kraft verloren.
    »Wenn Sie nun bitte so freundlich wären, meinem Mann zu antworten«, sagte meine Mutter unerschrocken. »Wo ist Mr. Mambasa?«
    »Verhaftet.« Der Kriminalbeamte grinste höhnisch. Die Menschen im Raum schnappten hörbar nach Luft. »Er hatte seinen Pass nicht bei sich, als ich …«
    »Als Sie ihm vor der Galerie auflauerten und sich auf ihn stürzten, sobald er allein war?« Mutter ging auf den Polizisten zu. »Ihr Name ist …?«, sagte sie – und zu dem Journalisten des San Francisco Chronicle , an dem sie gerade vorüberkam: »Notieren Sie bitte.« Der Reporter, nun längst nicht mehr so eingeschüchtert, zog Stift und Schreibblock aus der Brusttasche seiner Jacke und begann mitzuschreiben.
    »Mein Name ist Groenewald, Kriminalbeamter bei der Sicherheitspolizei«, knurrte der Polizist und sah zu dem Journalisten. »Soll ich es für den Yankee buchstabieren?«
    Hastig schüttelte der Reporter den Kopf.
    »Wo befindet sich mein Klient jetzt?« Vater hatte sich neben Mutter gestellt. Am liebsten wäre ich hingegangen, hätte sie alle beide umarmt und geweint oder gelacht, aber ich blieb reglos stehen, eine Hand immer noch neben Julians Bild. Etwas hatte Groenewald auf dem Kunstwerk übersehen. Wenn man direkt davorstand, konnte man nämlich erkennen, dass die Wäscherin über angedeutete Engelsgesichter lief, die dem Betrachter durch den Staub des mit Schlaglöchern übersäten Weges entgegenblickten. Die wunden schwieligen Füße der alten Frau gingen über die mitfühlenden Gesichter der Engel, die den Schmerz jedes ihrer Schritte abzumildern versuchten.
    Dass Groenewald, der Kriminalbeamte, dies nicht bemerkt hatte, überraschte mich nicht. Er wäre nie auf die Idee gekommen, auf einer staubigen Straße von Soweto nach Engeln zu suchen.
     
    Am Ende wurde Julians Ausstellungsnacht zu einer Nacht des Triumphs. Groenewald und seine Leute versuchten, mit tyrannischem Gehabe ihre Macht zu demonstrieren, indem sie die Pässe aller anwesenden Schwarzen zu sehen verlangten. Zum Glück hatten alle gültige Papiere bei sich. Schließlich zog der Kriminalbeamte mit seiner Truppe wütend ab, ohne eine einzige Person verhaftet zu haben, auch nicht Julian. Den hatte man in einem Polizeiwagen auf dem Parkplatz festgehalten, bis Mutter, wie immer auf eventuelle Unannehmlichkeiten vorbereitet, Julians geheiligten Pass zum Vorschein brachte. Sie hatte ihn sicherheitshalber in ihrer Tasche verwahrt. Dieser Pass bescheinigte Julian, dass er sich in Johannesburg und in Sandton, wo die Galerie lag, aufhalten durfte. Dafür hatte Mutter gesorgt.
    Groenewald und seine Männer schauten sogar noch zu, wie Dashel, Thandi und ich die »Tarn-Tabletts« an unsere schwarzen Galeriebesucher verteilten, die sich sogleich wie angemietetes Dienstpersonal verhielten. Und Bedienstete zur Aushilfe einzustellen, das war nicht verboten, wie Mutter betonte. Bevor sie mit ihrer Ansprache begonnen habe, so erklärte sie dem Sicherheitsbeamten, habe sie die schwarzen Hilfskräfte gebeten, ihre Tabletts in der Küche abzustellen. Die Gäste sollten mit ungeteilter Aufmerksamkeit zuhören. Diesem Argument konnte der Polizist nichts entgegensetzen.
    Nachdem man Julian die Handschellen abgenommen und ihn aus dem Polizeiwagen entlassen hatte, kam er durch die Küchentür in die Galerie und wurde von minutenlangem tosendem Applaus empfangen. Glücklich entfernten wir die

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