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Die Farben der Magie

Die Farben der Magie

Titel: Die Farben der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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nicht, was du meinst!« klagte Zweiblum. Rincewind entspannte sich; in seinem Fall bedeutete es, daß eine Violinensaite im Vergleich zu ihm wie eine Schüssel mit Wackelpudding wirkte.
    »Komm«, sagte er, »suchen wir nach einem Ausgang. Vielleicht gelingt es mir unterwegs, dir alles zu erklären.«
Nach dem ersten Zeitalter der Magie bestand ein großes Problem darin, die Grimoires auf der Scheibenwelt zu beseitigen. Zauber bleibt Zauber, selbst wenn er vorübergehend in die Gefangenschaft von Pergament und Tinte gerät. Er neigt dazu, seine Kraft zu entfalten. Normalerweise ergeben sich keine Schwierigkeiten daraus, solange der Eigentümer des jeweiligen Zauberbuchs lebt, doch nach seinem Tod verwandelt es sich in unkontrollierte Macht, die nur schwer gebändigt werden kann.
    Anders ausgedrückt: Ständig sickert Magie aus Zauberbüchern. Man hat es mit verschiedenen Lösungen versucht. In den peripheren Ländern beschwerte man die Bücher toter Zauberer mit Pentagrammen aus Blei und warf sie über den Rand. Im Mittland gab es weniger zufriedenstellende Alternativen. Eine bestand darin, die bedrohlichen Bücher in Behältern aus negativ polarisiertem Oktiron unterzubringen und sie an besonders tiefen Stellen des Meeres zu versenken. (Zuerst wurden die Grimoires in tiefen Höhlen vergraben, aber diese Praxis gab man auf, als sich die Bewohner der betreffenden Regionen über wandernde Bäume und fünfköpfige Katzen beschwerten.) Es dauerte allerdings nicht lange, bis Magie daraus entwich, und schließlich wiesen Fischer auf Schwärme aus unsichtbaren Fischen und übersinnlich begabte Venusmuscheln hin.
    In einigen Zentren der Zauberei fand man eine zeitweilige Lösung, indem man große Kammern aus denaturiertem Oktiron konstruierte – diese Substanz eignet sich gut für die thaumaturgische Entsorgung, denn es kann nicht von Magie durchdrungen werden. Dort lagerte man die gefährlicheren Grimoires, bis ihre magische Strahlung nachließ.
    So kam es, daß man in der Unsichtbaren Universität das Oktav aufbewahrte, die Nummer Eins aller Zauberbücher (früher hatte es dem Schöpfer des Universums gehört). Rincewind ließ sich von einer Wette dazu verleiten, es aufzuschlagen. Ihm blieben nur wenige Sekunden, um einen Blick hineinzuwerfen, bevor er gleich mehrere magische Alarme auslöste. Aber die Zeit genügte für einen Zauberspruch, von der Seite zu springen und sich in seinem Gedächtnis niederzulassen wie eine Kröte auf einem Stein.
»Und dann?« fragte Zweiblum.
    »Oh, sie haben mich verprügelt. Und hinausgeworfen.«
    »Und niemand weiß, was der Zauberspruch bewirkt?«
Rincewind schüttelte den Kopf.
»Er verschwand aus dem Buch«, sagte er. »Die Wirkung der magischen Formel wird erst dann klar, wenn man sie ausspricht. Oder wenn ich sterbe. Dann sagt sie sich selbst. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was es mit dem Zauberspruch auf sich hat. Vielleicht zerstört er das Universum oder beendet die Zeit.«
    Zweiblum klopfte ihm auf die Schulter.
»Es hat keinen Sinn, darüber nachzugrübeln«, sagte er fröhlich. »Laß uns die Suche nach einem Ausgang fortsetzen.«
    Erneut schüttelte Rincewind den Kopf. Das Entsetzen war von ihm gewichen. Vielleicht hatte er die innere Mauer des Grauens durchbrochen und die ruhige Zone dahinter erreicht. Jedenfalls zitterte er nicht mehr.
    »Es gibt keine Rettung für uns«, erwiderte er. »Die ganze Nacht über sind wir unterwegs gewesen. Ich sage dir: Dieser Ort gleicht einem Spinnennetz. In welche Richtung wir uns auch wenden, wir erreichen in jedem Fall die Mitte.«
    »Ich finde es nett von dir, daß du hergekommen bist, um mir zu helfen«, meinte Zweiblum. »Wie hast du das überhaupt angestellt? Es war recht beeindruckend.«
    »Oh, nun«, begann der Zauberer unsicher, »ich dachte: ›He, du kannst den guten alten Zweiblum doch nicht im Stich lassen‹, und dann…«
    »Wir brauchen jetzt nur noch Bel-Shamharoth zu finden und ihm alles zu erklären«, verkündete der Tourist. »Dann zeigt er uns vielleicht den Weg nach draußen.«
    Rincewind stocherte in seinem Ohr.
    »Die hiesigen Echos klingen irgendwie seltsam«, brummte er. »Mir war gerade so, als hätte ich von dir Worte wie finden und erklären gehört.«
    »Da hast du völlig recht.«
    Rincewind musterte Zweiblum im düsteren purpurnen Glühen. »Wir sollen Bel-Shamharoth finden?« vergewisserte er sich. »Ja, bestimmt bringt er Verständnis für unsere Lage auf.«
    »Du willst den Seelenfresser finden und

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