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Die Farben des Alls

Die Farben des Alls

Titel: Die Farben des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Kaltschlafperiode zu sich genommen hatte (es kam ihm vor, als sei es vor einer Stunde gewesen), war noch nicht verdaut.
    Da die Landung erst in drei Stunden programmiert war, hatte er mit einemmal das Gefühl, er würde ersticken, falls er noch eine einzige Minute in seiner Kabine bliebe. Er ging hinunter zur Aussichtskuppel.
    Der kosmische Staub leuchtete heller hier draußen, und die Sternbilder hatten sich geringfügig verändert; sie wirkten flacher und strahlender. Er hatte 47 Millionen Lichtjahre zurückgelegt… Er konnte diese Entfernung nicht einmal in Kilometer umrechnen. Der Fixstern trug den Namen Prokyon, er war sonnenähnlich: leuchtend gelb und wunderschön. Drei kleine Planeten, ein blauer, ein grüner und ein goldener, hingen wie Anhänger aus Mondstein im Aussichtsfenster. Hinter ihnen erkannte er weitere Sterne, so zum Beispiel den Rubin des Aldebaran…
    »Ihre Heimat«, ließ sich eine aufgeräumte Stimme von hinten hören. »Hallo, Dave. Sind Sie die ganze Zeit raumkrank gewesen? Erinnern Sie sich noch an mich? Ich habe Sie vor etwa sechs Wochen hier in diesem Raum getroffen, wissen Sie das noch?«
    Nein, bitte nicht! dachte Bart und wandte sich zu Tom um.
    »Ich lag im Kälteschlaf.«
    »Das ist ja eine lahme Art, lange Reisen zu machen!« meinte Tom fröhlich. »Ich habe jeden Augenblick genossen. Für mich wird es vermutlich für längere Zeit die letzte Vergnügungsreise gewesen sein. Sie haben wohl schon so viele Raumflüge hinter sich, daß Sie sich langweilen?«
    Bart fiel die Vorstellung schwer, daß ihr Zusammentreffen schon sechs Wochen zurücklag. Ihm kam sowieso alles wie im Traum vor. Je näher der Zeitpunkt heranrückte, desto, unwirklicher erschien ihm der Gedanke, daß er in wenigen Stunden auf einer fremden Welt von Bord gehen würde, mit dem seltsamen Namen Raynor Drei als einzigem Hinweis. Er fühlte sich unerträglich einsam.
    Er dachte daran, daß Tom während jeder Delta-Antriebsphase zwischen den einzelnen Sonnensystemen nur einige Stunden schlafend verbracht hatte und während der sonstigen Reisezeit im wachen Zustand an Bord gewesen war. Er fragte ihn: »Wie fanden Sie den Sirius-Raumhafen?« Das hielt Tom während des gesamten Abendessens in Atem; er berichtete von dem eintägigen Aufenthalt unter dem riesigen weißen Stern, von der Robo-Taxi-Tour, die er über dem weitläufigen Raumhafen unternommen hatte, der beinahe Planetengröße erreichte.
    »Aber im großen und ganzen war es nicht wesentlich interessanter als Luna City, und in bezug auf die Sehenswürdigkeiten kam es da bei weitem nicht mit«, fügte Tom hinzu. »In meinem letzten Studienjahr auf der Raumfahrt-Akademie machten vier von uns eine Reise nach Luna City. Erinnerst du dich noch an das Essen im Kristallzimmer?«
    »Na, und ob – « erwiderte Bart unvorsichtig; er hätte sich die Zunge abbeißen können. Tom sah ihn mit einer Mischung von Besorgnis und Triumph an.
    »Bart«, flüsterte er. »Ich wußte doch, daß du es bist. Allerdings fing ich gerade an, es zu bezweifeln. Warum hast du mir nichts erzählt, alter Junge?«
    Bart spürte den Anflug eines Lächelns, das aber nur bis in seine Mundwinkel reichte. Er sagte ganz leise und mit fast unbewegten Lippen: »Sprich meinen Namen nicht laut aus, Tom. Ich sitze fürchterlich in der Tinte.«
    »Warum hast du mir nichts erzählt? Wozu hat man denn einen Freund?« fragte Tom beleidigt.
    »Wir können hier nicht sprechen«, meinte Tom flüsternd, »und die Kabinen sind alle mit Mikrofonen ausgestattet für den Fall, daß jemand in Atemnot gerät oder im All einen Herzanfall erleidet. Wo können wir hingehen?«
    Sie standen unmittelbar vor dem Quarzitfenster, schienen sich festzuklammern am Rande des schwindelerregenden Abgrunds des Kosmos, und unterhielten sich im Flüsterton, während Prokyon Alpha, Beta und Gamma im Fenster anschwollen wie aufgeblasene Luftballons. Fast ungläubig hörte sich Tom seine Geschichte an.
    »Dein Vater ist also verschwunden? Hör mal, Bart«, sagte Tom, »die Lhari haben meine Kabine ebenfalls durchsucht und an allen Landeplätzen Fragen gestellt. Ich habe mich nach dem Grund gefragt. Es muß sich um mein Diplom von der Raumfahrt-Akademie gedreht haben, also wissen sie wahrscheinlich bereits, daß du dich nicht mehr auf der Erde befindest. Wenn sie dir folgen, könntest du sie sogar selbst zu deinem Vater führen!«
    »Das kann ich wirklich nicht glauben«, sagte Bart langsam. »Ich glaube nicht einmal, daß Briscoe Vaters

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