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Die Farben der Magie

Die Farben der Magie

Titel: Die Farben der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sich in quälender Zeitlupe bewegte, hinterließ er einen Schweif aus goldenen Funken, der die Konturen seines Körpers nachbildete.
    Hinter dem Zauberer donnerte es: Die große oktogonale Steinplatte stieg auf, hing einige Sekunden lang schief in der Luft und krachte dann herab.
    Etwas Dünnes und Schwarzes schlängelte sich aus der Grube und tastete nach Rincewinds Wade. Er schrie, fiel auf vibrierende Fliesen und spürte, wie ihn das Ding über den Boden zerrte.
    Plötzlich stand Zweiblum vor ihm und streckte die Hände aus. Rincewind griff verzweifelt nach den Armen des kleinen Mannes – und brachte ihn zu Fall. Ein oder zwei Sekunden lang lagen sie nebeneinander und starrten sich an. Dann rutschte der Zauberer weiter.
    »Was hält dich fest?« keuchte er.
»N-nichts«, erwiderte Zweiblum. »Was geschieht hier?«
    »Etwas zerrt mich zur Grube dort, falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte.«
    »O Rincewind, es tut mir leid…«
»Dir tut es leid?«
    Etwas schabte wie eine Säge, und unmittelbar darauf ließ der Druck an Rincewinds Beinen unvermittelt nach. Er drehte den Kopf und sah Hrun, der am Rand der Grube hockte und mit heldenhafter Begeisterung auf diverse Tentakel einschlug. Sein Schwert war dabei kaum mehr als ein Schatten.
    Zweiblum half dem Zauberer auf die Beine. Sie duckten sich halb hinter den Altar und beobachteten, wie der Barbar gegen ein Gewirr aus Armen kämpfte.
    »Das hat keinen Sinn«, ächzte Rincewind. »Die Gefährliche A-rrgh kann sich ganz nach Belieben neue Tentakel wachsen lassen. Was tust du da?«
    Zweiblum befestigte den mit Eidechsen gefüllten Käfig am Ikonographien, der inzwischen auf einem Dreibein stand.
»Ich brauche ein Bild davon«, erwiderte der Tourist. »Es ist phantastisch! Hörst du mich, Kobold?«
    Der Bilderkobold öffnete die winzige Tür, sah kurz zur Grube und verschwand wieder im Kasten. Rincewind zuckte zusammen, als ihn etwas am Bein berührte, stampfte mit dem Fuß auf und zertrat die Spitze eines neugierigen Tentakels.
    »Komm jetzt«, sagte er, »es wird Zeit, daß wir von hier verschwinden.« Er schloß die Hand um Zweiblums Arm, doch der Tourist rührte sich nicht von der Stelle.
    »Du willst fliehen und Hrun mit dem Ding alleinlassen?« fragte er.
    Rincewind sah ihn verblüfft an. »Warum nicht?« entgegnete er. »Es ist sein Job.«
    »Vielleicht bringt ihn das Ungeheuer um!«
    »Es könnte schlimmer sein«, sagte Rincewind.
»Wie denn?«
    »Wenn es uns umbrächte«, erklärte der Zauberer weise. »Komm!« Zweiblum hob die Hand. »He, das Etwas hat meine Truhe gepackt!« Bevor Rincewind etwas unternehmen konnte, eilte Zweiblum an der Grube vorbei zur Kiste, die langsam über den Boden gezogen wurde und mit ihrem Deckelmaul vergeblich nach einem Tentakel schnappte. Wütend trat der Tourist nach dem langen Greifarm.
    Ein zweiter löste sich aus dem Durcheinander, in dessen Mitte Hrun mit seinem Schwert um sich hackte. Der Barbar verschwand fast in einem zuckenden Pseudopodiengewühl, und Rincewind sah entsetzt, wie dem Helden das Schwert aus der Faust gerissen wurde. Die schwarze Klinge sauste fort und traf die Wand.
    »Dein Zauberspruch!« rief Zweiblum.
Rincewind stand völlig reglos und beobachtete, wie das Ding aus der Grube stieg. Ein riesiges Auge glänzte und starrte ihn an. Er wimmerte leise, als sich ihm ein Tentakel um die Taille schlang.
    Die Worte des Zauberspruchs glitten auf Rincewinds Zunge. Wie im Traum öffnete er den Mund und spürte, wie die Lippen erste Silben formten.
    Ein weiterer Fangarm zuckte wie eine Peitsche heran, wickelte sich um Rincewinds Hals und schnürte ihm die Luft ab. Er schnaufte und taumelte der Grube entgegen.
    Der Zauberer schlug um sich und berührte Zweiblums Bildkasten, der auf seinem Dreibein vorbeirutschte. Er griff danach und folgte jenem Instinkt, der seine Vorfahren dazu veranlaßt hatte, sich mit Steinen zu bewaffnen, sobald sie einem hungrigen Tiger begegneten. Wenn er weit genug ausholen konnte, um den Ikonographen ins Auge zu schleudern…
    Das Auge… Es füllte das ganze Universum vor Rincewind. Sein Wille tropfte davon, wie Wasser durch ein Sieb.
    Die trägen Eidechsen bewegten sich nun in ihrem Käfig. Jemand, dessen Enthauptung unmittelbar bevorsteht, neigt dazu, jeden Kratzer und Flecken auf dem Hinrichtungsblock zu sehen. Rincewind erging es nun ähnlich: Er bemerkte, daß die kleinen Reptilien auffallend große blauweiße Schwänze hatten, die besorgniserregend pulsierten.
    Während er zum

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