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Die Farben des Chaos

Titel: Die Farben des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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allem für die jungen Wachsoldaten.« Kesal lächelte. »Nach zehn Jahren spielt es für mich jetzt keine Rolle mehr, wo ich eingesetzt werde, weil ich überall die Leute kenne. Nicht alle, aber die Leute kennen mich. Das ist gut, denn wenn die Streifenführer ausgetauscht werden, können die Leute, die Schwierigkeiten haben, immer noch zu mir kommen.«
    Cerryl war nicht sicher, ob Kesals Vertrautheit mit den örtlichen Gegebenheiten wirklich so gut war. Aber andererseits gab es sowieso kein narrensicheres System für eine Stadtwache. Wenn die Stadtwächter sich mit einem bestimmten Bezirk zu sehr verbunden fühlten, ließen sie den Leuten wahrscheinlich zu viel durchgehen, weil sie auf gutem Fuß mit ihren Nachbarn stehen wollten. Wenn sie die Gegend nicht gut genug kannten, übersahen sie viel und bekamen die schlimmsten Halunken, die sich in den dunkleren Gassen und hinter abweisenden Mauern herumtrieben, überhaupt nicht zu Gesicht. »Man darf nicht zu freundlich werden, aber auch nicht zu fremd sein?«, fragte Cerryl schließlich.
    Kesal nickte. »Wenn sie Euch kennen, dann erzählen die Leute Euch, was sie in ihrer Umgebung stört. Das tun sie aber nur, wenn man sich nicht bei ihnen einschmeichelt. Andererseits wollen sie natürlich auch vermeiden, dass die Stadtwache allzu viel erfährt.«
    Cerryl konnte das gut nachvollziehen. O ja, er verstand es sehr gut. Schon als Lehrling war er den Streifen meistens aus dem Weg gegangen. Als Chaos-Bändiger und Sohn eines Abtrünnigen, der von der Gilde getötet worden war, hatte er gute Gründe dafür gehabt. Er unterdrückte ein wehmütiges, trauriges Lächeln. Es ist seltsam … dass du ein Weißer Magier geworden bist, obwohl sie deinen Vater getötet haben.:, nur dass diejenigen, die es getan haben, keine Wahl gehabt haben … und du hast ihn sowieso kaum gekannt … und dass er auch ein Weißer Magier werden wollte … aber das war wohl die einzige Möglichkeit, um zu überleben. Und heute verstehst du, warum das geschehen muss, wovor du Angst hattest. Nach kurzem Überlegen fügte er bei sich hinzu: Mehr oder weniger.
    »Guten Morgen, Beykr.« Kesal begrüßte nickend den gebeugten weißhaarigen Mann, der die Tür eines winzigen Ladens öffnete, über dessen Tür ein kleiner geschnitzter Stiefel hing. Die Wände neben der Tür hatten keine Fenster.
    »Einen guten Morgen auch, Wachmann Kesal.« Nach einem winzigen Zögern fügte Beykr hinzu: »Und auch Euch, Ser Magier.«
    »Danke«, erwiderte Cerryl. »Ich hoffe, Ihr werdet heute einen erfolgreichen Tag haben und Euer Geld verdienen.«
    Beykr nickte höflich und kehrte in seine dunkle Werkstatt zurück.
    »Er macht gute Stiefel, wie ich hörte, aber die sind mir zu fein.« Kesal deutete nach Osten. »Miern … seine Werkstatt ist eine Straße weiter … bei dem kaufe ich meine Stiefel. Kräftiges Leder, schwere Absätze und dicke Sohlen. Und sie passen mir immer gut. An den Stiefeln sollte man nicht sparen. Ich sage allen neuen Männern, sie sollen jeden Zahltag ein paar Kupferstücke für neue Stiefel zur Seite legen.«
    Nachdem sie an einigen geschlossenen Türen vorbeigekommen waren, darunter auch dem Eingang von Mierns Werkstatt, stießen Pikek und Bleren aus der südlichen Seitenstraße wieder zu ihnen.
    »Ja?«, fragte Kesal ruhig.
    »Äh … Ser, da ist ein Karren mit einem toten Pferd.« Blerens Stimme klang heiser. »Ich weiß nicht, warum er dort liegen geblieben ist. Wenigstens den Karren hätten sie doch mitnehmen können.«
    Kesal grinste. »Ein Glück, dass der Bezirks-Magier bei uns ist.«
    Cerryl nickte nur. Wahrscheinlich musste er das tote Tier beseitigen. Nicht auszudenken, welches Chaos in dem Kadaver steckte.
    »Chulk, Olbel … wartet hier.«
    Chulk überquerte die leere Straße und gesellte sich zum dunkelhäutigen Olbel, während Cerryl und Kesal den anderen beiden Wachleuten folgten.
    Ein Stück die Gasse hinauf lag ein totes Pferd im Ledergeschirr verheddert und halb über der Deichsel des Karrens. Cerryl runzelte die Stirn und ließ die Sinne über das Pferd gleiten. Abgesehen von dem Chaos, das bei einem toten Tier ohnehin zu erwarten war, konnte er nichts Ungewöhnliches spüren. Auf dem Kutschbock des Karrens spürte er jedoch ein wenig Chaos. Er trat näher heran. Die Seitenwände waren in hellem Purpur gefärbt, die Kanten gelb abgesetzt. Dunkelrote Flecken waren auf dem Holzsitz zu sehen. Cerryl warf einen Blick zu Kesal.
    »Der Karren gehört keinem hier aus der Gegend. Die

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