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Die Farm am Eukalyptushain

Die Farm am Eukalyptushain

Titel: Die Farm am Eukalyptushain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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sie leise, und sie sah, dass Connor sie verstand. Aber Rosa hatte keine Ahnung, wovon sie redete. »Die Aborigines, dieimmer noch den alten Traditionen des Träumens anhängen, sind im Einklang mit dem Rhythmus ihres Körpers und der Welt, in der sie leben«, erläuterte sie. »Sie nennen es ›Singen‹, und wenn sie dieses Singen hören, wissen sie, dass es Zeit ist, die letzte, lange Reise zurück in die Traumzeit anzutreten. Er glaubt, er wird seinen Ahnen begegnen, die Erschaffung der Welt miterleben und die Sünden bekennen, die er in seiner Zeit als Hüter der Erde begangen hat. Wenn er den Geistern des Guten und des Bösen entgegengetreten ist und bewiesen hat, dass er bereit ist, aufgenommen zu werden, wird die Sonnengöttin ihn zu den Sternen tragen, und dann wird er eins mit der Milchstraße.« Catriona seufzte. »Eigentlich beneide ich ihn um diesen Glauben.«
    »Ist nicht so viel anders als das, was wir in der Sonntagsschule gelernt haben«, sagte Rosa. »Ich persönlich bezweifle ja, dass es eine nächste Stufe gibt. Das ist alles ein großer Betrug. Weil die Menschen die Vorstellung nicht ertragen, dass sie so bedeutungslos sind und dies hier wirklich alles ist, erfinden sie ein Leben nach dem Tode, ein Paradies – und selbst das ist elitär.«
    »Du meine Güte!«, seufzte Catriona. »Du bist zu jung, um so zynisch zu sein.« Zärtlich zerzauste sie Rosas Stachelhaare. »Aber ich habe zu viel zu tun, um eine Diskussion über Glaubensfragen mit dir zu führen. Ich muss das Essen für die Party morgen organisieren und klären, wo die Leute sitzen sollen. Und dann muss ich dafür sorgen, dass die Musiker einen Schlafplatz bekommen.«

    Tom und Belinda stiegen aus dem Polizeiwagen. Die Spurensicherung würde in einer knappen Stunde da sein. Sie wollten ein wenig Zeit für sich allein haben, um das Haus zu erkunden, das Catriona ihnen am Tag zuvor so lebhaft geschildert hatte.
    Das schmiedeeiserne Tor wirkte immer noch abweisend, obwohl es alt und verrostet war. Die beiden Flügel standen offen und hingen bedenklich schief in rostigen Angeln. WucherndeWandelröschen, Efeu und Gras fesselten sie an den Boden. Die schwere Kette, an der einst ein Vorhängeschloss gehangen hatte, war gebrochen und hing wie eine rostbraune Girlande im Gitterwerk. Belinda erschauerte. Ringsum lag ein dunkler, geheimnisvoller Regenwald – seltsam still, als beobachte er sie und warte auf irgendeine Reaktion. Die überhängenden Bäume warfen tiefe, fast bedrohliche Schatten über die vernachlässigte Zufahrt, an deren Ende das Haus aus dem Wald ragte wie ein bösartiges Wesen, das ihr winkte, sie lockte und sie verspottete mit den schrecklichen Geheimnissen, die es so viele Jahre lang bewahrt hatte.
    »Alles okay?« Toms Stimme schreckte sie auf.
    »Ja«, log sie. »Aber ich kriege hier Gänsehaut.«
    »Wir brauchen ja nicht lange zu bleiben. Komm, sehen wir uns um.«
    Belinda folgte ihm zögernd die bröckelnden Steinstufen der Treppe hinauf. Als sie hochblickte, sah sie einen steinernen Löwenkopf in dem marmornen Ziergiebel über der hohen, kunstvoll geschnitzten Holztür, der von zwei efeuumrankten Säulen getragen wurde. Er war von Flechten bedeckt, und das Gesicht war zur Hälfte weggebrochen. Sie trat zurück, als Tom sich gegen die Tür stemmte und sie aufdrückte. Das Knirschen der verrosteten Angeln hallte durch das große Foyer und über die breite, verfallene Treppe hinauf bis unter das schadhafte Dach.
    »Komm schon, Belinda«, sagte Tom beruhigend. »Es gibt keine Gespenster.«
    Belinda war nicht so sicher. Catrionas Geschichte hatte alles sehr real klingen lassen, und als sie es jetzt mit eigenen Augen sah, verstärkte sich dadurch das Grauen dessen, was sie gehört hatte. Sie betrat die Halle. Von dem Luxus, den Catriona geschildert hatte, war nur wenig übrig. Die Wände waren kahl; Tapeten und Gemälde waren heruntergerissen worden, und der Marmorboden war von Bauschutt bedeckt. Es gab keine Möbel, keinen Kronleuchter, keine Bronzefigur am Fuße der Treppe – nur die kalte Asche eines längst ausgebrannten Feuers in dem großen Kamin.
    Sie folgte Tom durch die Räume im Erdgeschoss. Die Feuchtigkeit war in die Wände gedrungen und hatte überall grünliche Spuren hinterlassen. Ein muffiger Geruch hing in der Luft. Stäubchen tanzten in den Sonnenstrahlen, die durch das rissige Mauerwerk fielen und sich in den Resten der bunten Glasfenster fingen. Zerbrochenes Mobiliar war beiseite geschoben worden, Tapeten

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