Die Farben des Chaos
Magier.« Jeslek lachte. »Und Ihr wart noch nicht mit Anya im Bett.«
»Angesichts meiner Jugend schien es mir ratsam, darauf zu verzichten.«
»Wie gefällt Euch der Dienst bei der Stadtwache?«
»Ich lerne jeden Tag dazu, ich erfahre viele Dinge über Fairhaven, und das finde ich gut, denn ich bin nicht hier aufgewachsen.«
»Das ist für jeden Magier gut, auch wenn er hier geboren wurde.« Jesleks Augen funkelten unwillig. »Ihr orientiert Euch zu sehr an Myral, Cerryl.«
»Myral? Ich schätze seine Weisheit.«
»Seine Weisheit … nun, da will ich nicht widersprechen.« Der Erzmagier lächelte überheblich. »Nur wenige Magier verstehen so viel wie Myral. Aber nur wenige werden in ähnlicher Weise durch ihr Verständnis derart gelähmt. Myral ist zu vorsichtig. Es gibt einen Augenblick, in dem man zuschlägt, und einen Augenblick, da man abwarten muss. Myral will immer nur abwarten.«
»Er bleibt vorsichtig«, tastete Cerryl sich vor, »aber … Ihr seid der Ansicht, dass man zuschlagen muss?«
Jeslek nickte. »Wenn wir nicht allen zeigen, dass Fairhaven nicht nur geachtet, sondern auch gefürchtet werden muss, dann werden die Herrscher im gesamten Osten Candars alle Weißen Magier an ihren Höfen verachten.«
»Habt Ihr deshalb die kleinen Osthörner wachsen lassen?«
»So nennt Ihr sie? Wollt Ihr mich schmähen, indem Ihr sie klein nennt?«
»Um Gallos zu teilen, habt Ihr sie geschaffen«, fuhr Cerryl fort, als hätte er Jesleks Einwand nicht gehört. »Das Land ist zu groß, um mit einer Gebirgskette in seiner Mitte zusammengehalten zu werden.«
»Habt Ihr den Marktplatz gesehen, Cerryl? Mit jedem Achttag kommen weniger Händler her. Wisst Ihr den Grund? Der Grund ist, dass die Waren knapp werden. In Hydlen oder Kyphros gibt es mehr zu kaufen und dort muss man keine Straßenzölle zahlen. Nachdem sie über Jahre von unseren Straßen und unseren Mühen profitiert haben, wenden sie sich ab, sobald sie von den Herrschern eines anderen Landes ermuntert werden. Man sollte die Herrscher auswechseln.«
»Wie etwa in Hydlen?«
»Oder in Gallos. Selbst nach meinem Besuch mit Eliasar und dem Wachsen der Chaos-Berge sträuben sich die gallischen Händler noch. Sie vergessen, wie viele Jahre sie von den Weißen Straßen profitiert haben, und leugnen ihre Schulden.«
»So geht es eben, Ser«, warf Cerryl ein, »wenn man die Leute nicht zwingt, sich zu besinnen.«
»Was schlagt Ihr also vor, o weiser junger Magier?«
»Ihr habt viel größere Erfahrung als ich. Ich kann keine Vorschläge machen. Ich weiß nur, dass die meisten Männer auf das Schwert, auf Silberstücke oder auf die Kraft des Chaos hören, jedoch nicht auf Worte. Wir können aber im Augenblick nicht genügend Goldstücke aufbringen.«
Jesleks Sonnenaugen erwiderten den Blick des jüngeren Magiers und musterten ihn gründlich. »Wisst Ihr, dass die Zustände in Spidlar immer schlimmer werden? Wie ich hörte, treiben sich inzwischen auf allen Nebenstraßen Räuber herum.«
»Davon habe ich noch nichts gehört, aber ich kann nicht sagen, dass es mich überrascht. Es ist allerdings doch nur in unserem Interesse, wenn es dort Wegelagerer gibt.«
»Wusstet Ihr, dass der Vicomte von Certis Truppen geschickt hat, um sie im Zaum zu halten, nachdem Spidlar nichts unternahm?«
»Ich nehme an, seine Bemühungen waren von keinem großen Erfolg gekrönt?«
Das Funkeln in Jesleks Augen wurde stärker und Cerryl fragte sich, ob er nicht zu weit gegangen war.
Wahrscheinlich … aber jetzt kannst du nicht mehr zurück.
»Wenn Ihr nicht ein Schüler Myrals wärt, Cerryl, dann könntet Ihr gefährlich sein.«
»Ihr wisst, dass ich bei weitem nicht so viel Kraft habe wie Ihr.«
»Ich weiß, dass Ihr noch nie solche Kräfte entfesselt habt und dass Ihr es nur ungern tut.« Jeslek zog die Augenbrauen hoch. »Ihr versucht, so selten wie möglich die Chaos-Energie einzusetzen. Viel seltener, als es angebracht wäre. Das ist klug, falls Ihr die Fähigkeit habt, über die Kraft zu verfügen, wenn Euch kein anderer Ausweg bleibt. O ja, junger Cerryl. Es wird eine Zeit kommen, da Euch nichts anderes übrig bleibt, als gewaltige Kräfte zu beschwören.« Ein verschlagenes Lächeln zog über das Gesicht des Erzmagiers. Er berührte nachdenklich das Amulett, das um seinen Hals hing. »In diesem Punkt irren sich Myral und Kinowin. Aber Ihr müsst mir jetzt nicht glauben. Beobachtet einfach nur.«
»Das werde ich tun«, sagte Cerryl leise.
»Ich weiß, dass Ihr
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