Die Farben des Chaos
sein, über die Anya sich Sorgen macht.«
»Ich auch nicht. Aber ich weiß nicht, warum sie diese Frau nicht leiden kann«, räumte Cerryl ein. »Ich weiß nur, dass diese Händlerin, falls sie es ist, mit einem Schwarzen Schmied befreundet ist.«
»Das gefällt mir nicht.« Heralt verzog das Gesicht. »Der Präfekt von Gallos widersetzt sich der Gilde mehr oder weniger offen, der alte Präfekt hat Sverlik ermordet, der Fürst von Hydlen bringt den rechtmäßigen Fürsten um … der noch ein kleiner Junge war … und versucht, Gorsuch zu ermorden, bevor er dann selbst verschwindet. Das sieht übel aus.«
Ja, es wird immer schlimmer, stimmte Cerryl innerlich zu. Und es wird noch weit schlimmer werden, auch wenn du keine handfesten Beweise dafür hast. »Ja, so sieht es aus.«
»Aber warum?«, fuhr Heralt fort. »Es gab doch auch früher schon schlechte Ernten. ‚Das ist nichts Neues. Es gab immer wieder Vicomtes und Präfekten und Fürsten, die Einwände gegen die Wegezölle erhoben. Auch das ist nicht neu. Es gab Händler in Fairhaven, die die Gilde nicht mochten, das ist auch nicht neu. Recluce existiert seit hunderten von Jahren und war immer unser Feind. Aber wir haben mehr Magier und mehr Weiße Hauptstraßen als je zuvor und den meisten Menschen in Candar geht es besser als früher.« Der dunkeläugige Magier spreizte hilflos die Finger.
»Ich weiß es auch nicht.« Cerryl überlegte. Er hätte beinahe gesagt, dass die Menschen offenbar die Gilde nicht mehr respektieren wie früher, aber stimmte das auch? Wie konnten die anderen Länder in Candar – und Recluce – Fairhaven nicht respektieren, nachdem Jeslek ein gewaltiges Beispiel seiner Macht gegeben und die Kleinen Osthörner hatte wachsen lassen? »Ich weiß es nicht.«
Heralt stand auf. »Ich muss gehen.« Er grinste. »Wir sehen uns.«
»Wie heißt sie?«
Heralt schüttelte nur den Kopf.
»Du willst es mir nicht verraten? Kluger Mann.«
Heralt grinste noch breiter und ging.
Cerryl beendete sein Essen allein, ohne auf das Geschnatter der Anwärter zu achten.
Statt nach dem Essen in sein Zimmer zurückzukehren, lief Cerryl durch den Innenhof mit dem Springbrunnen und seiner kalten, vom Wind gepeitschten Gischt in die vordere Halle. Dort stieg er die Treppe zum ersten Stock des Weißen Turms hinauf, ging an den Wachen vorbei zu Kinowins Zimmer und klopfte an.
»Ihr könnt eintreten, Cerryl.«
Cerryl schloss hinter sich die Tür.
Kinowin schaute auf. Er stand am Bücherregal und hatte in einem Buch gelesen, das er aufgeschlagen in einer seiner riesigen Hände gehalten hatte. »Ich hoffe, es geht nicht um den Streifendienst. Darüber müsst Ihr mit Isork reden, falls Ihr wirklich wieder zur Stadtwache wollt. Aber es würde noch mindestens ein Jahr dauern.«
»Nein, Ser. Es geht nicht um die Stadtwache. Jedenfalls nicht, soweit ich weiß.«
Kinowin warf noch einen Blick ins Buch und klappte es zu. »Dann setzt Euch.«
Cerryl setzte sich. Seine Nase juckte. War es der Staub des alten Buchs, in dem Kinowin gelesen hatte? Er rieb sich die Nase und das Jucken wurde schwächer, hörte aber nicht ganz auf.
Kinowin ging zum Fenster, wo er mit dem Rücken zu dem purpurnen und blauen Wandbehang stehen blieb. Durch die dicke Scheibe, die wegen des kühlen Abendwindes geschlossen war, blickte er nach draußen. »Was gibt es also?«
»Fydel und die Lanzenreiter haben eine Händlerin festgenommen.«
»Und das beunruhigt Euch?«
»Ja«, antwortete Cerryl unumwunden. »Ich kann keinen Grund dafür erkennen, zumal die Gilde ohnehin schon eine Menge Schwierigkeiten hat. Fydel könnte eine Händlerin auch ohne eine komplette Abteilung Lanzenreiter dazu bringen, sich an die Regeln zu halten.«
»Das ist wirklich seltsam.« Der Obermagier nickte, ohne Cerryl anzuschauen.
Der jüngere Magier wartete.
»Ja, Ser.«
»Warum macht Ihr Euch wegen einer einfachen Händlerin solche Sorgen?«, fragte Kinowin, indem er sich endlich wieder umdrehte.
Wie viel sollte er Kinowin verraten? Er räusperte sich. »Vor einiger Zeit habe ich eine Bemerkung Anyas über eine Händlerin gehört, die mit dem Schmied in Spidlar in Verbindung stehen soll … mit dem Schwarzen Schmied, den Jeslek im Auge behält. Ich glaube, er heißt Dorrin.«
Kinowin hob die buschigen Augenbrauen. »Und?«
Cerryl zuckte mit den Achseln. »Eigentlich geht es mich ja nichts an. Aber es beunruhigt mich, auch wenn ich den Grund nicht nennen kann.«
»Wer sich in Dinge einmischt, die nicht zu
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