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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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brachte ich aber mit, und es ist hier weder geflickt worden noch habe ich einen neuen Knopf angenäht.«
    »Vielleicht liegt es an Ihnen«, sagte ich. »Ich mache einen Versuch.«
    »Daran habe ich nun nicht gedacht«, sagte sie etwas gelöster. »Es müßte jede Minute soweit für einen Sprung sein.«
    Sie führte mich aus dem Pavillon heraus und um ihn herum zu einem Fleckchen Gras direkt neben einer Gruppe rosafarbener Peonien. Im Gras schimmerte es bereits leicht. Ich überprüfte rasch meine Kleidung. Blazer, Flanellhosen, Socken, Schuhe und Hemd waren genau, was ich bei meiner Ankunft getragen hatte.
    Die Luft schimmerte, und ich stellte mich in die Mitte des Grasfleckens. Das Schimmern wurde zum Glühen.
    »War das bei Ihnen auch so?« fragte ich.
    Das Glühen erlosch abrupt. Auf den Peonien glitzerten Wassertröpfchen.
    »Ja.«
    »Vielleicht liegt’s an meinem Kragen«, sagte ich, knöpfte ihn ab und reichte ihn Verity. »Ich kann meinen nicht von denen unterscheiden, die Elliot Chattisbourne mir geliehen hat.«
    »Es liegt nicht an Ihrem Kragen«, sagte Verity. »Es ist zwecklos. Wir sind hier gefangen. Es geht uns wie Carruthers.«
    Mich überfiel plötzlich eine Vision von endlosen Crocketspielen, Kedgeree zu jedem Frühstück und Ruderpartien auf der Themse, Verity, die ihre Hand in das braune Flußwasser tauchte und mich unter ihrem bebänderten Hut hervor anblickte.
    »Es tut mir leid, Ned. Es ist alles meine Schuld.«
    »Wir sind nicht gefangen«, sagte ich. »Also gut. Machen wir’s wie Harriet und Lord Peter und gehen wir alle Möglichkeiten nacheinander durch.«
    »Das habe ich bereits.« Veritys Stimme klang gepreßt. »Und die einzige, die Sinn ergibt, ist, daß alles zusammengebrochen sein muß. T. J. sagte, das könnte passieren.«
    »Unsinn«, meinte ich. »Es dauert Jahre, bis das Kontinuum wegen einer Inkonsequenz kollabiert. Sie haben doch die Modelle gesehen. Vielleicht bricht es 1940 zusammen, aber nicht eine Woche, nachdem die Inkonsequenz eingetreten ist.«
    Sie sah aus, als wünschte sie sich nichts sehnlicher, als mir zu glauben.
    »Also gut«, sagte ich und klang dabei selbstsicherer, als ich war. »Sie gehen jetzt ins Haus zurück und kleiden sich an, bevor Sie uns beide hier kompromittieren und ich Sie heiraten muß.«
    Jetzt lächelte sie wenigstens. »Und dann frühstücken Sie, damit Mrs. Mering nicht denkt, Sie seien verschwunden, und einen Suchtrupp nach Ihnen ausschickt«, fuhr ich fort. »Nach dem Frühstück sagen Sie ihr, daß Sie zeichnen gehen wollen, kommen wieder hierher zurück und warten auf mich. Ich werde derweilen zu Finch gehen und ihn um seine Meinung fragen.«
    Sie nickte.
    »Wahrscheinlich hat es überhaupt keine Bedeutung, ein kleiner Fehler im System, sonst nichts, den Miss Warder bis jetzt nicht bemerkt hat. Vielleicht hat sie auch alle Rückkehrsprünge gestoppt, bis sie Carruthers rausgeholt hat. Was immer es auch ist, wir werden es ergründen.«
    Wieder nickte sie, etwas erleichterter diesmal, und ich machte mich schleunigst auf zu den Chattisbournes, wobei ich mir zum einen wünschte, ich könnte selbst alles glauben, was ich ihr gerade erzählt hatte und zum anderen, daß die Victorianer nicht so weit von ihren Nachbarn entfernt leben würden.
    Ein Dienstmädchen mit gerüschter Schürze und einem Häubchen öffnete die Tür.
    »Gladys, ich muß Mr. Finch sprechen, den Butler«, sagte ich, als ich imstande war, wieder Luft zu holen. Ich fühlte mich wie Professor Peddicks Läufer aus Marathon, nachdem er den ganzen Weg nach Sparta gerannt war. War er nicht gestorben, nachdem er seine Nachricht überbracht hatte? »Ist er im Haus?«
    »Es tut mir aufrichtig leid, Sir«, sagte das Mädchen mit einem Knicks, der noch ungeschickter ausfiel als der von Jane. »Mr. und Mrs. Chattisbourne sind nicht zu Hause. Möchten Sie Ihre Karte hier lassen?«
    »Nein«, sagte ich. »Zu Mr. Finch möchte ich. Ist er da?«
    Offenkundig war sie auf eine solch unerwartete Herausforderung nicht vorbereitet.
    »Sie können gern Ihre Karte hier lassen«, sagte sie und hielt mir eine kleine silberne Platte hin, in die ein verschnörkeltes Muster getrieben war.
    »Wo sind Mr. und Mrs. Chattisbourne hin?« Ich ließ mich nicht abwimmeln. »Hat Mr. Finch sie gefahren?«
    Jetzt wirkte sie völlig hilflos »Mr. und Mrs. Chattisbourne sind nicht zu Hause.« Wumms, war die Tür zu.
    Ich ging ums Haus herum zur Küche und klopfte dort an die Tür. Ein anderes Mädchen öffnete. Es

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