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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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abreißen«, murmelte ich.
    »›Vielleicht fällt sie jetzt, wo ich verheiratet bin, Mr. Henry auf‹«, las Mrs. Mering. »›Ich wollte ihn für sie interessieren, aber ach je, er hatte ja nur Augen für mich. Sie würden ein gutes Paar abgeben, nicht klug und auch nicht gutaussehend, aber zusammen passend.‹«
    »Alle Brücken«, murmelte ich.
    »›Ich war es nicht gewohnt, daß mir jemand widersprach, und zuerst war ich wütend, aber als Du auf dem Heimweg in Ohnmacht fielst, liebe Mama, und ich Baine holen ging, da war er so stark und umsichtig und hilfreich, daß ich ihn mit anderen Augen ansah und mich Hals über Kopf in ihn verliebte, dort im Eisenbahnabteil.‹«
    »Es ist meine Schuld«, flüsterte Verity. »Hätte ich nur nicht darauf bestanden, daß wir nach Coventry gehen…«
    »›Aber ich war zu verbohrt, um meine Gefühle einzugestehen‹«, fuhr Mrs. Mering fort, »›und am nächsten Tag stellte ich ihn zur Rede und verlangte, daß er sich entschuldigte. Er weigerte sich, wir stritten uns, und er – warf mich in den Fluß! Und es war so romantisch, Mama! Wie bei Shakespeare, dessen Werke mich mein geliebter Gatte nun lesen läßt, angefangen mit Der Widerspenstigen Zähmung.‹« Mrs. Mering warf den Brief hin.
    »Bücher lesen! Das ist der Grund für das Ganze! Mesiel, du hättest niemals einen Dienstboten einstellen sollen, der Bücher liest! Du bist schuld an allem! Immer dieses Lesen! Ruskin und Darwin und Trollope! Trollope! Was für ein Name für einen Schriftsteller! Und sein Name erst! Dienstboten sollten ehrliche englische Namen haben. ›Ich habe meinen Namen benutzt, als ich für Lord Dunsany arbeitete‹, sagte er. ›Nun, bei uns jedenfalls benutzen Sie ihn nicht‹, sagte ich. Was kann man von einem Mann schon erwarten, der sich zum Abendessen nicht umziehen will! Er liest nämlich auch. Schreckliche sozialistische Sachen, Bentham und Samuel Butler.«
    »Wer?« fragte Colonel Mering verwirrt.
    »Lord Dunsany. Gräßlicher Mensch, aber er hat einen Neffen, der halb Hertfordshire erbt, und Tossie hätte bei Hofe eingeführt werden können und jetzt… jetzt…«
    Sie schwankte und Terence griff nach dem Riechsalz, aber sie wehrte es ärgerlich ab. »Mesiel! Sitz nicht so rum! Tu etwas! Es muß doch einen Weg geben, sie aufzuhalten, bevor es zu spät ist!«
    »Es ist zu spät«, murmelte Verity.
    »Vielleicht nicht. Vielleicht sind sie erst heute morgen fort«, sagte ich, sammelte die heruntergefallenen Blätter ein und überflog sie. Sie waren mit Tossies blumiger Handschrift, Dutzenden von Ausrufungszeichen und einigen großen Tintenklecksen bedeckt. Sie hätte auf dem Basar einen Federhalterwischer kaufen sollen, dachte ich unnötigerweise.
    »›Es hat keinen Sinn, uns aufhalten zu wollen‹«, las ich. »›Wenn Ihr diesen Brief lest, sind wir bereits auf dem Standesamt in Surrey getraut worden und auf dem Weg zu unserem neuen Zuhause. Mein liebster Gatte – oh, dieses kostbarste aller Wörter! – meint, daß wir in einer Gesellschaft, die weniger in der archaischen alten Klassenstruktur befangen ist, besser zurechtkämen, und deshalb segeln wir nach Amerika, wo mein Gatte – ach, wieder dieses süße Wort! – vorhat, als Philosoph zu arbeiten. Prinzessin Arjumand begleitet uns, weil ich es nicht übers Herz bringe, mich von ihr zu trennen, und Papa würde sie sicher umbringen, wenn er die Sache mit dem Kalikogoldfisch herausfindet.‹«
    »Mein doppelschwänziger perlmuttfarbener Ryunkin?« Colonel Mering fuhr aus dem Sessel hoch. »Was ist mit ihm?«
    »›Sie hat ihn gefressen. Oh, lieber Papa, kannst Du Dich in Deinem Herzen überwinden und ihr vergeben und mir auch?‹«
    »Wir müssen sie enterben«, sagte Mrs. Mering.
    »Auf jeden Fall«, pflichtete ihr Gatte bei. »Dieser Ryunkin hat zweihundert Pfund gekostet!«
    »Colleen!« sagte Mrs. Mering. »Ich meine, Jane! Hören Sie auf zu schniefen und holen Sie sofort meinen Sekretär. Ich werde Tocelyn auf der Stelle schreiben und ihr mitteilen, daß wir von diesem Tage an keine Tochter mehr haben.«
    »Ja, Ma’am.« Jane putzte sich die Nase an der Schürze ab. Ich starrte ihr nach, als sie hinauseilte, dachte an Colleen-Jane und Mrs. Chattisbourne, die alle ihre Mädchen Gladys nannte, und versuchte mich zu erinnern, was Mrs. Mering über Baine gesagt hatte. ›Ich benutzte ihn, als ich für Lord Dunsany arbeitete.‹ Und was hatte Mrs. Chattisbourne an dem Tag gesagt, als wir die Sachen für den Basar abholten? ›Ich

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