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Die Farben des Alls

Die Farben des Alls

Titel: Die Farben des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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auf dem Absatz kehrt und ging davon. Er hatte sich angehört wie ein kleinkarierter, hochnäsiger Pinkel. Wer hätte schon den Wunsch, mit so einem Typ Freundschaft zu schließen?
    Niedergeschlagen drückte er in seiner Kabine einige Knöpfe und ließ sich mit ein paar Sorten synthetischen Gelees versorgen, wobei er verärgert an das bessere Essen im Speisesaal dachte. Er wußte, daß er nicht riskieren konnte, Tom erneut über den Weg zu laufen, und beschloß mißmutig, in seiner Kabine zu bleiben.
    Es sah nach einer entsetzlich langweiligen Reise aus.
    Das wurde es auch. Das Lhari-Raumschiff ging erst nach einer Woche in die Delta-Antriebsphase über, und während dieser ganzen Zeit blieb Bart in seiner Kabine, weil er nicht wagte, den Speisesaal oder die Aussichtskuppel zu betreten. Das synthetische Essen hing ihm zum Hals heraus, fast so sehr wie die Bänder aus der Bordbibliothek. Aber er zog sie noch den Grübeleien über das Schicksal Briscoes, den Sorgen um seinen Vater und den Gedanken über seine Zukunft auf Prokyon vor.
    Sie befanden sich bereits eine Woche lang im All, als er endlich wieder ein menschliches Wesen zu Gesicht bekam, und er fühlte sich wahrhaftig erleichtert, als ein mentorianischer Steward in seine Kabine kam, um ihn auf den Kälteschlaf vorzubereiten.
    Bart war nicht genau informiert, wie der Delta-Antrieb funktionierte. Die Sache hatte etwas mit der Relativitätstheorie zu tun; bei der Erzeugung bestimmter Wellenfrequenzen tauchte das Raumschiff sozusagen in eine andere Dimension ein und etliche Lichtjahre von diesem Punkt entfernt wieder auf. Kein menschliches Wesen hatte die Delta-Phase je überlebt, soweit Bart bekannt war, außer in einem narkoseähnlichen Zustand, der von den Lhari-Wissenschaftlern als Kälteschlaf bezeichnet wurde. Während man ihn routiniert beruhigte und in seine Koje schnallte, mußte Bart daran denken, was sein Vater wohl tun würde, wenn sie wirklich das Geheimnis des Delta-Antriebs der Lhari entdecken würden; die Menschen konnten die Phase ja nicht bei vollem Bewußtsein überstehen. Nun, er nahm an, daß man mit automatischer Steuerung arbeiten konnte, oder etwas in dieser Richtung.
    Der Mentorianer hielt inne, die Injektionsnadel in der Hand. »Möchten Sie während der einen Woche, die wir uns jeweils in den Planetensystemen von Proxima, Sirius und Pollux befinden, geweckt werden, Sir? Sie können selbstverständlich durch eine entsprechende Dosierung auch bis zur Landung auf Prokyon Alpha im Kaltschlaf bleiben.«
    Bart überlegte. Seine Kabine ödete ihn an, andererseits reizte ihn die Sache. Als er zur Erde flog, hatte er außer seinem heimatlichen Planetensystem lediglich die Systeme von Proxima und von der Erde gesehen. Das Schiff würde jede der genannten Welten kurz anfliegen, und dann wäre noch die Reise durch die jeweiligen Planetensysteme…
    Entschieden widerstand er der Versuchung. Er wollte lieber nicht riskieren, anderen Passagieren über den Weg zu laufen, falls er sich in seiner Kabine vor Langeweile nicht mehr aushielt. »Ich möchte lieber bis Prokyon schlafen«, entschied er.
    Die Nadel sank in seinen Arm. Er fühlte, wie ihn der Schlaf übermannte, und wurde sich in plötzlicher Panik bewußt, daß er nun hilflos war. Das Raumschiff würde auf drei verschiedenen Welten landen, und auf jeder bestand die Möglichkeit, daß die Lhari von seiner Identität Kenntnis erhielten; man könnte ihn im Narkoseschlaf vom Schiff holen, und vielleicht würde er niemals mehr erwachen! Er versuchte, sich zu bewegen, zu protestieren, ihnen zu erklären, daß er seine Meinung geändert habe – aber er war bereits nicht mehr in der Lage, zu sprechen. Ihn überkam ein plötzliches Kältegefühl. Dann schwebte er auf bunten Schwaden, wie auf einer Wolke von kosmischem Staub; und danach war das Nichts – abgesehen von dem bewußtseinslosen Dämmerreich des Schlafs.
    Und dann fühlte er wieder diese unvermittelte Kälte, und ein mentorianisches Gesicht – ein anderes – beugte sich über ihn und ließ sich dienstbeflissen vernehmen: »Wir sind soeben in das Schwerkraftfeld des Alpha eingeflogen, Mr. Briscoe. Landung in drei Stunden. Wie ist Ihr Befinden?«
    Barts Beine waren wie taub, als er sich aufsetzte, und seine Hände kribbelten, als die Blutzirkulation wieder in Gang kam. Doch seine Körperfunktionen waren derartig verlangsamt durch die Narkoseeinwirkung, daß er nicht einmal Hunger verspürte; der synthetische Brei, den er vor der

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