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Die Farben der Magie

Die Farben der Magie

Titel: Die Farben der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Steine.
    »Die Sache gefällt mir nicht«, sagte der Bilderkobold aus dem Kasten, der am Halsriemen des Touristen hing.
    »Warum nicht?« fragte Zweiblum.
»Hier ist es unheimlich.«
    »Aber du bist ein Dämon. Warum sollten Dämonen irgend etwas als unheimlich bezeichnen? Ich meine, was ist schon unheimlich für jemanden wie dich?«
    »Oh, du weißt schon«, entgegnete der Bilderkobold. Er sah sich nervös um und verlagerte das Gewicht von einer Klaue auf die andere. »Dinge. Und so.«
    Zweiblum bedachte ihn mit einem strengen Blick. »Welche Dinge?«
    Der Dämon hüstelte nervös. (Dämonen atmen nicht, aber jedes intelligente Wesen – ob es atmet oder nicht – hüstelt nervös, wenn es den richtigen Augenblick für gekommen hält. Der Bilderkobold nahm jetzt die Gelegenheit wahr, diese Tradition fortzusetzen.)
    »Oh, Dinge«, antwortete er kläglich. »Unheilvolle Dinge. Dinge, über die wir nicht gern reden, wenn du verstehst, was ich meine, Meister.« Zweiblum schüttelte enttäuscht den Kopf. »Wenn doch nur Rincewind hier wäre«, sagte er. »Er wüßte bestimmt, worauf es ankommt.«
    »Rincewind?« höhnte der Dämon. »Ich bezweifle, ob ein Zauberer hierherkommt. Magier können die Zahl Acht nicht ausstehen.« Erschrocken preßte sich der Bilderkobold die Hand auf den Mund.
    Zweiblum blickte zur Decke hoch.
»Was war das?« fragte er. »Hast du etwas gehört?«
    »Ich? Etwas gehört? Nein! Überhaupt nichts!« Der kleine Dämon sprang in den Kasten zurück und warf die Klappe hinter sich zu. Zweiblum klopfte an, und daraufhin öffnete sich die winzige Tür einen Spaltbreit.
    »Es klang wie ein Stein, der sich bewegte«, erklärte er. Wieder fiel die Tür zu. Der Tourist hob die Schultern.
»Wahrscheinlich stürzt der Tempel langsam ein«, murmelte er und stand auf.
    »Heda!« rief er. »Hört mich jemand?«
MAND, And, Nd, antworteten die dunklen Tunnel.
»Hallo?« fügte Zweiblum hinzu.
LO, Ho, Oh.
»Ich weiß, daß jemand hier ist. Ich habe euch gerade beim Würfelspiel gehört.«
HÖRT-hört.
»Wißt ihr, ich…«
Der Tourist unterbrach sich. Der Grund dafür war ein heller Lichtfleck, der knapp zwei Meter vor ihm leuchtete. Das Glühen dehnte sich, und nach einigen Sekunden wurden die Umrisse eines Mannes erkennbar, der ein Geräusch von sich gab. Nein, das stimmte nicht ganz. Es handelte sich um ein Geräusch, das ihn schon seit einer ganzen Weile begleitete: der Splitter eines Schreis, gefangen in einem endlos gedehnten Sekundenbruchteil.
    Die schimmernde Gestalt erreicht die Größe einer Puppe – ein verzerrtes Etwas, das sich wie in Zeitlupe um die eigene Achse drehte, während es mitten in der Luft hing. Zweiblum fragte sich, warum er gedanklich den Ausdruck ›Splitter eines Schreis‹ benutzt hatte – er bereute es nun.
    Der strahlende Mann entwickelte eine gewisse Ähnlichkeit mit Rincewind. Der Mund des Zauberers stand offen, und seltsames Licht fiel auf sein Gesicht. Es stammte – wovon? Von sonderbaren Sonnen, fand Zweiblum. Von Sonnen, die Menschen für gewöhnlich nicht sahen. Er schauderte.
    Der rotierende Magier war nun halb so groß wie ein durchschnittlicher Mensch. Er wuchs schneller; irgend etwas waberte, gefolgt von lautem Zischen und einer akustischen Explosion. Rincewind fiel aus der Luft und schrie. Er prallte auf den Boden, keuchte, rollte sich ab, schlang die Arme schützend um den Kopf und krümmte sich zusammen.
    Als sich die Staubwolke legte, ging Zweiblum in die Hocke und klopfte Rincewind behutsam auf den Rücken. Der menschliche Ball rollte sich noch fester zusammen.
    »Ich bin's«, sagte der Tourist freundlich. Der Zauberer lockerte die Muskeln, aber nur ein wenig.
»Was?« fragte ich.
»Ich bin's, Zweiblum.«
Rincewind sprang mit einem Satz auf die Beine und packte den kleinen Mann verzweifelt an den Schultern. In seinen weitaufgerissenen Augen flackerte es.
»Sag sie nicht!« zischte er. »Wenn du sie nicht sagst, kommen wir vielleicht mit heiler Haut davon!«
    »Davon? Du willst schon wieder fort? Aber du bist doch gerade erst eingetroffen…«
    »Sag sie nicht!«
Zweiblum wich vor dem Irren zurück.
»Was soll ich nicht sagen?«
    »Die Zahl!«
    »Die Zahl?« wiederholte Zweiblum. »Rincewind, ich glaube, du…«
    »Ja, die Zahl! Zwischen sieben und neun. Vier plus vier!«
    »Was, ach…«
Rincewind preßte dem Touristen die Hand auf den Mund. »Wenn du sie sagst, ist unser Schicksal besiegelt. Denk nicht einmal daran. Vertrau mir!«
    »Ich verstehe überhaupt

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