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Die Farm am Eukalyptushain

Die Farm am Eukalyptushain

Titel: Die Farm am Eukalyptushain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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erinnert.« Sie lachte. »Offenbar habe ich einen dauerhaften Eindruck hinterlassen.«
    Rosa lachte auch und ging dann, um ihre Gläser noch einmal aufzufüllen. Aber Catriona sah, dass Harriet sie unverwandt anschaute, und sie erkannte, dass das Mädchen sich nichts vormachen ließ. Entschlossen, das Thema zu beenden, wandte sie sich ab. Am Himmel bewegte sich etwas; sie schaute hoch und lächelte entzückt. Diesen Anblick hatte sie noch selten gesehen, denn solche Vögel wagten sich fast nie in die Nähe der Zivilisation.
    Der goldbraune Keilschwanzadler schwebte hoch oben über der Koppel, die Flügel fächerartig ausgebreitet, um die warme Thermik auszunutzen, und sein Räuberauge fixierte ein unsichtbares Opfer irgendwo im Gras. Langsam, beinahe träge glitt der prächtige junge Raubvogel in Spiralen immer tiefer herab. Seine Schwingen machten kaum ein Geräusch. Der Tod würde schnell und lautlos kommen.
    Catriona hielt den Atem an, als er zur Erde herabstieß wie ein Pfeil und sofort wieder emporstieg, die Beute in den Klauen. Das Kaninchen war verloren – und Catriona fragte sich, ob diese Szene vielleicht ein Omen war.
    Harriet beobachtete das luftige Schauspiel mit angehaltenem Atem. Sie schrie auf, als der Adler das Kaninchen packte und davonflog. Ehrfürchtig schaute sie ihm nach, bis er nur noch ein Punkt im feurigen Sonnenuntergang war.
    »Ein toller Anblick, nicht wahr?« Catriona setzte sich wieder in ihren Sessel. »So etwas sehen wir nicht jeden Tag.«
    »Dann fühle ich mich zweifach privilegiert«, flüsterte Harriet. »Ich hatte Recht mit den Traumlandschaften. Dieses Land hat seinen ganz eigenen Zauber.«
    Catriona lächelte. »Traumlandschaften«, murmelte sie. »Eine passende Beschreibung; ich glaube, ich habe sie vor Jahren auch mal benutzt. Aber nicht alle Träume sind glückliche Träume. DasLeben hier draußen kann hart und grausam und manchmal blutig sein, vergiss das nicht.«
    Harriet spürte, dass sie bei dieser sanften Ermahnung rot wurde. »Sorry«, stammelte sie.
    Catriona lächelte. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Harriet. Deine Phantasie gefällt mir. Das hier ist ja schließlich das Land des Träumens, der Ort, wo die Traumzeit-Legenden geboren wurden.« Sanft fasste sie Harriets Kinn und hob ihren Kopf, bis sie einander anschauten. »Ich nehme an, dass Billys Geschichten und Legenden deine Vorstellungen von diesem Land beeinflusst haben. Mir ist es jedenfalls so gegangen, das weiß ich. Er ist ein großer Geschichtenerzähler, aber er wird dem Träumen immer treu bleiben, denn es ist sein Erbe und macht ihn zu dem, der er ist.«
    Harriet nickte. Sie war wie hypnotisiert vom durchdringenden Blick der veilchenblauen Augen. Die Hand der alten Frau an ihrem Kinn war ihr sehr bewusst, die Sanftheit, die so sehr im Widerspruch zu der kultivierten, weltgewandten Persönlichkeit stand, die sie nach außen hin darstellte. Catriona hatte ihr im Laufe der Jahre so viel gegeben. Ihre Zuneigung zu dieser Frau bestärkte sie in ihrer Entschlossenheit herauszufinden, was sie wirklich bedrückte.
    Offenbar erkannte Catriona die Fragen in ihrem Blick, denn unvermittelt zog sie sich zurück. »Okay«, sagte sie in geschäftsmäßigem Ton. »Genug geplaudert! Zeit zum Duschen und Abendessen. Ich nehme an, ihr seid müde, und du weißt, hier draußen wird früh aufgestanden; also müsst ihr bald ins Bett. Ihr habt ein Zimmer zusammen; das erspart euch das nächtliche Herumschleichen, wenn ihr noch schwatzen wollt.«
    Harriet sah auf die Uhr. Es war erst kurz nach sieben. Die Sonne verschwand eben hinter den Bergen. An das frühe Zubettgehen und noch zeitigere Aufstehen hatte sie gar nicht mehr gedacht.
    »Ich weiß, dass es früh ist, wenn man es mit eurem Leben in der Stadt vergleicht, aber hier gelten andere Regeln. Wir müssen das Tageslicht voll ausnutzen; im Dunkeln kann man nicht mit den Rindern arbeiten.« Sie ging um das Haus herum zur Vordertür. »Ich habe genug zu essen hier. Die Männer wissen zweifellos schon, dass ihr da seid, und es schafft nur unnötiges Durcheinander, wenn ihr beide die geheiligten Hallen des Kochhauses betretet. Der arme alte Connor hat auch so schon Probleme mit ihnen.«
    »Verdammt«, knurrte Rosa und folgte Catriona. »Man könnte meinen, sie hätten noch nie eine Frau gesehen. Ist ja nicht so, als würden sie uns nicht kennen.«
    »Ihr seid aber keine Kinder mehr«, gab Catriona zurück. Plötzlich blieb sie stehen und betrachtete Rosas Outfit.

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