Die Farben der Zeit
ich und machte, daß ich ins Freie kam. Wo ich mit Terence zusammenstieß.
»Ist Cyril bei dir?« fragte er.
»Ich habe ihn gerade heruntergebracht. Warum? Stimmt was nicht? Hat Mrs. Mering mich gesehen?«
Er schüttelte den Kopf. »Baine hat mich aus den Federn geholt, um mir zu sagen, daß Colonel Mering krank ist und ich Professor Peddick nach Oxford begleiten soll. Scheint so, als habe er sich gestern beim Forellenangeln eine Erkältung geholt, und Mrs. Mering will ganz sicher gehen, daß Professor Peddick wirklich nach Hause gelangt. Keine üble Idee, im Grund genommen. Sonst erspäht er vielleicht einen Hügel, der ihn an die Schlacht von Hastings erinnert oder so was Ähnliches, und er steigt aus dem Zug. Ich wollte Cyril mitnehmen. Dachte, es wäre eine kleine Erholung für ihn von…« – er hielt inne und fuhr dann fort – »vor allem weil er doch gestern nicht mit nach Coventry durfte. Ist er im Stall?«
»Neben den Heuballen«, sagte ich, aber als Terence die Stallknechttür öffnete, stand Cyril schon mit seinem ganzen dicken Körper wackelnd dahinter.
»Na, alter Junge, wie wär’s mit einer Eisenbahnfahrt?« fragte Terence, worauf die beiden in bester Laune in Richtung Haus verschwanden.
Ich wartete, bis die Kutsche abgefahren und Baine ins Haus zurückgegangen war, pirschte mich dann zu dem Goldregenspalier, bevor der Stallknecht gähnend zurückkam, und durch den Kräutergarten über den Crocketrasen zum Gartenpavillon.
Es war etwas darin. Etwas, das die Trauerweide umrundete und hinter den Fliederbüschen auftauchte. Eine dunkle Gestalt, die sich auf einer der Seitenbänke niederließ. Wer würde sich zu so früher Stunde dort hinsetzen? Mrs. Mering, auf der Jagd nach Geistern? Baine, um seiner Lektüre nachzukommen?
Ich teilte die Fliederzweige, um besser zu sehen, wobei sich ein Wasserschauer über meine Jacke und Hose ergoß. Wer immer da saß, hatte einen Umhang an, dessen Kapuze über den Kopf gezogen war. Tossie, die auf ihren Liebsten wartete, der ihr Leben verändert hatte? Oder der geheimnisvolle Mr. C selbst?
Von der Stelle, wo ich stand, konnte ich das Gesicht der Person nicht erkennen. Dazu mußte ich auf die andere Seite des Pavillons. Ich ließ vorsichtig die Zweige los, duschte mich dabei erneut ab, trat einen Schritt zurück und mit voller Wucht auf Prinzessin Arjumand.
»Mrrrraw!« jaulte sie, und die Gestalt sprang auf, den Umhang umklammernd. Die Kapuze fiel zurück.
»Verity!«
»Ned?«
»Mrrraw!« Ich hob Prinzessin Arjumand hoch, um sie zu sehen, ob ich sie verletzt hatte. »Mrrrow!« machte sie und begann zu schnurren. Ich trug sie um die Fliedersträucher herum zu der Stelle, wo Verity wartete. »Was machen Sie hier?«
Verity war so bleich wie einer von Mrs. Merings Geistern. Der Umhang, offenbar eine Art Abendcape, war durchnäßt, und darunter sah man ihr weißes Nachthemd.
»Wie lange sind Sie schon hier draußen?« Prinzessin Arjumand zappelte. Ich ließ sie zu Boden. »Sie hätten nicht springen müssen. Ich sagte Ihnen doch, ich gehe, wenn ich Cyril herunterbringe. Was hat Dunworthy über…« Da sah ich ihr Gesicht. »Was ist los?«
»Das Netz öffnet sich nicht«, sagte sie.
»Was soll das heißen – ›es öffnet sich nicht‹?«
»Das soll heißen, daß ich hier bereits seit drei Stunden warte, und es öffnet sich nicht.«
»Setzen Sie sich und erzählen Sie mir genau, was passiert ist«, sagte ich, auf die Bank deutend.
»Es öffnet sich nicht!« sagte sie. »Ich konnte nicht schlafen und dachte, je schneller wir zu Dunworthy springen, um so besser. Außerdem wäre ich zurück, bevor noch jemand aufsteht. Also ging ich zum Absetzort, und das Netz öffnete sich nicht.«
»Ist hier nicht der Absetzort?«
»Nein, dort drüben. Dort, wo Sie den Schimmer sehen. Als ich hineintrat, tat sich nichts.«
»Haben Sie möglicherweise etwas falsch gemacht? Sind Sie sicher, daß Sie auf der richtigen Stelle standen?«
»Ich habe auf einem Dutzend verschiedener Stellen gestanden«, entgegnete Verity ungeduldig. »Es öffnet sich nicht.«
»Schon gut, schon gut«, sagte ich. »War jemand hier? Jemand, der Sie gesehen haben könnte? Mrs. Mering, Baine oder…?«
»Daran habe ich auch schon gedacht. Nach dem zweiten Versuch ging ich zum Fluß hinunter und dann zum Fischteich und zum Blumengarten hinüber, aber es war niemand da.«
»Tragen Sie vielleicht etwas aus diesem Jahrhundert bei sich?«
»Daran habe ich auch gedacht. Das Nachthemd hier
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