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Die Farben der Magie

Die Farben der Magie

Titel: Die Farben der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Frosch hockte auf Rincewinds Hand, blickte zu ihm auf und biß den Zauberer nachdenklich in den Daumen. Zweiblum lachte leise. Rincewind achtete nicht auf ihn und schob den Frosch in eine Tasche seines Umhangs.
    »Sehr menschlich von dir«, meinte der Tourist. »Aber in einer Stunde spielt das alles keine Rolle mehr.«
    »Trotzdem«, erwiderte Rincewind unbestimmt und schöpfte Wasser. Gischt sprühte, und die Strömung wurde so stark, daß hohe Wellen entstanden. Darüber hinaus schien es unnatürlich warm zu sein. Goldfarbener Dunst wogte über dem Meer.
    Das Donnern klang jetzt nicht mehr ganz so dumpf. Hundert Meter entfernt tauchte der größte Tintenfisch auf, den Rincewind jemals gesehen hatte, schlug wild mit den Tentakeln und versank wieder in den reißenden Fluten. Ein anderes Wesen, groß und glücklicherweise nicht genau zu erkennen, heulte im Hitzenebel. Eine ganze Schwadron aus fliegenden Fischen stieg in einer Wolke aus kleinen Tropfen auf, die in allen Regenbogenfarben schillerten, legte einige Meter zurück, fiel ins Wasser und wurde von einem Strudel fortgerissen.
    Das Ende der Welt rückte näher. Rincewind ließ den Eimer fallen und hielt sich am Mast fest, als die grollende Stimme des Randfalls alles andere übertönte.
    »Das muß ich mir ansehen«, sagte Zweiblum. Er kroch, schwamm und fiel zum Bug.
    Etwas Hartes und Unnachgiebiges prallte an den Rumpf, der sich daraufhin um neunzig Grad drehte und mit der Seite am unsichtbaren Hindernis verharrte. Kalter Meeresschaum strömte übers Deck, und einige Sekunden lang bestand Rincewinds Universum nur noch aus brodelndem grünen Wasser. Als er zu schreien versuchte, gewann die Meereswelt den purpurnen Ton der Bewußtlosigkeit – der Zauberer war am Ertrinken.

    E r erwachte mit brennender Flüssigkeit im Mund und schluckte. Heißer Schmerz vertrieb die Dunkelheit der Ohnmacht.
Die Planken des Bootes preßten sich ihm an den Rücken, und Zweiblum sah besorgt auf ihn herab. Rincewind stöhnte und setzte sich auf. Das war ein Fehler. Nur knapp zwei Meter trennten ihn vom Rand der Welt.
Jenseits davon, dort, wo der endlose Randfall begann, befand sich etwas durch und durch Magisches.

    E twa siebzig Meilen entfernt, weit außerhalb des Einflußbereichs der Randströmung, trieb eine Dau ziellos durchs samtene Zwielicht. über ihr flatterten die roten Segel eines freischaffenden Sklavenschiffes. Die Besatzung (beziehungsweise der Rest davon) stand auf dem Vorderdeck und leistete einigen Männern Gesellschaft, die fieberhaft an einem Floß arbeiteten.
    Der untersetzte Kapitän – er trug Ellbogenturbane, typisch für einen Stammesangehörigen aus dem Großen Nef – war ein weitgereister Mann, der viele seltsame Völker und sonderbare Dinge gesehen hatte, um sie anschließend entweder zu versklaven oder zu stehlen. Seine berufliche Laufbahn begann als Matrose auf dem Dehydrierten Ozean im Herzen einer besonders trockenen Wüste. (Auf der Scheibenwelt gibt es für Wasser einen ungewöhnlichen vierten Aggregatzustand, verursacht von außerordentlicher Hitze und den Auswirkungen oktarinen Lichts. Dadurch kommt es zu einer dehydrierenden Wirkung, die silbrig glänzenden, frei schwebenden Sand zurückläßt, durch den ein speziell geformter Schiffsrumpf gleiten kann. Der Dehydrierte Ozean ist ein merkwürdiger Ort, aber die Fische darin sind noch viel eigentümlicher.) Der Kapitän hatte noch nie zuvor echte Furcht empfunden. Jetzt war er regelrecht entsetzt.
    »Ich höre nichts«, wandte er sich leise an den Ersten Maat. Der Maat starrte durchs Halbdunkel.
»Vielleicht ist es über Bord gefallen«, erwiderte er hoffnungsvoll. Die Antwort bestand aus einem wütenden Pochen auf dem Deck, gefolgt von einem lauten Krachen. Holz splitterte. Die Besatzungsmitglieder drängten sich besorgt aneinander, hielten Äxte und Fackeln bereit.
    Selbst wenn das Ungeheuer jetzt herangestürmt wäre – wahrscheinlich hätten sie gar nicht den Mut aufgebracht, ihre Waffen einzusetzen. Bevor seine grauenhafte Natur klar wurde, waren mehrere Männer so dumm gewesen, es mit Beilen anzugreifen. Daraufhin stellte es die Suche im Schiff ein und konzentrierte sich darauf, die Seeleute entweder über Bord zu jagen oder zu – fressen? Der Kapitän wußte es nicht genau. Das Ding sah wie eine gewöhnliche Truhe aus. Sie mochte ein wenig größer sein als normale Truhen, aber allein dieser Umstand weckte noch keinen Argwohn. Manchmal enthielt sie nur alte Socken, frische Wäsche und

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