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Die Farben des Chaos

Titel: Die Farben des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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nennen.
    »Wisst Ihr denn, wie der Handel abläuft?«
    »Darüber weiß ich nicht sehr gut Bescheid. Die Kommissionäre schließen Verträge, in zukünftigen Jahreszeiten Waren zu kaufen oder zu verkaufen, und handeln manchmal mit Waren, die noch gar nicht auf den Feldern gewachsen oder hergestellt worden sind.«
    Kinowin kam zum Tisch, beugte sich vor und stützte die Hände auf die Stuhllehne. »Diese Zwischenhändler und Großhändler und ihre Börsen sorgen dafür, dass der Handel glatter abläuft. Nun ja, diese Erklärung ist so gut wie jede andere. Die Kommissionäre legen sich schon frühzeitig auf einen bestimmten Preis fest, wenn ihnen die Abmachung gewinnbringend erscheint, oder schließen in mageren Zeiten ab, um die Verluste möglichst gering zu halten. Wenn es also … wenn es Unruhen gibt, dann beginnen die Kommissionäre früher als alle anderen, sich auf mögliche Veränderungen einzustellen. Wird es in Certis oder Südwind eine Hungersnot geben? In einer oder zwei Jahreszeiten könnte der Preis für Mais steigen, der Preis für Vieh wird jedoch sinken.«
    »Äh … der Preis für Vieh wird sinken?«
    Kinowin zuckte mit den Achseln. »Wenn die Äcker braun und kahl sind und das Getreide teuer ist, müssen die Bauern und Landbesitzer das Vieh verkaufen.«
    Cerryl hätte am liebsten den Kopf geschüttelt. Über solche Dinge hatte er noch nie richtig nachgedacht.
    Kinowin lächelte belustigt. »Wir wollen zur Sache kommen, Cerryl. In der letzten Zeit ging es an den Börsen recht lebhaft zu. Der Preis für Holz wird steigen. Wisst Ihr den Grund?«
    Cerryl sah den Obermagier hilflos an.
    »Schiffe … man braucht Holz, um Schiffe zu bauen. Man braucht dafür altes, schweres Eichenholz und lange Kiefernstämme.«
    Cerryl verstand.
    »Seht Ihr? Und nun sagt mir, was das zu bedeuten hat.«
    »Also … wenn jemand Schiffe baut, obwohl nicht mehr viele Händler nach Fairhaven kommen, dann werden keine Handelsschiffe, sondern Kriegsschiffe gebaut …«
    »Recluce und Spidlar bauen neue Schiffe. Ich würde sagen, es sind Handelsschiffe. Andere … andere bauen andere Schiffe, weil sie in den Handelsbeziehungen ins Hintertreffen geraten sind.«
    »Bauen wir Schiffe? In Sligo?«
    »Ich will nur so viel sagen, dass es mich nicht wundern würde, wenn der Erzmagier mit den Werftbesitzern in Sligo übereingekommen wäre, mehrere neue Schiffe auf Kiel zu legen. Auch diesen Punkt würde ich allerdings Fremden gegenüber keinesfalls erwähnen.«
    »Jawohl, Ser.«
    »Myral sagte, Ihr hättet hart daran gearbeitet, eine ganze Reihe verschiedener Fähigkeiten zu erwerben.« Kinowin sah Cerryl scharf an. »Angesichts der Zeiten, in denen wir leben, würde ich Euch empfehlen, diese Arbeit fortzusetzen. Als Wächter am Tor habt Ihr Zeit und Gelegenheit zu üben. Ihr könnt beispielsweise versuchen, die Illusion zu erzeugen, nicht dort zu stehen, wo Ihr tatsächlich seid. Ich habe allerdings den Verdacht, dass Ihr Euch ohnehin schon mit dieser Disziplin befasst habt.« Kinowins Augen blitzten. »Ihr könntet auch versuchen, Eure Chaos-Sinne weiter zu schärfen, bis Ihr mit den Sinnen allein in der Lage seid, jeden einzelnen Gegenstand in einem Wagen zu fühlen. Ich will Euch nicht zu viele Vorschläge machen, aber jede Fähigkeit, die Ihr schult, wird ihrerseits Eure übrigen Fähigkeiten stärken.« Der große Magier richtete sich wieder auf und ließ die Stuhllehne los.
    »Ja, Ser.«
    »Wir sehen uns morgen.« Kinowin drehte sich wieder zum Fenster um. Die Wolken draußen waren dunkler geworden, in der Ferne grollte Donner über Fairhaven.
    Cerryl ging hinaus und schloss hinter sich die Tür.
    »… Tür gehört. Er hatte Recht, dass es nicht lange dauern würde, Magierin. Und danke für Eure freundlichen Worte …«
    »Vergesst es nur nicht …« Leyladin, die sich mit dem jungen Boten unterhalten hatte, drehte sich um.
    Gostars Dienst war offenbar zu Ende. Ein Weißer Wächter, den Cerryl nichts kannte, hatte seinen Platz eingenommen, ein Mann mit kantigem Gesicht und kurz geschnittenem Bart.
    »Wollen wir gehen?«, fragte die rotblonde Heilerin. »Ich habe Hunger.«
    »Ich auch.«
    Leyladin verabschiedete sich von dem Boten mit einem freundlichen Lächeln. Der junge Bursche lächelte schüchtern zurück.
    »Du hast anscheinend einen neuen Freund gefunden«, sagte Cerryl, als sie zusammen durch die Vorhalle zur Tür gingen.
    »Die meisten von ihnen sind einsam.«
    Cerryl dachte darüber nach. Die Kinder der Magier fanden

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