Die Farben der Magie
auf sein Verständnis hoffen?
Möchtest du ihm freundlich zunicken und ihn dann fragen, wo sich der nächste Ausgang befindet? Hast du wirklich vor, dich mit Erklärungen an die Gefährliche Ach… Gngh.« Rincewind biß das Ende des Wortes gerade noch rechtzeitig ab und stieß hervor: »Du bist ja verrückt! He, komm zurück!«
Er lief los und folgte Zweiblum durch den Gang, doch kurz darauf verharrte er mit einem dumpfen Stöhnen.
Hier war das violette Licht heller und verlieh allen Dingen neue, unangenehme Farben. Der Zauberer hatte jetzt eine große Kammer erreicht, deren Wände er nicht zu zählen wagte. Ach… 7a Tunnel gingen sternförmig davon aus.
Auf der anderen Seite sah Rincewind einen niedrigen Altar mit zweimal vier Seiten. Er erhob sich jedoch nicht in der Mitte des Zimmers. Nein, im Zentrum des Raums bemerkte er eine große Steinplatte, die zweimal so viele Seiten hatte wie ein Quadrat. Sie wirkte ziemlich massiv. In dem seltsamen Licht erweckte sie den Eindruck, ein wenig geneigt zu sein – eine Kante ragte stolz auf.
Zweiblum stand darauf.
»He, Rincewind! Sieh nur!«
Die Truhe kam aus einem der neun minus eins Korridore, die von der Kammer abzweigten.
»Großartig«, sagte Rincewind. »Hervorragend. Sie kann uns nach draußen führen. Jetzt sofort.«
Zweiblum öffnete den Deckel und kramte in der Kiste.
»Ja«, entgegnete er, »nachdem ich ein paar Bilder gemacht habe. Ich brauche nur ein einige Zubehörteile für den Ikonographen, und dann…«
»Jetzt, habe ich gesagt…«
Rincewind unterbrach sich. Hrun der Barbar stand im Zugang des gegenüberliegenden Tunnels und hielt ein langes schwarzes Schwert in der Keulenfaust.
»Du?« fragte Hrun überrascht.
»Ahaha. Ja.« Rincewind nickte. »Hrun, nicht wahr? Lange nicht gesehen. Was führt dich hierher?«
Der Barbar deutete auf die Truhe.
»Das«, antwortete er. Soviel Konversation schien Hrun zu erschöpfen. In einem Tonfall, der Feststellung, Anspruch, Drohung und Ultimatum in sich vereinte, fügte er hinzu: »Meins.«
»Die Kiste gehört Zweiblum«, sagte Rincewind. »Wenn ich dir einen guten Rat geben darf: Rühr sie nicht an.«
Der Zauberer ahnte, daß er die falschen Worte gewählt hatte. Hrun schob Zweiblum beiseite und streckte die Hand nach der Truhe aus…
… die auf Hunderten von kleinen Beinen zurückwich und drohend den Deckel hob. Rincewind glaubte, im matten Licht zwei Reihen langer und spitzer Zähne zu sehen, weiß wie gebleichtes Buchenholz.
»Ich muß dir etwas sagen, Hrun«, sagte der Zauberer schnell. Der Barbar drehte sich verwirrt zu ihm um.
»Was?« fragte er.
»Es geht dabei um Zahlen. Weißt du, wenn du sieben und eins oder drei und fünf zusammenzählst beziehungsweise zwei von zehn abziehst, so ergibt sich eine ganz bestimmte Zahl. Während wir uns hier aufhalten, solltest du sie nicht laut aussprechen – dann haben wir vielleicht die Möglichkeit, diesen Ort lebend zu verlassen oder eines natürlichen Todes zu sterben.«
»Wer ist das?« erkundigte sich Zweiblum. Er hatte einen Käfig aus den unergründlichen Tiefen in der Truhe hervorgeholt. Darin hockten einige verdrießlich wirkende rosarote Eidechsen.
»Ich bin Hrun«, erwiderte Hrun stolz. Dann sah er wieder Rincewind an.
»Was?« wiederholte er.
»Sag sie einfach nicht, in Ordnung?« gab der Zauberer zurück. Er betrachtete das Schwert in Hruns Hand. Es war schwarz, aber dabei handelte es sich nicht um eine Farbe, vielmehr um einen Friedhof von Farben. In der Klinge zeigten sich einige höchst dekorative Runen, und hinzu kam ein trüber oktariner Glanz. Offenbar bemerkte das Schwert Rincewinds Blick. Seine Stimme klang wie Klauen, die über Glas kratzten, als es fragte:
»Seltsam – warum soll er nicht acht sagen?«
ACHT, Macht, kracht, hallte es wider: Tief im Boden knirschte es dumpf.
Die Echos wurden zwar leiser, weigerten sich jedoch hartnäckig, ganz zu verklingen. Sie tanzten hin und her und prallten fröhlich von den Wänden ab. Das violette Licht flackerte in ihrem Rhythmus.
»O nein!« heulte Rincewind. »Ich habe deutlich darauf hingewiesen, daß niemand acht sagen soll!«
Er schnappte nach Luft, entsetzt über sich selbst. Aber das Wort hatte seinen Mund verlassen und gesellte sich dem allgemeinen Geflüster hinzu.
Rincewind wirbelte herum, um die Flucht zu ergreifen, doch die Luft schien plötzlich dicker zu sein als Sirup. Eine gewaltige magische Entladung kündigte sich an und sprengte die Fesseln seiner Vorstellungskraft. Als er
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