Die Farm am Eukalyptushain
Konsequenzen nachdenken konnte, warf er die Unterlagen auf den Schreibtisch,raffte sein Jackett vom Haken und eilte durch den Korridor zum Büro des Direktors.
Der Schlüssel zu seiner Schreibtischschublade blinkte im Sonnenlicht, das durch das Fenster hereinflutete. In seiner Hast hatte Tom ihn vergessen.
EINUNDZWANZIG
I ch will ihn nicht heiraten«, erklärte Harriet mit Entschiedenheit. »Genauer gesagt«, fügte sie hinzu, »ich will im Moment überhaupt niemanden heiraten. Also gib Ruhe!« Sie fragte sich, wie um alles in der Welt ihre Mutter dieses Thema hatte anschneiden können, wenn sie doch ihren Besuch aus einem völlig anderen Grund geplant hatte. Aber Harriet hegte den Verdacht, dass Jeanette Wilson das mit Absicht getan hatte, und Harriet wusste genau, wohin die Auseinandersetzung führen würde. Es war immer dasselbe, wenn das Gespräch sich um dieses heiße Eisen drehte, und auch wenn Harriet in der Kunst des logischen Debattierens und Argumentierens vor Gericht schon eine Menge Erfahrung gesammelt hatte, gelang es ihr nie so recht, die gewundenen Schlussfolgerungen ihrer Mutter zu umschiffen oder auch nur zu verstehen.
Jeanette war nicht die Frau, die sich durch einen Wink mit dem Zaunpfahl von ihren Plänen abbringen ließ. Sie war eine gut erhaltene Dreiundfünfzigjährige mit eingleisiger Denkweise – und im Moment richteten sich ihre Gedanken auf die Tatsache, dass ihre Tochter immer noch unverheiratet war. Sie verschränkte die Arme und presste missbilligend die Lippen zusammen. Mit einem vernichtenden Blick musterte sie das elegante schwarze Kostüm, die weiße Bluse und die flachen Schuhe. »Du bist allmählich zu alt, um wählerisch zu sein«, sagte sie in nachsichtigem Ton. »Und du machst nicht gerade das Beste aus dir. Schwarz kann so farblos wirken, besonders bei deinem Teint.«
»Ich kann ja wohl kaum in Minirock und Netzstrümpfen in die Kanzlei gehen.« Harriet atmete tief durch, um die aufsteigende Wut zu bezwingen. »Und ich bin achtundzwanzig«, fügte sie hinzu. »Das ist kein Alter.« Sie strich sich über den schmalen Rock und merkte erbost, dass ihre Hände zitterten. Wieso konnte Mum sie nach all den Jahren immer noch so sehr in Wallung bringen?
»Achtundzwanzig und immer noch unverheiratet«, antwortete ihre Mutter, und es klang verdächtig nach selbstgefälliger Genugtuung. »Die Uhr tickt, Harriet. Bald bist du zu alt, um noch an Kinder zu denken.«
Harriet ignorierte die Spitze. Sie hatte noch ein paar Jahre Zeit, und sie wollte verdammt sein, wenn sie Jeremy Prentiss heiratete, nur um sich fortzupflanzen. »Jeremy ist der Letzte, den ich als Vater meiner Kinder haben möchte. Kinder mit einem Akzent wie ein Lord, aber ohne Kinn.« Sie holte tief Luft und versuchte, sich zu beruhigen. Sie war unfair gegen Jeremy, der in Wirklichkeit ein gut aussehender, netter Mann war. Aber die Sticheleien ihrer Mutter machten sie böse.
»Ich verstehe dich nicht, Hattie.« Ihre Mutter benutzte plötzlich den kindlichen Kosenamen – ein verspäteter und ziemlich durchsichtiger Versuch, den Streit herunterzukochen. »Jeremy ist Juniorpartner in eurer Kanzlei und ein heiratsfähiger Junggeselle mit einem beneidenswerten Stammbaum. Er ist reich und offensichtlich verliebt in dich. Du musst doch einsehen, dass es sowohl für deine Karriere als auch für deinen Lebensstil nur von Vorteil sein kann, ihn zu heiraten.« Sie verschränkte die Hände auf dem Schoß. Die blassrosa Cashmere-Jacke brachte ihre immer noch makellose Haut gut zur Geltung. »Du hättest ein Apartment am Wasser und ein Boot, und es würde dir an nichts fehlen.«
»Ich habe es nicht nötig, für Geld zu heiraten.« Harriet riss sich die Klammer aus dem blonden Haar und ließ es offen auf die Schultern fallen. Sie hatte nicht nur die Haarfarbe, sondern auchdie Ungeduld von ihrem Vater geerbt, und Mums keineswegs zurückhaltende Bewunderung für Jeremys Qualitäten als Zuchthengst brachte das Fass zum Überlaufen.
»Soll das eine versteckte Spitze sein?« Jeanettes Stimme wurde schärfer. Sie riss eine Zigarette aus der silbernen Dose auf dem gläsernen Couchtisch, klopfte wütend damit auf den Deckel und zündete sie mit einem goldenen Feuerzeug an.
Harriet musste im Stillen zugeben, dass es eine billige Retourkutsche gewesen war; und auch wenn ihre Mutter es vielleicht verdient hatte, dass man ihr Gleiches mit Gleichem vergalt, war es nicht besonders klug gewesen. Aber sie hatte genug von ihrer dauernden
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