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Die Farben der Magie

Die Farben der Magie

Titel: Die Farben der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Dryaden? Wenn er sich recht entsann, war das Baumvolk schon vor Jahrhunderten ausgestorben. Wie die meisten anderen Zwielicht-Völker hatte es nicht mit dem evolutionären Ehrgeiz der Menschen mithalten können. Nur Elfen und Trolle überlebten, als sich der Mensch auf der Scheibenwelt ausbreitete. Die Elfen, weil sie einfach zu schlau waren. Und die Trolle… Nun, sie nahmen es mühelos mit der hinterhältigen und habgierigen Gemeinheit der Menschen auf. Aber die Dryaden – sie hätten eigentlich längst tot sein müssen, ebenso wie Gnome und Elfen.
    Das Rauschen (oder Donnern?) im Hintergrund wurde lauter. Manchmal tanzte goldenes Flackern über die durchsichtigen Wände und verschwand im gelben Dunst weit oben. Irgendeine Art von Energie vibrierte in der Luft.
    »O unfähiger Zauberer, jetzt zeigen wir dir wahre Magie«, intonierte Druellae. »Nicht deine wieselgesichtige zahme Magie, sondern Wurzelund-Ast-Magie. Alte Magie. Wilde Magie. Sieh nur!«
    Etwa fünfzig Frauen bildeten eine Gruppe, faßten sich an den Händen und wichen zurück, bis sie einen großen Kreis bildeten. Die übrigen Dryaden stimmten einen dumpfen Gesang an. Als Druellae nickte, drehte sich der Kreis entgegengesetzt.
    Rincewind beobachtete das Geschehen immer gebannter, als sich der Kreis schneller drehte, als die sanfte Melodie ein dichtes akustische Muster formte. Während des Studiums hatte er von der Alten Magie gehört, obgleich sie für Zauberer verboten war, und daher wußte er: Wenn sich der Kreis schnell genug im stationären magischen Kraftfeld der ebenfalls rotierenden Scheibenwelt drehte, so bewirkte die astrale Reibung einen großen Potentialunterschied, was Entladungen der elementaren magischen Energie zur Folge hatte.
    Der Kreis war jetzt nur noch ein Schatten, und der Gesang hallte von den Wänden des Baumes wider…
    Rincewind spürte ein vertrautes Prickeln im Nacken – es wies ihn auf die unmittelbar bevorstehende Entladung purer Thaumaturgie hin. Es überraschte ihn nicht, als einige Sekunden später eine Lanze aus hellem oktarinen Licht von der unsichtbaren Decke herabsauste und mit lautem Knistern die Mitte des Kreises traf.
    Ein Bild entstand und zeigte einen baumgesäumten, sturmgepeitschten Hügel, auf dessen Kuppe sich Tempelmauern erhoben. Die Form jenes Bauwerks weckte tiefes Unbehagen im Betrachter. Rincewind wußte, daß es acht Seiten haben mußte, wenn es sich wirklich um den Tempel BelShamharoths handelte. (Acht – so lautete Bel-Shamharoths Zahl. Aus diesem Grund vermied es jeder vernünftige Zauberer, sie auszusprechen. Man muß immer achtgeben, so warnte man die Studenten der Unsichtbaren Universität. Man muß immer darauf achten, daß man nicht achtlos wird. Bel-Shamharoths Aufmerksamkeit wurde insbesondere von magischen Amateuren und thaumaturgischen Pfuschern geweckt, die sich wie Strandgutsammler am Ufer des Unnatürlichen herumtrieben und bereits halb in seinem Netz steckten. Rincewind erinnerte sich an seine Zimmernummer im Wohnheim der Universität: 7a. Sie hatte ihn nicht überrascht.)

    R egen strömte über die schwarzen Mauern des Tempels. Das einzige Zeichen von Leben war das draußen angebundene Pferd – und es gehörte nicht Zweiblum. Es schien viel zu groß zu sein: ein weißes Roß mit tellergroßen Hufen und einem ledernen Geschirr, an dem protziges Gold glitzerte. Derzeit erfreute es sich an dem Inhalt eines Futtersacks.
    Aus irgendeinem Grund wirkte es vertraut auf Rincewind. Er glaubte, es schon einmal gesehen zu haben.
Außerdem: Es schien in der Lage zu sein, recht hohe Geschwindigkeiten zu erreichen – und sie auch für längere Zeit halten zu können. Rincewind brauchte jetzt nur noch seinen Wächtern zu entkommen, sich einen Weg aus dem Baum zu kämpfen, den Tempel zu finden und das Pferd zu stehlen, in der Hoffnung, daß sein Besitzer lange genug mit BelShamharoth beschäftigt blieb.
»Offenbar besteht die Mahlzeit der Gefährlichen Acht heute aus zwei Gängen«, merkte Druellae an und bedachte Rincewind mit einem durchdringenden Blick. »Wem gehört das Pferd, falscher Zauberer?«
    »Keine Ahnung.«
    »Tatsächlich nicht? Nun, spielt keine Rolle. Wir werden es bald erfahren.«
Sie hob die Hand und winkte. Der Fokus des Bildes geriet in Bewegung, sauste durch ein achteckiges Portal und folgte dem Verlauf eines Flurs.
Wenige Sekunden später wurde eine Gestalt sichtbar, die sich vorsichtig an der Wand entlangschob. Rincewind bemerkte das Schimmern von Gold und Bronze.
Der

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