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Die Farben des Chaos

Titel: Die Farben des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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gerade als Magier der Stadtwache nicht die Regeln brechen darf. Wie können die Leute noch den Magiern trauen, wenn wir uns nicht einmal selbst an die Regeln halten, die wir aufstellen? Es ist so schon schlimm genug und jetzt ist Erntezeit. Wie soll es erst mitten im Winter werden?«
    »Noch viel schlimmer«, stimmte Lyasa zu. »Aber du bist nicht dafür verantwortlich, dass es so gekommen ist. Du hast einen Fehler gemacht, aber jeder macht mal einen Fehler.«
    Cerryl schüttelte nur den Kopf.
    »Manchmal … manchmal darf man eben keine Fehler machen.« Jedenfalls nicht ich … wenn alle mich beobachten … und hoffen, dass ich einen Fehler mache.
    Sie legte ihm die Hand auf die Schulter. »Das tut mir Leid. Kann ich etwas für dich tun?«
    »Nein, im Augenblick wohl nicht.« Er richtete sich auf. »Ich habe getan, was ich tun konnte. Jetzt muss ich abwarten, was passieren wird. Hoffentlich wird es nicht zu schlimm.« Wie kann ich das hoffen, wenn Jeslek und Redark für die Disziplinarmaßnahmen zuständig sind?
    »Wenn du jemanden zum Reden brauchst, ich bin da.«
    »Danke.« Er schluckte schwer. »Ich bin dir wirklich dankbar.«
    Lyasa lächelte leicht und ging.
    Cerryl setzte sich schwer und starrte auf das leere Spähglas.

 
LI
     
    C erryl schaute vom Tisch auf, als Isork in der Tür auftauchte. Als der Kommandant der Stadtwache hinter sich die Tür der Wachstube geschlossen hatte, stand Cerryl sofort auf. »Ser.«
    »Cerryl …« Der Kommandant sprach leise, fast bedauernd. »Gyskas hat gemeldet, was sich gestern Nachmittag ereignet hat.«
    »Ich habe damit gerechnet, Ser.« Cerryl nahm ein versiegeltes Dokument vom Schreibtisch, trat vor und hielt es seinem Vorgesetzten hin. »Hier ist mein Bericht. Ich glaube, er wird nicht sehr von Gyskas’ Bericht abweichen.«
    Isork blieb stehen, wo er war, faltete das Blatt auf und las es. Dann las er es anscheinend sogar noch ein zweites Mal, ehe er Cerryl den Bericht zurückgab. »Mir ist Gyskas’ Bericht lieber und Ihr würdet wohl nicht anders denken. Er war erheblich milder mit Euch als Ihr selbst. Das spricht für Euch, aber es ist nicht sinnvoll, die Dinge schlimmer zu machen, als sie sind.«
    »Ja, Ser.« Cerryl faltete den Bericht zusammen und steckte ihn in die Gürteltasche.
    »Cerryl, es tut mir Leid. Aber wir können die Regeln für die Stadtwache nicht verändern.«
    »Das verstehe ich, Ser. Besonders jetzt nicht. Aber es schien nichts richtig zu passen. Er hat sich der Festnahme nicht widersetzt und mich nicht angegriffen. Er hat die Wahrheit gesagt. Soll ich ihn wirklich zum Straßenbau schicken, weil er nur noch zwischen dem Stehlen und dem Hungertod für seine Schwester wählen konnte?«
    »Wir dürfen solche Verstöße nicht zulassen«, meinte Isork lächelnd. »Ganz egal aus welchem Grund sie geschehen. Die Menschen haben oft sehr gute Gründe, die Gesetze zu brechen. Manchmal, wie jetzt, trägt die Gilde sogar einen Teil der Schuld. Es ist leicht, für Ruhe und Ordnung zu sorgen, wenn es den Menschen gut geht. In schlechten Zeiten ist es viel schwerer. Aber in schwierigen Zeiten ist es besonders wichtig, dass Fairhaven ruhig bleibt.«
    Wie kann die Stadt ruhig bleiben, wenn die Menschen nichts mehr zu essen haben?
    »Ich weiß, dass Myrals Tod Euch zugesetzt hat. Kinowin sagte es mir, als ich heute Morgen mit ihm sprach.
    Aber Ihr müsst Eure Pflicht den Vorschriften entsprechend tun, ganz gleich, was Ihr empfindet. Ich kann nicht zulassen, dass die Magier der Stadtwache die Leute mit Brandwunden markieren. Was habt Ihr Euch nur dabei gedacht?«
    »Ich habe nicht nachgedacht, Ser. Ich dachte einen Augenblick, ich könnte ihm das Brandmal als eine Art Denkzettel mitgeben, aber dann wurde mir klar, dass es so nicht geht. Deshalb brachte ich ihn her. Ich hätte ihn wahrscheinlich zum Abfallkommando schicken sollen, aber ich habe nicht nachgedacht. Es ging alles so schnell.«
    »Nein … Ihr hättet ihn sofort ins Südgefängnis schicken sollen, damit er zum Straßenbau geschickt wird. Ohne ihm ein Brandmal zu verpassen.« Isork lächelte. »Und dann hätten wir dafür sorgen können, dass er auf dem Weg zu seinem Einsatzgebiet fliehen kann. Wir werden das sowieso tun, aber wir müssen dafür sorgen, dass er erst fliehen kann, wenn er wieder wohlauf und weit weg ist, am besten in Kyphros.«
    Cerryl riss den Mund auf.
    »Das ist die zweite Lektion. Wir sind nicht völlig gefühllos. Aber was wir tun, muss so aussehen, als wären wir es und als würden

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