Die Farben des Chaos
andere Wahl, als mit der Schwarzen Insel Handel zu treiben und Bedingungen hinzunehmen, die für Creslin äußerst günstig waren.
Die Ersten, die schwach wurden, waren die Länder im Westen, wo die Legende der Schwarzen Engel noch einen stärkeren Einfluss hatte. Von Rulyarth schickte die Tyrannin von Sarronnyn zehn Schiffe aus, die mit allen Arten von Waren beladen waren. Diese Waren schenkte die Tyrannin Megaera zur Vermählung und hoffte, Recluce werde Sarronnyn dadurch besonders gewogen sein.
Auch aus Südwind kamen Tribute. Kupfer und duftende Öle, die kostbar genug für die Gemahlinnen des Imperators von Hamor gewesen wären, kräftige Stuten, wie sie in der erbarmungslosen Hitze der Steinhügel gezüchtet wurden.
Sogar die silberhaarigen Druiden aus Naclos schickten Seide und dunkles Lorkenholz, das die Schwarzen Handwerker so sehr schätzen und das von denen, die auf dem Weg von Wohlstand und Licht schreiten, nicht verwendet werden kann. Und kostbare Steine schickten sie, die man nirgends findet als in den heimlichen Tiefen des Verwunschenen Waldes.
So begann das Bündnis zwischen der dunklen Insel und den Ländern hinter den Westhörnern, und bis auf den heutigen Tag werden diejenigen, die von der Schwarzen Insel vertrieben werden, nicht in die Länder hinter den Westhörnern geschickt, sondern in andere Länder, die nicht in der Gunst der Schwarzen stehen und es nicht wagen, die Verstoßenen zurückzuweisen, weil sie fürchten, die Magier von Recluce könnten noch einmal das Meer und den Himmel selbst gegen Candar in die Schlacht schicken.
Im Lauf der Generationen hat Recluce seine Verbannten und Pilger nach Candar geschickt und einige, wenn nicht die meisten, fanden Candar angenehm und friedlich und ihren Vorstellungen entsprechend. So blieben sie und schlossen sich dem Weg von Licht und Wohlstand an.
Jene, die Recluce verlassen, beweisen durch den Wert, den sie für Candar haben, welch bewundernswerte Eigenschaften auf der Schwarzen Insel übel angesehen sind und wie schlecht jene, die dem gewundenen Pfad der dunklen Ordnung folgen, über das Licht denken und über das Wissen um das wahre Wesen der Welt und über alles, was jenseits unseres Himmels liegt …
Die Farben der Weiße
(Handbuch der Gilde von Fairhaven)
Vorwort
XXXIII
E ine feiste Fliege summte behäbig durch die offene Tür der Wachstube und ließ sich im grauen Morgenlicht auf dem polierten Stein neben dem hohen, vergitterten Fenster nieder. Der schwache Luftzug, der durchs offene Fenster hereinwehte, brachte einen kalten Hauch mit, der vom nahenden Winter kündete.
Cerryl stand auf und starrte einen Augenblick seinen Schreibtisch und die erloschene Lampe an. »Zubal!«
Der schmächtige, rot uniformierte Bote tauchte sofort in der Tür auf und verneigte sich. »Ja, Ser?«
»Wenn etwas passiert, kannst du mich den Rest des Vormittags über bei Kesals Streife erreichen. Du weißt, welchen Bereich sie in den nächsten zwei Achttagen übernimmt?« Nach den Regeln der Stadtwache durfte keine Streife länger als drei Achttage in einem Revier bleiben, danach musste die Streife zunächst die anderen neun Reviere in ihrem Viertel durchlaufen, ehe sie zurückkehren durfte. Alle halbe Jahre wurden die Streifen sogar zwischen den vier Stadtvierteln ausgetauscht.
»Ja, Ser. Die Töpferwerkstätten, die Gerbereien und die Steinmetzen.«
»Gut. Dann weißt du also, wo ich zu finden bin, falls mich eine der anderen Streifen braucht.«
Zubal schlug die dunkelbraunen Augen nieder und verneigte sich. »Jawohl, Ser.« Er ging wieder hinaus und setzte sich im Flur auf den Hocker, der dort für die Boten bereitstand.
Cerryl kam hinter dem Schreibtisch hervor. Er warf noch einen kurzen Blick zu den Kästchen mit den Schriftstücken, den Papierstapeln und dem Federhalter. Dann ging er am schweigenden Zubal vorbei zum Hauptraum.
Ein Wachmann, der zu Fystls Streife gehörte, verließ gerade den Mannschaftsraum.
»Guten Tag, Ser«, sagte Fystl nickend, dass sein breiter Schnurrbart wippte.
»Guten Tag, Fystl.« Als Cerryl den Mannschaftsraum betrat, verstummten die Unterhaltungen oder Unterweisungen. Er blickte zu dem Wachmann, der neben dem Steinpodest wartete. »Kesal? Kann ich Euch kurz sprechen?«
»Ja, Ser.« Der drahtige Streifenführer kam durch den Raum und trat zu Cerryl in den Flur. Er sah Cerryl aus seinen braunen Augen fragend an.
Cerryl betrachtete die saubere, glatte weiße Uniform, den roten Gürtel der Stadtwache, das
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