Die Farben der Zeit
meine stets, daß es nicht der Name ist, der einen Butler ausmacht, sondern die Ausbildung.‹
Colleen-Jane kam schniefend mit dem Sekretär zurück.
»Tocelyns Name wird in diesem Hause nicht mehr ausgesprochen werden«, sagte Mrs. Mering und setzte sich an den Sekretär. »Ebensowenig wird er jemals wieder über meine Lippen kommen. Alle Briefe von ihr werden ungeöffnet zurückgesandt.« Sie griff nach Federhalter und Tinte.
»Woher sollen wir wissen, wohin wir den Brief schicken sollen, in dem steht, daß sie enterbt ist, wenn wir ihre Briefe nicht öffnen?« fragte Colonel Mering.
»Es ist aus, nicht wahr?« sagte Verity deprimiert zu mir. »Wir können nichts mehr tun.«
Ich hörte nicht zu, sondern sammelte die Seiten des Briefes ein, wandte sie um und suchte den Schluß.
»Von heute ab werde ich für immer Trauer tragen«, sagte Mrs. Mering. »Jane, gehen Sie hinauf und bügeln Sie mein schwarzes Wollkleid. Mesiel, wenn dich jemand fragt, mußt du antworten, unsere Tochter sei gestorben.«
Inzwischen hatte ich den Schluß des Briefes gefunden. Tossie hatte ihn unterschrieben. »›Eure reuevolle Tochter Tocelyn‹«, dann aber Tocelyn und ihren neuen Namen hingeschrieben. »Hör mal«, sagte ich zu Verity und begann zu lesen.
»›Bitte, sagt Terence, daß ich weiß, daß er mich nie vergessen kann, aber es versuchen muß und uns unser Glück nicht neiden soll, denn Baine und ich sind vom Schicksal füreinander bestimmt.‹«
»Falls sie wirklich hingegangen ist und diesen Menschen geheiratet hat«, sagte Terence, dem es langsam dämmerte, »bin ich von meinem Versprechen entbunden.«
Ich ignorierte ihn. »›William, mein lieber Schatz, glaubt nicht ans Schicksal‹«, las ich unbeirrt weiter, »›und meint, daß wir Geschöpfe unseres freien Willens seien, aber er glaubt, daß Ehefrauen eigene Meinungen und Ideen haben sollten, und was könnte es anderes gewesen sein als Schicksal? Denn wenn Prinzessin Arjumand nicht verschwunden wäre, wären wir niemals nach Coventry gegangen…‹«
»Hör auf«, bat Verity. »Bitte, nicht weiter.«
»Du mußt auch den Schluß hören«, sagte ich. »›… nach Coventry gegangen. Und hätte ich die Urne nicht gesehen, wären wir niemals ein Paar geworden. Ich werde schreiben, sobald wir uns in Amerika häuslich niedergelassen haben. Eure reuevolle Tochter‹«, ich betonte jedes Wort, »›Mrs. William Patrick Callahan.‹«
»Sieh mal an! Mir kommt’s vor, als hätten wir das Pferd die ganze Zeit über von hinten aufgezäumt!«
Lord Peter Wimsey
26. Kapitel
Ein tiefer Fall • Wie Detektivromane enden • Mrs. Mering gibt dem Colonel die Schuld • Begreifen, was es bedeutet • Ein glückliches Ende für Cyril • Mrs. Mering gibt Verity die Schuld • Eine Seance wird angekündigt • Kofferpacken • Vorahnungen • Mrs. Mering gibt mir die Schuld • Finch ist es immer noch nicht gestattet, zu sprechen • Warten auf den Zug • Des Bischofs Vogeltränke • Begreifen, was es bedeutet
Nun, wie das Ende eines Detektivromans von Agatha Christie war es gerade nicht, wo Hercule Poirot alle im Salon zusammenruft, um die Identität des Mörders bekannt zu geben und jedermann mit seiner erstaunlichen detektivischen Spürnase zu überraschen.
Und auch nicht von Dorothy Sayers, wo der Held zu seinem weiblichen Helfershelfer sagt: »Geben wir nicht ein verteufelt gutes Detektivpaar ab? Wie wär’s, wenn wir die Partnerschaft auf Dauer schließen würden – was meinst du?« und dann einen Heiratsantrag in Lateinisch folgen läßt.
Wir gaben nicht mal ein halbwegs erfolgreiches Detektivpaar ab. Wir hatten den Fall nicht gelöst. Der Fall hatte sich trotz uns gelöst. Schlimmer noch, wir waren solch ein Hindernis gewesen, daß wir außer Gefecht gesetzt werden mußten, bevor der Lauf der Geschichte sich selbst korrigieren konnte. So ist’s eben, wie die Welt endet – nicht mit einem Donnerschlag, sondern mit einem durchgebrannten Pärchen.
Nicht, daß es kein Gewimmer gab – Mrs. Mering tat in dieser Hinsicht ihr Bestes, gar nicht zu reden von Tränen, Jammern und verzweifeltem Pressen des Briefes an ihren Busen.
»Oh, meine Tochter, mein Herzblatt!« schluchzte sie. »Mesiel, steh nicht so rum! Tu was!«
Colonel Mering blickte unbehaglich um sich. »Meine Liebe, was soll ich tun? Nach Tossies Brief zu urteilen, sind sie bereits auf hoher See.«
»Ich weiß auch nicht. Halte sie auf, laß die Heirat annullieren, benachrichtige die
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