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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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hinausgehen.
    »Ich habe mir erlaubt, Mr. St. Trewes’ Freund in Ihr Zimmer zu bringen, Sir«, sagte Baine.
    »Danke«, entgegnete ich dankbar. Ich schloß die Tür, drehte mich und stieg hinter ihm die Stufen hoch.
    »Mr. Henry…«
    »Ja?« Doch was immer er hatte bemerken wollen, offenbar hatte er es sich anders überlegt. »Ein ausgezeichnetes Buch«, sagte er statt dessen. »Verfall und Untergang.«
    »Erbauend und belehrend«, sagte ich und ging zu Bett.

»Nun küß mich, Kate! Sonntag bist du meine Frau.«
    Petrucchio
     
22. Kapitel
     
     
    Der Vorteil von Zeitreisen • Ein zeitiger Aufbruch • Ein Problem • Gladys und Gladys • Finch ist verschwunden… • Anekdoten über die Findigkeit von Katzenmüttern • Ein verzögerter Aufbruch • Belauschen • Kohlköpfe • Verity ist verschwunden • Baine zitiert Shakespeare • Ein Gesetz, das Dienstboten das Lesen verbietet • Das Rätsel des durchweichten Tagebuchs wird gelöst • Ein verfrühter Aufbruch
     
     
    Am nächsten Morgen fühlte ich mich besser. Als ich mit Cyril um sechs Uhr aus dem Haus trat, hatte der Regen aufgehört, der Himmel war blau, und das feuchte Gras glitzerte wie Diamanten.
    Und der Vorteil bei Zeitreisen lag in der Natur der Sache. Vermasselte man es beim ersten Mal, so hatte man noch weitere Chancen (wenn nicht ich, dann doch jemand anderes) und in einer Woche oder einem Jahr, wenn die Gerichtsmedizinerin es endlich geschafft haben würde, das Tagebuch zu entziffern, konnten Carruthers oder Miss Warder oder irgendein hohlköpfiger neuer Rekrut erneut zum fünfzehnten Juni 1888 springen und schauen, ob Mr. C diesmal sein Stichwort nicht verpaßte.
    Zwar hatten wir keinen Erfolg gehabt, aber gerade in diesem Augenblick löste T. J. vielleicht das Geheimnis von Waterloo und der Selbstkorrektur. Genau in diesem Augenblick schickten T. J. und Dunworthy vielleicht jemanden durchs Netz, um mich auf meinem Weg zum Oxforder Bahnhof abzufangen und davon zurückzuhalten, Terence zu treffen und sein Liebesleben zu verpfuschen. Oder um Professor Peddick und Professor Overforce voneinander fernzuhalten. Oder um Verity abzuhalten, überhaupt erst in die Themse zu waten und Prinzessin Arjumand zu retten. Oder um mich in den Ersten Weltkrieg zu schicken, damit ich mich dort von meiner Zeitkrankheit erholte.
    Die Katze würde ans Ufer schwimmen, Maud Terence treffen und die Luftwaffe London bombardieren. Und ich würde niemals Verity treffen. Ein geringer Preis, wenn man dafür das Universum rettete. Dieses Opfer war es wert.
    Und ich würde den Verlust nicht merken, weil ich Verity nie begegnet war. Ich überlegte, ob Terence den seinen merkte, ob er ihn auf einer tieferen Ebene seiner selbst spürte, daß er nicht seine wahre Liebe getroffen hatte. Und wenn ja, wie würde er sich fühlen? Rührselig leidend, wie in einem seiner victorianischen Gedichte? Von einer nagenden ungestillten Sehnsucht erfüllt? Oder würde ihm einfach alles nur grau und eintönig vorkommen?
    Ich brachte Cyril in den Stall. Prinzessin Arjumand hatte uns nach unten begleitet und stolzierte nun mit hocherhobenem Schwanz vor uns her durch das feuchte Gras. Ab und zu kam sie zu uns zurück, um sich um Cyrils Hinterbeine und meine Knöchel zu winden. Vom Stall hörte man Geräusche, und die großen Türen begannen sich knarrend zu öffnen.
    »Deckung«, sagte ich, schnappte Prinzessin Arjumand und duckte mich in den Schutz der Küchentür. Der Stallknecht, der aussah, als wäre er grade erst erwacht, stieß die Türen auf, und der Kutscher führte zwei Pferde, die bereits vor die Kutsche gespannt waren, ins Freie. Die Kutsche, die Professor Peddick und Colonel Mering zum Bahnhof bringen sollte.
    Ich schaute zum Haus hinüber, wo Baine gerade das Gepäck heraustrug und auf die Eingangsstufen stellte. Professor Peddick, in seinem akademischen Gewand und seinem Barrett, den Kessel mit Fischen an sich gepreßt, stand hinter ihm und unterhielt sich mit Terence.
    »Komm«, flüsterte ich Cyril zu und eilte zur Stallseite. Prinzessin Arjumand wand sich wie wild in meinem Arm, und ich setzte sie auf die Erde. Sie schoß wie ein geölter Blitz über den Rasen und verschwand. Ich ließ Cyril zur Tür hinein, die der Stallknecht benutzte. »Tu so, als seist du die ganze Nacht hier gewesen«, flüsterte ich, und prompt lief Cyril auch zu seiner sackleinenen Unterlage, umrundete sie dreimal, ließ sich darauf fallen und fing an, laut zu schnarchen.
    »Braver Junge«, sagte

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