Die Farben des Chaos
funkelten. Er musste nicht anklopfen. Noch bevor er den bronzenen Türklopfer heben konnte, wurde die Tür von innen geöffnet.
»Ich bin froh, dass du da bist.« Die rötlich blonde Heilerin lächelte.
Cerryl erwiderte das Lächeln. »Ich auch.« Er folgte ihr durch den mit Seidenbehängen geschmückten Flur, durch das nach Orangen duftende lang gestreckte Wohnzimmer am Bild von Leyladins Mutter vorbei bis in das mit roter Eiche vertäfelte Arbeitszimmer, in dem Cerryl Leyladins Vater zum ersten Mal begegnet war.
Layel stand sofort vom Schreibtisch auf, als Cerryl eintrat. »Guten Abend, Cerryl. Ja, es ist wirklich ein schöner Abend.«
»Ja, das ist es.« Cerryl warf einen kurzen Blick zu Leyladin.
»Tja, dann sollten wir jetzt wohl essen.« Layel winkte ihnen und sie begaben sich ins benachbarte Esszimmer.
Auch dieses Mal war der lange Tisch aus weißer, golden abgesetzter Eiche, an dem gut zwanzig Gäste hätten sitzen können, nur für drei gedeckt. Die Gedecke standen an dem Ende des Tisches, das der Küche am nächsten war. Die Lampen waren bereits angezündet, obwohl das orangerote Licht des Sonnenuntergangs das Zimmer erfüllte.
»Meridis …«
»Bin schon da und hier ist auch die Suppe.« Die grauhaarige Köchin brachte eine Terrine aus weißem Porzellan und stellte sie auf die Ecke des Tischs. »Nun setzt Euch doch, bevor es kalt wird.«
Layel lud seine Tochter mit einer Geste ein und wartete, bis Leyladin saß. Dann nahmen er und Cerryl fast gleichzeitig Platz.
Während Meridis mit einer Kelle die Suppe in weiße Porzellanschalen verteilte, schenkte Layel Weißwein aus einer großen Flasche in drei zierliche Kristallgläser ein.
Die Suppe war goldbraun wie Senf und zähflüssig, aber zum Glück nicht sehr scharf. Cerryl kostete mit dem großen Löffel zunächst nur vorsichtig, dann aß er einen vollen Löffel und gleich noch einen. »Die Suppe ist gut … was ist es?«
»Das ist eine Kürbiscremesuppe.« Leyladin reichte ihm die Porzellanplatte mit dem Brot.
Cerryl nahm sich ein Stück Weißbrot mit goldener Kruste.
»Eine ihrer vielen Spezialitäten«, fügte Leyladin hinzu.
»Sie hat so viele Spezialitäten, dass man von Spezialitäten eigentlich schon nicht mehr reden kann.« Layel lächelte Meridis an, die mit der Terrine wieder auf dem Rückweg in die Küche war.
Wenig später stellte Cerryl fest, dass er ohne ein weiteres Wort die Suppe und das Brot verdrückt hatte.
»Der Dienst bei der Stadtwache macht anscheinend hungrig.«
»Ja, und das Lernen kommt noch dazu. Es steckt mehr dahinter, als mir am Anfang bewusst war.« Cerryl lachte. »Aber das habe ich bisher noch bei jeder Beschäftigung festgestellt.«
Layel lachte. »Das kann wohl jeder Mann sagen, der irgendwann einmal eine Aufgabe übernommen hat.«
»Und was ist mit den Töchtern?«, fragte Leyladin in gespielter Unterwürfigkeit.
»Meine Tochter, in dir steckt schon seit deiner Geburt erheblich mehr, als man auf den ersten Blick sieht. Warum hätte sich das ändern sollen?«
Cerryl grinste.
Leyladin wandte sich mit dem gleichen unterwürfigen Ausdruck an ihn. »Findet Ihr das amüsant, Ser Weißer Magier?«
»Nein, Herrin Leyladin … es ist ganz einfach nur wahr. Du hast mich bei unserer ersten Begegnung in Erstaunen versetzt und es gelingt dir immer noch.«
Layel musste schallend lachen. »Er kennt dich gut, meine Tochter. O ja, er kennt dich.«
Leyladin verzog das Gesicht, fand aber sofort wieder zu ihrer unterwürfigen Pose zurück. »So bin ich leider von Unverständnis umgeben. Hat denn niemand Mitleid mit meinem schweren Los?«
Cerryl schüttelte den Kopf.
Die grauhaarige Köchin kehrte zurück, räumte die Suppenschalen ab und servierte drei große Teller. Auf einem lagen vier Geflügelteile, mit Orangensoße übergossen, auf dem zweiten Kartoffelspalten mit weißer Soße und auf dem dritten lange Streifen, anscheinend Wurzeln, die ebenfalls mit weißer Soße bedeckt waren.
»Du hast doch hoffentlich keine Quilla gemacht?« Leyladin sah zwischen Meridis und ihrem Vater hin und her.
»Ich mag sie zufällig, meine Tochter.«
»Sie schmecken wie Sägemehl.« Die blonde Heilerin verzog das Gesicht.
»Dann mag ich eben Sägemehl«, erwiderte der Händler.
Nach kurzem Schweigen nahm Layel ein Stück Geflügel und ein paar Kartoffeln und häufte sich einen Berg Quilla auf den Teller. »Ich war heute auf der halbjährlichen Versteigerung im Hauptsitz der Stadtwache.«
Cerryl nickte und nahm sich Geflügel,
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