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Die Farm am Eukalyptushain

Die Farm am Eukalyptushain

Titel: Die Farm am Eukalyptushain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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früher davor gegraut, in der Stadt an Baustellen vorbeizugehen! Das bereitete ihr inzwischen kein Kopfzerbrechen mehr; es war in gewisser Weise schmeichelhaft, so im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen.
    Sie zog sich in den Schatten zurück und spazierte an der Veranda entlang zur Rückseite des Hauses, wo die Männer sie nicht sehen konnten. Hier bot sich eine prachtvolle Aussicht: meilenweit nichts als hartes gelbes Gras, das im heißen Wind wogte. Der Eukalyptushain spendete spärlichen Schatten. Gruppen von Kiefern ragten wie grüne Türme in den Himmel, und die fast undurchdringliche Dunkelheit darunter wirkte im grellen Licht beinahe einladend.
    Harriet raffte ihr dichtes Haar zusammen und steckte es mit einer Spange hoch. Der Gedanke an ein langes, kühles Duschbad war verlockend, aber damit würde sie warten, bis es Schlafenszeit wäre, denn vorher hatte es wenig Sinn. Mit einem Taschentuch wischte sie sich die Schweißperlen aus dem Gesicht und setzte sich. Selbst hier im Schatten war es heiß; sie fühlte, wie ihr der Schweiß über den Rücken rann und ihre dünne Bluse durchnässte. Die Jeans anzuziehen war ein Fehler gewesen; sie war zu eng, und jetzt bereute sie, dass sie keine Shorts trug.
    Während sie so in dem abgewetzten Korbsessel saß, wanderten ihre Gedanken zurück durch die Jahre, in denen sie immer wieder hergekommen war. Catriona war eine freundliche und großzügige Gastgeberin gewesen, und Harriet hatte sich oft gewünscht, ihre eigene Mutter wäre wie sie. Es war erstaunlich, wie wenig die Jahre Catriona verändert hatten. Ihr Haar war von jenem wunderschönen Grau, das nur aus sehr schwarzem Haar werden konnte. Ihre Augen funkelten noch immer wie Amethyst, und ihre Haut war makellos. Es war kaum zu glauben, dass sie wirklich schon fast achtundsechzig Jahre alt sein sollte.
    »Ich dachte schon, du bist auf Wanderschaft gegangen. Hier, das kannst du wahrscheinlich gut gebrauchen.« Rosa kam um die Ecke. Ihre nackten Füße machten kaum ein Geräusch auf den Dielen. Sie reichte Harriet ein Glas mit klingelndem Eis, ließ sich neben ihr in einen Sessel fallen und seufzte behaglich. »Gin Tonic, Eis und eine Scheibe Zitrone. Genau das, was die Anwältin braucht.«
    »Es ist noch ein bisschen früh, oder?«, wandte Harriet ein.
    Rosa blinzelte ins Licht. »Die Sonne steht über der Scheune. Spät genug.«
    Harriet trank einen großen Schluck. »Das tut gut«, gab sie zu. »Wo ist Catriona? Einen kleinen Gin lässt sie sich doch sonst nicht entgehen.«
    »Sie kommt gleich«, sagte Rosa. »Gerade hat jemand angerufen; da hab ich sie allein gelassen.« Sie trank noch einen Schluck, stellte das Glas auf den Boden und zündete sich eine Zigarette an. Sie blies eine Rauchwolke von sich, lehnte sich zurück und schloss die Augen. »Ehrlich gesagt, ich mache mir ein bisschen Sorgen um sie«, bekannte sie. »Sie sieht müde aus, und ich habe das Gefühl, sie ist aus irgendeinem Grund bekümmert.«
    »Weshalb sollte Catriona bekümmert sein?«
    »Ich weiß es nicht.« Rosa zuckte die Achseln. »Ich habe sie gefragt, aber sie sagt nur, sie hat nicht gut geschlafen.« Sie öffnetedie Augen wieder, beugte sich vor und stützte die Ellenbogen auf die Knie. »Aber Mum schläft sonst wie ein Murmeltier. Schon immer. Irgendetwas stimmt nicht, das weiß ich.«
    »Vielleicht sollten wir den Arzt anrufen, damit er sie einmal gründlich untersucht?«
    »Das habe ich schon vorgeschlagen, doch sie will nichts davon hören.«
    »Ich brauche keinen Arzt, der an mir herumfummelt.« Catriona erschien mit klappernden Absätzen. »Und ich wäre euch dankbar, wenn ihr nicht hinter meinem Rücken über mich reden wolltet.«
    Harriet und Rosa schraken wie zwei schuldbewusste Kinder zusammen. »Wenn du uns nicht sagst, was dir Sorgen macht, müssen wir ja darüber spekulieren. Was sollen wir sonst tun?«, fragte Rosa entschlossen.
    Catriona funkelte die beiden an, und dann setzte sie sich und schaute über das Land hinaus. »Ich hab’s dir schon erklärt«, gab sie zurück. »Ich schlafe schlecht. Wahrscheinlich Verdauungsstörungen.« Ihr Tonfall ließ keinen Widerspruch zu, und sie wechselte das Thema. »Habe ich euch erzählt, wie ich diese Farm zum ersten Mal gesehen habe?« Sie wartete nicht auf eine Antwort. »Als Kind habe ich immer davon geträumt. Von da oben habe ich sie gesehen.« Sie deutete auf die Berge im Westen. »Ich habe damals nicht geahnt, wie lange es dauern würde, bis der Traum Wirklichkeit

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