Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
Vom Netzwerk:
Fächer.«
    »Ja, Tante Malvinia«, sagte Verity dankbar und trat die Flucht an.
    »Ich würde zu gern wissen, warum sie diese Eisenbahnwagen immer überheizen müssen«, sagte Mrs. Mering und fächelte sich mit ihrem Taschentuch Luft zu. »Es ist wirklich eine Schande, daß wir gezwungen sind, unter solch unzivilisierten Bedingungen zu reisen.« Sie warf einen Blick zu Terences Zeitung hinüber. »Ich verstehe einfach nicht…«
    Sie hielt inne, den Blick starr auf Terence gerichtet.
    Tossie schaute hoch. »Was ist, Ma ma?«
    Mrs. Mering stand auf und machte einen taumelnden Schritt rückwärts zur Tür. »Diese Nacht bei der Seance«, sagte sie und sank ohnmächtig nieder.
    »Ma ma!« Tossie sprang auf. Terence lugte um seine Zeitung herum und ließ sie dann raschelnd sinken.
    Mrs. Mering war schräg vor die Tür gefallen, mit dem Kopf glücklicherweise auf dem Plüschsitz und die Arme seitwärts ausgebreitet.
    Terence und ich hoben sie hoch und placierten sie, so gut es ging, auf dem Sitz, während Tossie um uns herumflatterte.
    »Oh, Ma ma!« sagte sie und beugte sich über Mrs. Merings schlaffe Gestalt. »Wach auf!« Sie nahm ihrer Mutter den Hut ab, der ziemlich verrutscht war, und tätschelte ihr die Wange. »Wach auf, Ma ma!«
    Keine Reaktion.
    »Sag doch was, Ma ma!« sagte Tossie und fuhr fort, die Wange zu tätscheln. Terence hob die heruntergefallene Zeitung auf und begann Mrs. Mering seinerseits Luft zuzufächeln.
    Immer noch keine Reaktion.
    »Hol lieber Baine«, sagte ich zu Terence.
    »Ja, Baine«, sagte Tossie. »Er wird wissen, was zu tun ist.«
    »Stimmt.« Terence gab Tossie die Zeitung und rannte den Gang hinunter.
    »Ma ma!« Tossie fächelte weiter, wo Terence aufgehört hatte. »Sag doch was!«
    Mrs. Mering öffnete mühsam die Augen. »Wo bin ich?« fragte sie schwach.
    »Zwischen Upper Elmscott und Oldham Junction«, sagte Tossie.
    »Im Zug aus Coventry«, übersetzte ich. »Wie geht es Ihnen?«
    »Oh, Ma ma! Du hast uns solch einen Schrecken eingejagt«, sagte Tossie. »Was ist passiert?«
    »Passiert?« wiederholte Mrs. Mering, kämpfte sich hoch und befühlte ihre Haare. »Wo ist mein Hut?«
    »Hier, Mama.« Tossie gab mir die Zeitung und hob den Hut auf. »Du bist ohnmächtig geworden. Hattest du eine weitere Vorahnung?«
    »Vorahnung?« fragte Mrs. Mering zögernd und versuchte, ihren Hut festzustecken. »Ich weiß nicht…«
    »Du hast Terence angeschaut und dann zu sprechen aufgehört, als ob du einen Geist gesehen hättest. Dann bist du zu Boden gesunken. War es Lady Godiva?«
    »Lady Godiva?« Mrs. Merings Stimme klang, als käme sie allmählich zu sich. »Warum, um alles in der Welt, sollte Lady…?« Sie hielt inne.
    »Mama?« fragte Tossie besorgt.
    »Ich erinnere mich…« sagte Mrs. Mering. »Wir fragten die Geister nach Neuigkeiten über Prinzessin Arjumand und die Türen öffneten sich…« Sie erhob ihre Stimme. »Da ist es passiert… ich fragte, ob sie ertrunken sei…«
    Und sank wieder um, als sei ihr das Lebenslicht ausgeblasen. Ihr Kopf fiel seitwärts auf die plüschene Armstütze, der Hut rutschte ihr auf die Nase.
    »Ma ma!« schriekte Tossie.
    »Haben Sie irgendwo Riechsalz?« Ich richtete Mrs. Mering auf.
    »Jane hat welches«, sagte Tossie. »Ich hol’ es.« Sie hetzte den Gang hinunter.
    »Mrs. Mering«, sagte ich, fächelte ihr mit einer Hand Luft zu und stützte sie mit der anderen, denn sie hatte die Tendenz, zur Seite zu kippen. »Mrs. Mering!« Ich überlegte, ob ich ihr Korsett öffnen oder wenigstens ihren Kragen lockern sollte, entschied aber, besser auf Tossie zu warten. Oder Verity. Wo steckten die beiden?
    Die Tür sprang auf, und Terence stürzte keuchend ins Abteil. »Ich konnte Baine nirgends finden. Er ist wie vom Erdboden verschluckt. Vielleicht wurde er apportiert.« Sein Blick richtete sich interessiert auf Mrs. Mering. »Ist sie immer noch weggetreten?«
    »Nein. Schon wieder«, sagte ich fächelnd. »Hast du ’ne Ahnung, was das verursacht haben könnte?«
    »Nicht die geringste.« Er setzte sich auf den Platz gegenüber. »Ich las gerade die Zeitung, und sie schaute mich plötzlich an, als wäre ich Banquos Geist. ›Ist das ein Dolch, was ich vor mir erblicke, den Griff mir zugekehrt?‹ [69] – bloß, daß es in diesem Fall die Oxford Chronicle war. Und, schwupps, schon lag sie. Ob das was mit meinem Lesegeschmack zu tun hat?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Sie sagte etwas über Prinzessin Arjumand und die Geister.«
    Verity kam mit dem

Weitere Kostenlose Bücher